Jeder vierte Deutsche will angeblich zur Expo

Einwohnerbefragung Frau Breuel antwortet den Grünen - Weitere Länder-Absagen - Im August und September wird es voll - Kein Geld für EXPO-Gegner - EXPO-Straßen zu kaufen

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In knapp 30 Tagen öffnen sich die Tore zur Weltausstellung in Hannover und mehr als 57 Prozent der Hannoveraner wollen die EXPO 2000 auch besuchen. Auf dem Gelände beginnt in diesen Tagen der Endspurt, denn bis zum Eröffnungstag muss alles auch staubfrei sein.

Anscheinend mögen die Hannoveraner ihre EXPO doch mehr, als sie bereit sind, in privaten Gesprächen zuzugeben. 57 Prozent der Hannoveraner wollen die Weltausstellung besuchen, 20 Prozent sind sich noch nicht sicher und nur acht Prozent wollen auf keinen Fall hin. Das sind die Ergebnisse einer Einwohnerbefragung aus dem letzten Jahr, die Oberbürgermeister Schmalstieg vorstellte.

In der gleichen Befragung wurden auch die Vorteile der EXPO für Hannover abgefragt, so erwarten 30 Prozent, dass der Bekanntheitsgrad der Stadt in der Welt steigen wird. Vor drei Jahren waren nur 21 Prozent dieser Meinung. Lediglich 16 Prozent erwarten von der EXPO eine Sicherung der Arbeitsplätze. Den Ausbau der Verkehrssysteme sehen 24 Prozent als Vorteil an, während als größten Nachteil während der 153 Tage stattfindenden Weltausstellung 56 Prozent größere Verkehrsprobleme erwarten. 18 Prozent erwarten allgemeine Preissteigerungen, während nur noch drei Prozent nachteilige Auswirkungen auf den Mietmarkt erwarten. 1996 befürchteten noch 21 Prozent hier immense Auswirkungen. Im Mai sollen weitere Ergebnisse dieser Umfrage vorgestellt werden.

Nach einer TUI-Umfrage will jeder vierte Deutsche zur EXPO, das wären dann 17,5 Millionen Besucher, die durchschnittlich 2,4 Tage auf der Weltausstellung verweilen wollen. Somit würde die Kalkulation der EXPO GmbH aufgehen. Diese rechnen mit 40 Millionen Besuchen.

Schlafplätze während EXPO

Billig wird es nicht, während der Weltausstellung in Hannover zu übernachten. Die günstigste Übernachtungsmöglichkeit bietet die Privatunterkunft bei den so genannten hannoverschen "Messemuttis". Hier werden einzelne Zimmer oder zum Teil ganze Wohnungen relativ günstig zur Vermietung angeboten. Wohnungssuchende meinen allerdings, dass hier auch ganz bewusst Mietwohnraum zurück gehalten wird, um sich so innerhalb der fünf Monate dauernden EXPO noch schnell die "goldene Nase" zu verdienen.

Fast alle Hotels nehmen zum Teil recht deftige Aufschläge, die noch über den Messeaufschlägen während der CeBIT bzw. Hannover Messe Industrie liegen. Findige Unternehmer bieten aber auch alternative Übernachtungsmöglichkeiten an. So kann man ab 339 DM pro Übernachtung auch ein Wohnmobil der Marke Hymer auf einem vier Hektar großen Rübenacker an der Bundestrasse 6 bei Sarstedt anmieten. Die Betreibergesellschaft La Mama erwartet bis zu 50.000 Gäste. Auf dem Gelände befindet sich ebenfalls ein Zeltrestaurant zur Bewirtung der Gäste.

Keine Cola-Dosen

Die EXPO will sich umweltbewusst zeigen und hat deshalb in Verhandlungen durchgesetzt, dass Cola nur in wieder verwertbaren Flaschen angeboten wird. Damit sind zwar die Dosen vom Tisch, doch zur Pfandflasche hat man sich leider nicht durchringen können. Stattdessen wird es für jeweils eine Mark so genannte Mehrwegbecher geben, die nach Gebrauch in einer Großspülanlage gereinigt werden sollen. Von diesen Bechern stehen 20 Millionen Stück zum Gebrauch zur Verfügung.

Frau Breuel antwortet den Grünen

Wie bereits berichtet wollen Bündnis90/Die Grünen bis zur Eröffnung der Generalkommissarin Frau Breuel jede Woche einen Brief mit Fragen zur EXPO 2000 schicken. Nun hat Frau Breuel geantwortet: Auf einzelne Fragen geht sie nicht ein, vielmehr kritisiert sie den niedersächsischen Abgeordneten von Bündnis90/Die Grünen Enno Hagenah, dass sie sich von ihm schon länger eine konstruktive Begleitung gewünscht hätte. Frau Breuel macht deutlich, dass die Phase des Nachdenkens abgeschlossen sei und man sich jetzt in der operativen Umsetzung befände. Die "Breuel-Briefe" empfindet sie als "inquisitorische Fragen-Kataloge", die eher zum Füllen der Pressemitteilungen der Grünen dienten, um so mit dem EXPO-Stichwort für Schlagzeilen zu sorgen. Daran will sich Frau Breuel nicht beteiligen. So wird aus einem angedachten konstruktiven Dialog nichts und die Breuel-Briefe erweisen sich als überflüssig. Dennoch halten Bündnis90/Die Grünen an den Briefen fest und haben inzwischen den 3. Brief verfasst.

EXPO-Rundfahrten

Nicht nur der hannoversche Verkehrsverein bietet EXPO-Rundfahrten an, sondern Busunternehmen aus dem ganzen Bundesgebiet haben diese Rundfahrt inzwischen in ihr Programm aufgenommen. Die Fahrt mit dem Verkehrsverein kostet 25 DM und dauert ca. zwei Stunden. Das Bus-Unternehmen Jürgens aus Bad Nenndorf beispielsweise konnte inzwischen den 2.000 Fahrgast auf einer EXPO-Tour begrüßen. Fast alle Fahrten gehen rund um das EXPO-Gelände und machen auch einen Abstecher zum EXPO-Wohngebiet Kronsberg. Eine Pause wird immer an der Postbox eingerichtet, so dass die Touristen einen Blick über das Pavillon-Gelände Ost werfen können. In der Info-Etage können die Besucher dann noch einem Kurzvortrag lauschen. Offiziell dürfen die Busfahrer das Gelände nicht befahren, doch wie zu erfahren war, haben die Fahrer aber wohl inzwischen ihre Abkommen getroffen und durchfahren selbst jetzt in der heißen Aufbauphase mal eben auch eine Messehalle.

Parken

Im Rahmen der besseren Verkehrslenkung sollten ursprünglich nur Parktickets in Verbindung mit mindestens drei EXPO-Tickets verkauft werden. Doch wie jetzt bekannt wurde, soll das Buchungssystem zwei Erwachsene und eine Kinderkarte als nicht berechtigt angesehen haben. Noch Anfang April hieß es, dass ganze 600 Parkplätze überhaupt verkauft worden seien, dabei erwartet man, dass etwa ein Drittel aller Besucher mit dem Auto anreisen werden. Die ca. 25.000 Parkplätze am Gelände kann man allerdings nur im Vorfeld der Weltausstellung für 20 DM reservieren.

Nicht beantwortet blieb bislang die Frage, wie denn die Verkehrsströme zu leiten sind, wenn Autos ohne gültigen Parkschein das EXPO-Gelände anfahren. Dann könnte es zu einem Verkehrschaos zwischen anreisenden und wieder zurückgeführten Besuchern kommen. Oder wird man die Besucher vor den Toren Hannovers abfangen? So mancher wird sich zu den weit abgelegenen Parkplätzen führen lassen, aber viele werden sicher versuchen, einen näher gelegenen Parkplatz zu finden, Reservierung hin, Hinweistafeln her. Dann ist durch Wildparker ein Park-Chaos rund um das Gelände der Weltausstellung zu erwarten. Inzwischen hat der EXPO-Aufsichtsrat weitere 10 Millionen Mark für Info-Broschüren genehmigt, um die Besucher über die Parktickets und andere Karten aufzuklären.

Seit Mitte April gilt das bisherige System als gekippt, denn nun kann jeder einen Parkplatz buchen. Doch auf der Homepage der EXPO findet sich darauf noch kein Hinweis. An der Parkplatzreservierung im Vorfeld will man allerdings festhalten. Es kursiert allerdings auch schon das Gerücht, dass man es bewusst zum Chaos kommen lassen wolle, um die Regelung ganz kippen zu können.

Ob sich der Besitzer eines Open-Tickets von einem spontanen Besuch der EXPO auch ohne Parkschein abhalten lässt, wird sich während der Weltausstellung ergeben. Die Abschleppunternehmen werden sich schon heute genüsslich die Hände reiben, denn im Umfeld des Geländes gibt es fast nur Parkverbotsschilder.

Weitere Länder-Absagen

Außer den USA, die sich nun endgültig von ihrer EXPO-Teilnahme verabschiedet haben, sind weitere Absagen bekannt geworden: Chile, Kasachstan, Algerien, Antigua, die Cook Inseln, Jugoslawien, Libanon, die Marschallinseln, Mikronesien, Palau, St. Kitt, Nevis, Surinam und Turkmenistan. Selbst Togo, das als erstes Land für die EXPO zugesagt hatte, hat sich zurückgezogen. Von der EXPO war zu hören, dass das Verhalten der Nationen bis zum letzten Tag unberechenbar bleibe.

Dagegen hat Israel endlich seine Zusage gegeben und Argentinien seine Absage wieder rückgängig gemacht. Damit haben 173 Länder und Organisationen ihre Teilnahme gemeldet.

Auf dem Gelände der Vereinigten Staaten soll jetzt ein Riesenrad aufgebaut werden.

Im August und September wird es voll

Bisher sollen über 13,7 Millionen Tickets abgegeben worden sein, davon allein 11,8 Millionen als Kontingente an die Post und die Bahn. Nach Einschätzungen der Planer wird es während der Monate August und September auf dem Gelände der Weltausstellung voll werden. Dann werden täglich zwischen 345.000 und 400.000 Besucher erwartet. Im Juni und Juli wird dagegen "nur" mit 200.000 bis 240.000 Besuchern gerechnet. Als höchste Besucherzahl werden hier von offizieller Seite 280.000 Gäste angegeben. Unklar bleibt noch die Erwartung für den Oktober, denn hier schwanken die Angaben zwischen 125.000 und 295.000.

Kein Geld für EXPO-Gegner

Die Wählerinitiative "Wir für Hannover" (WfH) forderte kürzlich, einigen Institutionen und Vereinen den Geldhahn abzudrehen. Denn dadurch würde verhindert, dass Geld an Protestgruppen gegen die EXPO fließen würde. Mit dieser Meldung setzte sich der Ex-Republikaner Wruck in den Blickpunkt der Öffentlichkeit. Besonders hob er den Lindener Verein "Faust", den Raschplatz-Pavillon, die Bürgerinitiative Umweltschutz, das Jugendumweltbüro "Janun" sowie Radio Flora hervor. Von deren Einnahmen könnten indirekt auch die EXPO-Gegner finanziell profitieren. So zumindest, denkt Wruck, sollen keine Steuergroschen für die Behinderung der Weltausstellung ausgegeben werden.

Nepals Generalkommissar muss in Nepal berichten

Kurz vor seinem Abflug nach Nepal stand der Generalkommissar noch einmal zu einem kurzen Gespräch zur Verfügung und betonte, dass er nach wie vor von dem Vorgehen der Leitung der Weltausstellung enttäuscht sei. Denn ohne irgendeine offizielle Information von Seiten der EXPO wurde inzwischen das Oktoberfestzelt errichtet. Dabei richtet sich die Kritik nicht gegen das überdimensionale Zelt, sondern man befürchtet vielmehr, dass der Beitrag von Nepal als Ort der Ruhe und Besinnung nicht richtig zur Geltung kommen würde.

All dieses muss Amrit Ratna Shakya nun seinem Minister im 12.000 Kilometer entfernten Nepal verständlich machen. In dem Gespräch fielen aber auch deutliche Worte, denn wenn Nepal ein ebenso großes Land wie Amerika wäre, hätten sich die Verantwortlichen bestimmt mit dem Land abgestimmt. Um Beeinträchtigungen zu vermeiden, wird jetzt in das Zelt eine Schallschutzmaßnahme eingebaut. Nun bleibt dem betreuenden Architektenbüro noch die Aufgabe, geeignete Maßnahmen gegen die bislang riesige weiße Wand des Haberle-Baus zu finden. Eine Mauer käme nicht in Betracht, war zu vernehmen, aber man will versuchen, durch Bäume einen visuellen Sichtschutz herzustellen. Gegen Lärmeinflüsse würden diese allerdings nichts bewirken. Auch ist die Frage der Mehrkosten noch nicht gelöst worden. Es wird sich also noch erweisen müssen, ob Bäume gegen die Bierseligkeit ausreichen.

Bahnzuschlag rechtmäßig

Die Gemüter schlugen hoch, so dass sich selbst der niedersächsische Ministerpräsident bei der Deutschen Bahn gegen den EXPO-Zuschlag von bis zu 24 DM einsetzen wollte. Doch das Bundeskartellamt sieht keine rechtliche Handhabe, gegen diesen Zuschlag vorzugehen. Zwar habe die Bahn eine marktbeherrschende Stellung, doch da alle Kunden zur Zahlung herangezogen werden sollen, kann dieses auch nicht als Missbrauch angesehen werden, zumal die Bahn in ihrer Begründung zur Preiserhöhung ein Verkehrlenkungskonzept verfolge. Für EXPO-Besucher werden verbilligte Sonderzüge zur Verfügung stehen und damit sie nicht mit anderen Zügen fahren, habe man einen Zuschlag erhoben. Verärgerte Bahnkunden werden diese Entscheidung allerdings nicht nachvollziehen können. Denn damit werden indirekt alle anderen Besucher und Anwohner Hannovers unnötig zur Kasse gebeten. Hochoffizielle Kritiker bezeichnen diesen Zuschlag inzwischen schon als "Abzockerei" und "EXPO-Zoll". Für den 8. Mai ist noch einmal ein Gespräch zwischen dem Niedersächsischen Ministerpräsidenten Sigmar Gabriel, Verkehrsminister Peter Fischer und Bahnchef Mehdorn geplant, doch wie man den Bahnchef inzwischen kennt, wird sich nichts ändern.

EXPO-Straßen zu kaufen

Noch sind einige Straßen auf der Weltausstellung namenlos. Für insgesamt 34 Straßen, 13 Boulevards, sieben Grünflächen und sechs Plätze werden noch Namensgeber gesucht. Diese würden auf allen offiziellen Plänen, Schildern, Bildschirmen und der EXPO-Homepage zu lesen sein. Ab 10.000 DM kann man sich die Benennungsrechte sichern. Für die Namensrechte der Grünflächen und Plätze sind allerdings bis zu einer Million Mark zu zahlen. Alles zusammen sollen so der EXPO noch einmal drei Millionen in die Kasse fließen. Wer also noch ein Muttertagsgeschenk sucht, kann sich unter der Telefonnummer 0511-8404387 melden.