Polizei durchsucht Anti-Expo-Camp nach Öle, Lacke und PCs

Die erste größere Polizeiaktion gegen die Anti-Expo-Bewegung war ein Schlag ins Wasser.

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Knapp drei Stunden lang durchsuchten am frühen Mittwochnachmittag mehrere hundert Beamte der Polizei und des Bundesgrenzschutzes das von der Stadt Hannover genehmigte Zeltlager der Weltausstellungsgegner am Gelände des Veranstaltungszentrums Faust - und die Ausbeute war äußerst gering.

Festgenommen wurden zwei Personen, die inzwischen jedoch wieder freigelassen wurden. Sechs Molotowcocktails, mehrere Spraydosen und Farbflaschen, Seile und Haken und ein Computer wurden beschlagnahmt. Bei der Durchsuchung selbst wurde den anwesenden Pressevertretern allerdings ein Blick auf die amtlich gesicherten Gegenstände von vornherein konsequent verwehrt, auch der Zugang zum Gelände wurde nicht gestattet.

Als Grund für den Einsatz nannte Polizeipressesprecher Bernward Meyer "Öle, Lacke und PCs", die nach polizeilichen Erkenntnissen im Besitz der etwa 100 Zeltlagerbewohner sein. Mit den Ölen und Lacken könne bei der für Donnerstag geplanten Demonstration gegen die Eröffnung der Weltausstellung der Straßenverkehr gefährlich behindert werden, sagte er. Und auf den Festplatten der gesuchten Computer könnten Einsatzpläne der Demonstranten oder verbotenes Material gegen die Expo 2000 abgespeichert sein.

Dass am Vormittag die Zeltlagerbewohner zusammen mit einem benachbarten Kindergarten auf dem Camp-Gelände eine legale Malaktion veranstalten haben, war der Polizei allerdings nicht bekannt. Auf die Frage, ob man nicht zum Malen auch Öle oder (Farb-)Lacke benötige, antwortete Meyer lapidar: man könne ja auch Buntstifte nehmen. Wie gut sich der Pressesprecher dagegen in der hannoverschen Medienlandschaft auskennt, zeigt sein Urteil über den links-alternativen Lokalsender Radio Flora: "Es gibt einen Sender, der ist schlimmer als die Bild-Zeitung: Radio Flora."

Die Durchsuchung des Camps fand ohne richterliche Anordnung statt. Zwar wurde mehrfach von Polizeisprechern ausdrücklich betont, dass ein schriftlicher Durchsuchungsbefehl vorliege. Doch das entpuppte sich als Falschaussage. So erfuhr der anwesende hannoverschen Rechtsanwalt Eckart Klawitter von der zuständigen Richterin des Amtsgerichts, dass bei ihr bisher nur ein Antrag auf Durchsuchung vorliege. Die Polizeiaktion selbst, meinte Klawitter, sei "unverhältnismäßig" verlaufen. Was auch Beamte der Polizei bestätigten, die vor allem befürchten, dass das Vorgehen gegen das Zeltlager zu einer weiteren Eskalation am Donnerstag führen könnte.