Corona-Aufarbeitung: Was wussten wir wirklich?

Seite 4: Unsicherheit: Ausmaß der Impfnebenwirkungen

Die Frage nach der Grundlage für die massiv Grundrechte einschränkenden Maßnahmen ist im Hinblick auf die möglichen Nebenwirkungen der Impfungen von besonderer Bedeutung. Nicht zuletzt, weil es sich durchaus schwierig gestaltet offizielle Zahlen zu diesem Thema zu erhalten, wie an anderer Stelle hier bereits ausgeführt wurde.

Dass sich die Äußerung von Karl Lauterbach, die Impfung sei nebenwirkungsfrei, nicht halten lässt, dürfte inzwischen allgemein bekannt sein. Wie häufig es aber tatsächlich zu Nebenwirkungen gekommen ist, bleibt eines der weiterhin umstrittensten Themen, insbesondere weil hier die notwendige Transparenz fehlt.

Die Tübinger Pandemiebeauftragte Lisa Federle und der Kardiologe Christian Eick aus Rottenburg erheben im SWR "den alarmierenden Vorwurf: Die Politik habe offenbar kein Interesse daran, die Impfrisiken transparent zu machen. Sie weigere sich, entsprechende Daten zu erheben – obwohl das möglich wäre. Ein Vorwurf, mit dem sie nicht allein sind".

Der Hintergrund, so berichtet der SWR: Die Meldekette funktioniere nicht. Der einfache Grund: Das Ausfüllen der entsprechenden Formulare dauere so lange, dass die meisten Ärzte weder Zeit noch Lust hätten. Etwa 20 Minuten müsse man rechnen, meine Christian Eick, der nach eigenen Angaben selbst viele Meldungen gemacht habe.

Während also Ärzte für das Impfen eine Aufwandsentschädigung erhielten, war die Erklärung der Nebenwirkung: unbezahlte Arbeit. Aufgrund der Zweifel, inwiefern der Verdacht auf Nebenwirkungen in einem ausreichenden Maße gemeldet wurde, sind die offiziellen Zahlen des Paul-Ehrlich-Instituts wahrscheinlich mit Vorsicht zu genießen.

Der letzte Sicherheitsbericht, der den Zeitraum bis Ende März 2023 umfasst, spricht von 0,28 Verdachtsfällen schwerer Impfnebenwirkungen auf 1.000 Impfdosen von Biontech.

Inwiefern daraus folgt, dass die Wahrscheinlichkeit des Verdachts einer schweren Nebenwirkung bei vierfach Geimpften bei einem Promille liegt, ist bisher eine – nach dem Wissensstand des Autors – wichtige, aber nicht beantwortete Frage.

Wie Karl Lauterbach aber zu der Überzeugung gelangt, schwere Nebenwirkungen würden in der Größenordnung von "weniger als 1 auf 10.000 Impfungen" (siehe 01:50) auftreten, bleibt ein Geheimnis.

Zahlen aus den USA

Einen Hinweis über die Häufigkeit der Nebenwirkungen bietet nun eine aktuelle Studie, die vom US-Gesundheitsministerium und dem Centers for Disease Control and Prevention (CDC) in Auftrag gegeben wurde.

Sie wertete die Daten von mehr als 99 Millionen geimpften Menschen aus und erschien vor wenigen Wochen. Die Studie ist eine konservative Schätzung der Impf-Nebenwirkungen.

Beispielsweise wurden Schlaganfälle als mögliche Nebenwirkung der Impfung nicht erfasst. Zudem wurden nur der relativ kurze Zeitraum von sechs Wochen nach der Impfung berücksichtigt.

Im Ergebnis haben Geimpfte je nach Impfstoff und Dosis

* ein um die Faktoren 2,01 bis 6,1 erhöhtes Risiko, an Myokarditis (Herzmuskelentzündung) zu erkranken.

* ein um die Faktoren 1,74 bis 6,91 erhöhtes Risiko an Perikarditis zu erkranken (Eine Entzündung des Beutels, der das Herz schützt)

* ein bei Moderna um den Faktor 3,78 erhöhtes Risiko an disseminierter Enzephalomyelitis zu erkranken. (Diese führt zu einer Schwellung des Gehirns und des Rückenmarks)

* ein bei AstraZeneca um den Faktor 3,23 erhöhtes Risiko an einer zerebralen Sinusvenenthrombose zu erkranken (diese führt zu einer Minderdurchblutung des Gehirns)

* ein bei AstraZeneca um den Faktor 2,49 erhöhtes Risiko an der Autoimmunerkrankung Guillain-Barré-Syndrom zu erkranken.

An dieser Frage stellt sich zwingend die Frage: Die Bevölkerung hat zu einem sehr großen Anteil den offiziellen Aussagen und Daten vertraut.

Aber hat die deutsche Politik alles in ihrer Macht Stehende getan, um die Nebenwirkungen des Impfstoffs, der eine Notfallzulassung erhalten hatte, möglichst exakt und objektiv feststellen zu können und damit dem Vertrauen der Bürger gerecht zu werden?

Exkurs: Übersterblichkeit

In Deutschland ist in den Jahren 2021 und 2022 eine deutliche Übersterblichkeit zu verzeichnen, wie hier an anderer Stelle bereits ausführlich berichtet wurde 4289919

Die Frage, wie die 115.000 – 163.000 Todesfälle, dieser beiden Jahre, die statistisch nicht zu erwarten waren, zu erklären sind, ist nach wie vor nicht beantwortet. Wie Urs Garsche auf Infosperber feststellt, ist das Problem der Übersterblichkeit auch im Jahr 2023 noch ein Thema:

"In fast allen westlichen Ländern starben im letzten Jahr deutlich mehr Menschen, als statistisch erwartet wurde: In den USA und in Europa jeweils über 200.000 Menschen mehr, in Deutschland etwa 70.000 mehr (...) als erwartet. Das geht aus der Übersterblichkeits-Statistik der OECD hervor. Prozentual starben in Deutschland 7,7 Prozent mehr Menschen als erwartet, in der Schweiz vier Prozent mehr und in den USA 7,8 Prozent. Diese Zahlen sind für die ersten 44 Wochen des letzten Jahres ausgewiesen. Die OECD macht darauf aufmerksam, dass die zuletzt erfassten Wochen wahrscheinlich noch nicht alle Todesfälle enthalten."

Es muss an dieser Stelle ausdrücklich betont werden, dass es keinen zwingenden Beleg dafür gibt, die Corona-Maßnahmen seien ein oder gar der Grund der Übersterblichkeit.

Da allerdings zumindest die Vermutung besteht, es könnte ein Zusammenhang zwischen den Maßnahmen und der Übersterblichkeit bestehen, sollte die Frage nach den Ursachen der vielen Toten zwingend Teil einer transparenten Untersuchung sein.

Nicht zuletzt, um Klarheit zu erhalten. Sollte das bisher nicht erklärte Sterben von etwa 200.000 Menschen nicht Grund genug sein, dass eine wissenschaftlich transparente Untersuchung umgehend eingesetzt wird?

Christof Kuhbandner, Professor für Pädagogische Psychologie an der Universität Regensburg, und Matthias Reitzner, ein Mathematik-Professor aus Osnabrück, haben gemeinsam eine viel diskutierte peer-reviewte Studie über die Übersterblichkeit der Jahre 2021 und 2022 in Deutschland geschrieben.

Ihrem Wunsch nach transparenter Aufklärung ist zuzustimmen:

Die Fakten liegen auf dem Tisch, die Ursachen der Übersterblichkeit müssen ermittelt werden. Und dabei müssen alle möglichen Erklärungen wirklich wissenschaftlich valide geprüft werden, anstatt durch das Vorbringen von nicht stichhaltigen Erklärungen von möglichen Erklärungen abzulenken, welche mit unliebsamen Konsequenzen verbunden wären.

Kuhbandner und Reitzner

Ebenso sollte auch der drastische Anstieg von Einsätzen wegen Herzproblemen und Schlaganfall-Symptomen in Berlin untersucht werden.

Auch hier darf man nicht aus plötzlich auftretenden massiven Gesundheitsproblemen auf die Impfung als eine oder die Ursache schließen, aber sollte nicht das Auftreten eines solch gravierenden gesundheitlichen Problems Grund genug sein, dass die Ursachen hierfür untersucht und benannt werden?

Fragen an den Rechtsstaat

Es stellt sich die Frage, wie aus heutiger Sicht die grundrechtseinschränkenden Maßnahmen – nicht zuletzt gegen Ungeimpfte - bewertet werden müssen und wie es zu diesen Entscheidungen gekommen ist, obwohl vieles darauf hindeutet, dass bereits zum damaligen Zeitpunkt keine ausreichende Faktenbasis hierfür gegeben war, um diese tiefgreifenden Entscheidungen wie 2G zu rechtfertigen, die die größten Eingriffe in die Grundrechte der Deutschen seit Staatsgründung darstellen.

Dabei gilt zu berücksichtigen, was der ehemalige Verfassungsgerichtspräsident Hans-Jürgen Papier zu Bedenken gibt:

Es steht völlig außer Zweifel, dass die Grundrechte des Grundgesetzes auch in Zeiten von Notlagen gelten müssen. Unsere verfassungsmäßige Ordnung kennt keine Notstandsverfassung, die eine völlige oder auch nur partielle Suspendierung der Grundrechte gestattet.

Hans-Jürgen Papier

Nutzen und Risiko der Impfung

Lisa Federle beanstandet, "die Bundesregierung habe bis heute keine Daten vorgelegt, anhand derer man Nutzen und Risiko einer Impfung tatsächlich abschätzen könne. Dabei wäre das aus ihrer Sicht längst möglich gewesen".

Eine transparente Untersuchung muss das Ziel haben, auch die Frage nach dem Ausmaß der Nebenwirkungen, insbesondere der schweren und tödlichen, möglichst genau beantworten zu können und Schritte zu unternehmen, um die Datenerfassung deutlich zu verbessern.

Angesichts des aktuellen Wissensstandes, dass die Impfung keine Herdenimmunität erreicht, einen deutlich begrenzten Fremdschutz gewährt, man nicht von einer "Pandemie der Ungeimpften" sprechen kann, liegt der Schluss nahe, dass die Impfung eine persönliche Entscheidung ist, die jedem Menschen zubilligt, für sich selbst Nutzen und Risiko abzuwägen und sich entsprechend zu entscheiden.

Dies war in Deutschland jedoch nicht der Fall. Die Gründe hierfür sollten daher unbedingt untersucht werden.

Sozialer Druck, Ausgrenzung und Diffamierung scheinen aus heutiger Sicht eine nicht zu rechtfertigende Verhaltensweise zu sein. Dies ist ein Fokus des dritten und letzten Teils der Artikelserie, ebenso wie die Notwendigkeit einer juristischen Aufarbeitung.