"Breite Front" mit feministischer Führung in Spanien

Bedingte Hoffnungsträgerin: Yolanda Díaz. Foto: AntonMST29 / CC-BY-SA-4.0

Seit Monaten wird an einem neuen linken Projekt unter der Führung der spanischen Vizepräsidentin Yolanda Díaz gestrickt

"Dies ist der Beginn von etwas, das wunderbar sein wird." Mit diesen Worten hat die spanische Vize-Ministerpräsidentin Yolanda Díaz ihre Rede am Samstag im Theater Olympia in Valencia begonnen. Zwar hatte die Arbeitsministerin das Treffen in Valencia offiziell von ihrem Projekt abgetrennt, das unter dem Arbeitstitel "Frente Amplio" ("Breite Front") firmiert, aber abgenommen hatte ihr das niemand.

Schon bei der Ankunft wurde die Kommunistin von Sympathisanten immer wieder mit "Presidenta, Presidenta"-Rufen begrüßt. Doch ganz wie geschmiert verlief der Auftritt nicht; und das zeigt, dass es genau unter den Menschen brodelt für die Díaz, ebenfalls Chefin der Linkskoalition Unidas Podemos ("Gemeinsam können wir es"/UP) eigentlich Verbesserungen in der Regierung bringen wollte.

Protestierende Lastwagenfahrer hatten Absperrungen der Polizei durchbrochen und die fünf Frauen, die auf dem Podium des Theaters zusammenkamen, mit Eiern beworfen. Sie fühlen sich von der Politik der sozialdemokratisch geführten Regierung verlassen, fordern "radikale Veränderungen" und mobilisieren derzeit auf einen landesweiten Streik vom 20. bis 22. Dezember.

Díaz, die in der spanischen Bevölkerung derzeit die besten Noten innerhalb der politischen Klasse erhält, stellte auf dem Podium klar, dass es ihr und den vier eingeladenen Mitstreiterinnen um mehr geht als darum, sich über "Otras Políticas" ("Andere Politiken") auszutauschen. Das war das Motto, unter dem die Zusammenkunft offiziell stand.

"Gekommen, um zu bleiben"

Monica Oltra hatte dazu als Gastgeberin nach Valencia geladen. Auch die Vizepräsidentin der Regionalregierung machte deutlich, dass frau mehr als einen Austausch auf offener Bühne will. "Wir sind gekommen, um zu bleiben", sagte sie und Diaz stimmte zu: "Hier, so glaube ich, haben wir ein Projekt für das Land."

Die im nordrhein-westfälischen Neuss geborene Oltra ging auch auf die "Widersprüche" zu den Sozialdemokraten der PSOE ein, mit denen man auf nationaler und regionaler Ebene als Juniorpartner regiert. Mit ihnen komme frau nicht sonderlich weit, da es bei ihnen "rote Linien gibt, die man nicht überschreiten darf".

Díaz vermied es in ihrer gewohnt diplomatischen Art, auf die massiven Widersprüche und die Tatsache einzugehen, dass die Linkskoalition UP immer wieder große Kröten schlucken muss, die die Regierungskoalition an den Rand des Abgrunds treiben. Sie werde sich dazu erst äußern, "wenn ich keine Ministerin mehr bin", sagte sie.

Wenn 15 Euro Mindestlohn enttäuschend sind

Zuvor hatte sie aber mit Blick auf die PSOE mit Enttäuschung erklärt, dass es ganze neun Monate gedauert hatte, um den Mindestlohn (SMI) schließlich auf "miserable" 15 Euro zu erhöhen, wie Gewerkschaften den Vorgang auch angesichts der hohen Inflation als "Scheiße" bewertet hatten.

Dass ein landesweites Projekt geplant ist, hatte Díaz schon Ende September auf dem Fest der Kommunistischen Partei Spaniens (PCE), der die Arbeitsministerin angehört, anlässlich des 100. Jahrestags der Parteigründung erklärt. "Ein Projekt ist bereits im Aufbau", sagte sie. Es gehe darum, ein "Projekt für das Land aufzubauen, für seine Menschen, für Frauen, für Jugendliche und Rentner", ein ökologisches Projekt, in dem "unsere Töchter mit Würde leben können, keinen 'Scheißjob' machen müssen, weil sie keine Alternative haben", erklärte sie in einer für sie ungewöhnlich drastischen Sprache. Die Zuhörer antworteten schon hier mit Sprechchören: "Yolanda, Präsidentin".

Seit geraumer Zeit wird um die Politikerin für die Parlamentswahlen 2023 an dem Projekt einer breiten Front gestrickt, wie man sie aus lateinamerikanischen Ländern wie Uruguay, Argentinien oder Paraguay kennt. In Valencia hat das Vorhaben nun seinen ersten klar sichtbaren Ausdruck erhalten. Es ist klar, dass Díaz eine Erneuerung ihrer Linkskoalition will, in der die von der PCE geführte "Vereinte Linke" (IU) einst nur zähneknirschend nach großem Streit eingetreten war.

Denn in der UP gibt Podemos (noch) den Ton an. Doch die Partei ist längst auf Absturzkurs, weshalb Díaz an einer Neugründung der Koalition arbeitet. Im UP-Machtgefüge hat sich mit dem Abgang des Parteigründers Pablo Iglesias schon einiges verändert. Denn Iglesias führte sowohl die Empörten-Partei als auch UP. Es ist klar, dass Díaz dieses Projekt inzwischen auch für überholt und gescheitert hält.

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