Israel startet Offensive auf Rafah

Palästinenser suchen nach Luftangriff nach Überlebenden.

Nach einem israelischen Luftangriff auf das Flüchtlingslager Rafah im südlichen Gazastreifen am 12. Oktober 2023 suchen Palästinenser nach Überlebenden.

(Bild: Anas-Mohammed / Shutterstock.com)

Trotz internationaler Kritik hat die Bodenoffensive gegen Rafah begonnen. Die Operation kann zu Konflikt mit Ägypten führen. Das ist die Situation.

Wie die Deutsche Welle meldet, bombardierte die israelische Armee die Stadt im Süden des Gaza-Streifens heftig. Laut Angaben des kuwaitischen Krankenhauses in Rafah sind in der Nacht zum Dienstag elf Menschen getötet und mehrere Dutzend verletzt worden.

Die meisten Zivilisten und Mitarbeiter von internationalen Hilfsorganisationen sind nach Angaben des israelischen Militärs den Evakuierungsaufrufen gefolgt und hätten das Gebiet verlassen.

Israel betrachtet Rafah als letzte Bastion der Hamas im Gaza-Streifen. Die israelische Armee bereitet seit Monaten eine Bodenoffensive auf die Stadt vor, wo rund eine Million Binnenflüchtlinge vor den Kämpfen Schutz gesucht haben. Die israelische Regierung hält trotz massiver internationaler Kritik an ihren Plänen für eine Bodenoffensive in Rafah fest.

USA halten Munitionslieferung an

Nach Angaben von Axios hat die Biden-Administration bereits letzte Woche eine Lieferung von in den USA hergestellter Artillerie-Präzisionsmunition an Israel gestoppt. Das ist das erste Mal seit Beginn des jüngsten Gaza-Krieges, dass die USA eine solche Maßnahme ergreifen.

Zuvor hatte US-Außenminister Antony Blinken den israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu während des Treffens gewarnt, dass "eine größere Militäroperation" in Rafah die Beziehungen zwischen den USA und Israel negativ beeinflussen würden.

Und John Kirby, der Sprecher des Weißen Hauses, erklärte, dass die israelische Führung verstehe, dass Präsident Biden "es ernst meine", wenn er über die Möglichkeit einer Änderung der US-Politik in Bezug auf den Gaza-Krieg spreche.

Biden unter Druck

Jake Sullivan, der Nationale Sicherheitsberater des Weißen Hauses, bekräftigte die US-Position und betonte, die US-Regierung habe Israel deutlich gemacht, dass die Art und Weise, wie es eine Operation in Rafah durchführen werde, die US-Politik gegenüber dem Gaza-Krieg beeinflussen werde.

US-Präsident Joe Biden sieht sich in den USA scharfer Kritik ausgesetzt, weil viel Amerikaner die Unterstützung für Israel ablehnen. Und im November sind Präsidentschaftswahlen in den USA, zu denen Biden noch einmal antreten will.

Der Vorfall löste innerhalb der israelischen Regierung große Besorgnis aus. Unklar ist, ob die USA die Munition später nachliefern werden, wenn die PR-Wirkung dieses eher symbolischen Vorgangs verflogen ist.

Bereits im Februar hatte die Regierung Israel aufgefordert, zu versichern, dass die von den USA hergestellten Waffen von den israelischen Streitkräften im Gaza-Streifen im Einklang mit dem Völkerrecht eingesetzt werden. Tel Aviv legte ein entsprechendes Schreiben im März vor.

Wird Al-Sisi sich an seine Drohungen erinnern?

Die Besetzung des Grenzübergangs Rafah könnte ebenfalls unangenehme Auswirkungen für Israel haben. Schon im Februar hatte Ägypten mit der Aussetzung des Friedensvertrags mit Israel gedroht, falls Tel Aviv den Bodenkrieg in Gaza auf Rafah ausweitet.

Die Kämpfe in der Grenzstadt könnten die Schließung der wichtigsten Versorgungsroute für Hilfsgüter erzwingen, sagten ägyptische Beamte, die anonym bleiben wollten.

Die Drohung, das Camp-David-Abkommen von 1978 auszusetzen, kam, nachdem Premierminister Benjamin Netanjahu erklärt hatte, die Entsendung von Truppen nach Rafah sei notwendig, um den seit Oktober letzten Jahres andauernden Krieg gegen die palästinensische Bewegung Hamas im Gazastreifen zu gewinnen.

Camp-David-Abkommen gefährdet?

Ägypten hat die israelische Seite dazu aufgerufen, den Friedensvertrag zu respektieren und von Äußerungen Abstand zu nehmen, die die bilateralen Beziehungen belasten würden. Denn der Camp-David-Vertrag regelt unter anderem auch Grenzangelegenheiten zwischen Gaza und Ägypten.

Für diese nur 14 Kilometer kurzen Grenzabschnitt wurde der Philadelphi-Korridor geschaffen, eine entmilitarisierte Zone, die von Ägypten und der Palästinensischen Autonomiebehörde kontrolliert wird. Letztere wurde 2007 in Gaza von der Hamas abgelöst.

Eine Besetzung der Grenze durch israelische Truppen stelle eine Verletzung des Camp-David-Abkommens dar, legt etwa Responsible Statecraft nahe. Ob Ägypten seine Drohung wahr machen wird, ist allerdings höchst ungewiss. Zu hoch sind die Schulden Kairos bei westlichen Kreditgebern.

Mehr als die Hälfte der 2,3 Millionen Einwohner des Gazastreifens haben in Rafah Zuflucht gesucht, um dem Konflikt in anderen Regionen zu entkommen.