Oscar-Preisträger sollte man sein

Wer Erfolg hat, lebt länger

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Es ist zutiefst ungerecht, aber so scheint es in der Welt zuzugehen, in der die Erfolgreichen nicht nur ein besseres Leben haben, sondern das auch noch länger. Ganz allgemein trifft es dies auf Menschen zu, die in der gesellschaftlichen Stufenleiter höher stehen, aber auch innerhalb dieser Schicht ist es nicht anders: Um so höher der gesellschaftliche Rang, desto länger lebt man, durchschnittlich, versteht sich. So ist das auch bei prominenten Schauspielern, wie kanadische Wissenschaftler herausgefunden haben.

Wissenschaftler beschäftigen sich mit allem Möglichem, warum also nicht mit prominenten Schauspielern. Donald Redelmeier und Sheldon Singh vom Sunnybrook and Women's College Health Sciences Centre in Toronto meinten, dass man bislang nur die Lebenserwartung der unteren Gesellschaftsschichten angeschaut habe, deswegen wollten sie einfach einmal den Spieß umdrehen und sehen, ob die Verleihung des Oscar auch unter den prominenten Schauspielern eine Auswirkung hat ("Survival in Academy AwardWinning Actors and Actresses", Annals of Internal Medicine, 134, Nr.10 v. 15.5.2001). Also haben sie 762 Schauspieler und Schauspielerinnen seit der ersten Oscar-Verleihung im Jahre 1929 unter die Lupe genommen, die alle nominiert wurden und in wichtigen Rollen gespielt haben. Zu dieser Gruppe gehören auch 235 Gewinner. In der Kontrollgruppe wurden 887 Schauspielerbiographien näher betrachtet, die in denselben Filmen aufgetreten sind und dasselbe Geschlecht und Alter wie ihre erfolgreicheren Kollegen hatten. Insgesamt sind von den untersuchten 1649 Schauspielern 772 bis März 2000 gestorben.

Bei den Oscar-Preisträgern und den zumindest für den Oscar Nominierten war die Lebenserwartung mit 79,9 Jahren immerhin 3,9 Jahre höher als in der Kontrollgruppe. Die Nominierung alleine hat jedoch kaum einen Einfluss, denn diejenigen, die den Preis nicht erhielten, hatten nur eine Lebenserwartung von 76,1 Jahren, ungefähr so viel wie die weniger bekannten Kollegen in der Vergleichsgruppe. In beiden Gruppen leben die Frauen wie auch sonst länger, aber Gewinnen hatte bei Männern und Frauen denselben Effekt.

Noch besser scheint zu sein, wenn man nicht nur einmal, sondern gleich mehrere Male den Preis verliehen bekommt. Das ergibt eine um 6 Jahre höhere Lebenserwartung. Das Geschlecht, das Alter bei der Preisverleihung, die Zahl der Filme, bei der ein Schauspieler mitwirkte, das Geburtsland oder andere Faktoren scheinen bei der lebensverlängernden Wirkung keine Rolle zu spielen.

Jetzt darf also über die Interpretation dieser statistischen Auswertung gerätselt werden. Erhalten etwa diejenigen einen Preis, denen der Erfolg und damit die Lebenserwartung gewissermaßen ins Gesicht geschrieben sind, oder löst der Preis selbst eine lebensverlängernde psychosomatische Reaktion aus? Redelmeier meint, der Preis führe zu einem inneren Frieden, der die Abwehrkräfte eines Menschen gegenüber allen Arten von Stress erhöht. Aber Erfolg und Reichtum bringt weitere Vorteile mit sich: "Filmstars sind oft von Menschen umgeben, die an ihrem Wohlergehen und ihrem Ansehen interessiert sind. Erfolgreiche Schauspieler haben Angestellte, was es leicht macht, einen idealen Lebensstil zu führen."

Diejenigen, die älter werden wollen, müssten sich also in erster Linie darum bemühen, Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen und den Status eines Prominenten zu erklimmen. Wahrscheinlich gibt es ja noch mehr derartige Schwellen, die mit einem längeren Leben verknüpft sind. Nur müsste man aufpassen, bei aller Bemühung, prominent zu werden, nicht allzusehr in Stress zu geraten - und vor allem zu vermeiden, das Ziel nicht zu schaffen. Ein höherer IQ macht aber auch schon etwas aus, wie unlängst Wissenschaftler in einer Lanzeitstudie herausgefunden haben wollen (Mit dem IQ wächst auch das Lebensalter). Wenn aber gesellschaftlicher Status und langes Leben doch so signifikant miteinander verbunden sind, dann mag mitunter alles Bemühen um ein gesundes Leben nicht viel helfen, wenn man aus einer unteren Schicht stammt. Womit wir wieder bei der Ungerechtigkeit wären, also dem Prinzip, dass demjenigen gegeben wird, der sowieso schon mehr hat, während die Verlierer leer ausgehen. Ob man da noch auf einen Ausgleich im Jenseits hoffen soll?