Das Leben der unbeugsamen Amischen als nachhaltiges Zukunftsmodell?

Amische bei der Ernte von Ameisenmais mit sechs Pferden und drei Männern

Ernte von Ameisenmais mit sechs Pferden und drei Männern. Bild: Wirestock Creators / Shutterstock.com

In einer Ära der Technologie und Globalisierung sind sie eine Minderheit, die beharrlich an einem überholten Lebensstil festhält. Doch ihre Landwirtschaft hat Vorzüge.

Die Amischen sind eine täuferisch-protestantische Glaubensgemeinschaft, die überwiegend in den USA lebt. Ihre Vorfahren sind im 18. Jahrhundert aus Südwestdeutschland, dem Elsass und der deutschsprachigen Schweiz eingewandert.

Nach 83 Tagen auf See dockte im Jahre 1737 die ″Charming Nancy″ im Hafen von Philadelphia an. Von Bord gingen rund 500 deutschsprachige Flüchtlinge, die in der Neuen Welt Schutz suchten, um ungestört ihren Glauben und asketischen Lebensstil praktizieren zu können.

Die Wurzeln in Deutschland

Die Bezeichnung leitet sich vom Namen ihres Begründers, dem Schneider und Täuferprediger Jakob Ammann (1644–1730) aus Erlenbach im Berner Simmental ab. Die Amischen haben ihre Wurzeln in der reformatorischen Täuferbewegung Mitteleuropas.

Wegen ihrer Forderung nach einer strikten Trennung von Staat und Kirche, der Erwachsenen- statt der Kindstaufe und ihres Pazifismus wurden sie in ihrer europäischen Heimat vielfach verfolgt. In Deutschland leben heute keine Nachfahren dieser Gruppe mehr.

Eine Gesellschaft in Askese und Abgeschiedenheit

Vom Hauptstrom der Täufer, den weltoffeneren Mennoniten, trennten sich die Amischen 1693. Die Amischen kleiden sich wie ihre Vorfahren vor 300 Jahren, lehnen die meisten technischen Errungenschaften ab, die jünger sind. Dazu zählen Elektrizität und Gas ebenso wie Fernsehen und Automobile.

Selbst das Fahrrad, das als Velociped erst Ende 19. Jahrhunderts erfunden wurde, ist ihnen meist suspekt. Viel Gemeinden lehnen auch Musikinstrumente oder sogar Fotos als Zeichen der Selbstdarstellung ab.

Dabei haben sich die Amischen bis heute in unterschiedliche Richtungen weiterentwickelt und sich teilweise der amerikanischen Mehrheit angenähert. Anders als bei fast allen anderen religiösen Gruppierungen basiert die Mitgliedschaft in der Gruppe der Amischen auf einer persönlichen Entscheidung für das vielen Außenstehenden entbehrungsreich erscheinende Leben.

Das "Rumspringa" als Freiraum für die Entscheidung

Dass sich die Amischen in ihren Gemeinden von ihrer Umwelt bewusst abgrenzen, ist Folge einer Entscheidung, welche die Mitglieder der Gemeinschaft jeweils aktiv getroffen haben, nachdem sie die Alternativen ausprobieren konnten.

Es gibt nämlich in der Entwicklung eines jeden Amischen eine Zeit, in der diese Abgrenzung von anderen Gruppen durchlässig ist. In dieser Zeit dürfen junge Menschen ab 16 aus dem Korsett der Gemeinde ausbrechen. "Rumspringa" wird dieser Zeitraum genannt.

Er dauert, solange er eben dauert, und endet erst mit der Entscheidung für ein Leben mit der Gemeinde. Oder ohne sie. Die Entscheidung gegen die Gemeinschaft ist dann jedoch meist auch eine Entscheidung gegen die eigene Familie, die den Kontakt abbricht.

Durch den Kinderreichtum der Amish mit etwa sechs Kinder im Durchschnitt wächst diese Bevölkerungsgruppe beständig. Die Amischen überleben nicht nur den Weggang mancher Jugendlicher, ihre Population verdoppelt sich aktuell alle 20 Jahre.

Die Rollen in Familie und Gemeinde beruhen auf dem Rollenbild zur Zeit der Entstehung der Amischen. Grundsätzlich entscheiden die Männer und die Frauen haben sich um den Haushalt zu kümmern. Die Kinder werden in eigenen Schulen von unverheirateten weiblichen Mitgliedern in einer Klasse über alle Jahrgänge unterrichtet.

Die traditionelle Landwirtschaft als Grundlage des Wirtschaftens

Das Leben der traditionellen Gemeinden spielt sich zwischen Landwirtschaft und religiöser Gemeinde ab. Industrie und Internet gibt es so wenig wie Glückspiel. Der Verzicht auf Technik und Agrarchemie macht diese bodenständige Landwirtschaft sehr nachhaltig.

Aufgrund ihrer traditionellen Lebensweise sind viele alte Gemüsesorten, die hierzulande schon längst verloren sind, bei den Amish People erhalten geblieben.

Dazu zählt die Amish Pasta, eine Tomate mit ausgesprochen gutem Geschmack und hohem Ertrag. Inzwischen regt sich auch in Deutschland in manchen Kreisen das Interesse an den überkommenen Pflanzensorten, der maschinenfreien landwirtschaftlichen Wirtschaftsweise und der Bodenentwicklung.

Dabei finden viele Ansätze aus den USA wie die Bodenuntersuchung nach Albrecht-Kinsey in Deutschland wenig Zuspruch, weil sie im hierzulande bestehenden Rahmen keine nützlichen Ergebnisse liefern und im Rahmen der Düngeverordnung auch nicht zugelassen ist.

Hierbei muss man jedoch die Tatsache berücksichtigen, dass sich die eingeführte Agrochemie erfolgreich gegen Erkenntnisse einer Wissenschaft wehrt, die ihren Vorstellungen widerspricht.

Das lässt sich noch heute am Widerstand gegen ein Verbot von Neonicotinoiden erkennen, die im Verdacht stehen, für das Bienensterben verantwortlich zu sein.

Begrenzte Durchlässigkeit bei der Gruppenzugehörigkeit

Die Isolation der Gruppe der Amischen stellt sich heute als eines ihrer größten Probleme heraus. Auch wenn heute ein Wechsel zu den Mennoniten und zurück ohne grundsätzliche Probleme möglich ist, zeigen sich inzwischen die Folgen des begrenzten Genpools dieser Bevölkerungsgruppe in der Zunahme von Erbkrankheiten, wie sie auch in anderen Gruppierungen, die langfristig ohne genetischen Austausch mit zugewanderten Individuen existieren.

Viele Erbkrankheiten, die in der übrigen Bevölkerung sehr selten sind, kommen bei den Amischen gehäuft vor. Weil sie seit Jahrhunderten praktisch nur untereinander heiraten, ist die genetische Vielfalt der Amischen fast so eingeschränkt wie bei speziell gezüchteten Labormäusen.

Aus Sicht der Genetiker besteht der Genpool der Amish im Grunde nur aus den etwa 50 Chromosomensätzen der Gründerfamilien. Auch wenn die Amischen 8.000 Kilometer entfernt von ihrer früheren Heimat leben, genetisch sind sie eine Stichprobe aus dem deutschen Genpool des 18. Jahrhunderts. Sie bieten daher eine gute Basis für den Vergleich der Entwicklung bei den Auswanderern und in ihrer früheren Heimat.