50. Jahrestag der Erklärung der Allgemeinen Menschenrechte

Noch ist viel zu tun

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Am 10. Dezember vor fünfzig Jahren wurde die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von den Vereinten Nationen proklamiert. Anlaß waren die Greuel des Zweiten Weltkriegs und der Holocaust an den Juden. Deutschland spielte also eine wichtige, wenn auch abschreckende Rolle beim Zustandekommen der Erklärung, mit der die Weltgemeinschaft zu verhindern versuchen wollte, daß derartiges noch einmal geschieht.

Auch wenn in den fünfzig Jahren seit der Proklamation der Erklärung viel geschehen ist, die UN vor allem seit dem Ende des Kalten Krieges an Macht gewonnen hat, so steht es um die Einhaltung der Menschenrechte noch immer nicht zum Besten. Selbst wenn Staaten wie China die Erklärung unterzeichnet haben, auch wenn man dort immer wieder betont, daß die Ausrichtung auf die Rechte des Einzelnen für die asiatischen Kulturen unpassend sei, es sich also um "westliche" Menschenrechte handle, werden dort weiterhin Dissidenten verfolgt und eingesperrt. Das Spiel von Saddam Hussein offenbart gerade wieder die Schwäche der Weltgemeinschaft, Entschlüsse auch wirklich durchzusetzen. Und selbst wenn Kriegsverbrechern aus Bosnien bereits vor dem Haager Kriegsverbrechertribunal standen und vor kurzem der serbische General Radislav Krstic von der Sfor gefaßt wurde, der für die Greuel in Srebenica mit verantwortlich sein soll, so sind die großen Menschenrechtsverletzer im ehemaligen Jugoslawien und anderswo in aller Regel auf freiem Fuß.

Daher wird der Beschluß des britischen Justizministers, das Auslieferungsverfahren von Pinochet an Spanien einzuleiten, als Erfolg bei der Durchsetzung der Menschenrechte gefeiert, weil jetzt auch Diktatoren keine Straffreiheit mehr erwarten können. Ein erster wichtiger Schritt zur Durchsetzung der Allgemeinen Menschenrechte wäre die Einrichtung des Internationalen Strafgerichtshofs, dessen Statut im Juli 1998 formuliert wurde, um die Urheber von schweren Menschenrechtsverletzungen einer Strafe zuführen zu können. Es geht nicht an, daß nur für Menschenrechtsverletzungen in einzelnen Staaten, auf die sich die Weltgemeinschaft einigen kann, internationale Gerichtshöfe eingerichtet werden, sie müssen überall geahndet werden können.

Bundesaußenminister Joschka Fischer erklärte, daß er aus Anlaß des 50. Jahrestags der Proklamation der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte das Statut des Internationalen Strafgerichtshofs unterzeichnen und die "Menschenrechtspolitik in das Zentrum der Außenpolitik" stellen werde. Man werde "Menschenrechtler und Demokraten in ihrem Kampf gegen Unterdrückung und menschenrechtsverachtende Regime unterstützen" und ihnen Schutz gewähren. Das ist ein richtiger Schritt, der zeigt, daß sich Deutschland seiner besonderen Verantwortung für die Einhaltung der Menschenrechte bewußt ist.

Allerdings zeigten bereits die Streitereien im Vorfeld zur Feier des Jahrestags in Paris wieder, daß in der von den Interessen der Mitgliedsstaaten bestimmten Weltgemeinschaft ein Vorankommen schwer ist. China protestierte dagegen, daß der Dalai Lama vom französischen Präsidenten Chirac im Elysee-Palast empfangen wird. Andere Nobelpreisträger, die ebenfalls eingeladen wurden, drohten aber damit, dem Empfang fernzubleiben, wenn der Dalai Lama nicht teilnehmen könne. Weil Politik immer auch Interessenspolitik ist, was besonders während der Zeit des Kalten Kriegs zu sehen war, so spielen Menschenrechtsorganisationen wie die 1961 gegründete Amnesty International eine große Rolle für die Durchsetzung und Einhaltung von Menschenrechten, die sonst den nationalen wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Interessen gerne untergeordnet werden.

Und es ist noch viel im Argen, wie der Bericht von Amnesty für das Jahr 1997 zeigt, in dem Menschenrechtsverletzungen in 141 Staaten dokumentiert wurde:

Zahlen und Fakten zum Jahr 1997:

  1. Im Jahr 1997 gab es in mindestens 87 Staaten gewaltlose politische Gefangene, die ausschließlich wegen der friedlichen Ausübung ihrer grundlegenden Menschenrechte inhaftiert wurden.
  2. Zehntausende von Menschen wurden in 117 Staaten während ihrer Haft gefoltert oder mißhandelt, in 41 Staaten starben mehrere hundert Menschen an den Folgen der Folter oder den unmenschlichen Haftbedingungen.
  3. ai erfuhr von politischen Gefangenen aus 34 Staaten, die nach unfairen Prozessen inhaftiert wurden. In 53 Staaten sind Hunderttausende von Menschen ohne Anklage und Verfahren in Haft.
  4. Tausende, darunter Regierungskritiker, Zivilisten aus umkämpften Gebieten oder sonstige politisch unliebsame Männer und Frauen, wurden in mindestens 55 Staaten der Welt Opfer staatlicher Morde.
  5. Die Schicksale von mehr als hunderttausend "verschwundenen" Menschen seit den 70er Jahren in mindestens 31 Ländern sind unaufgeklärt.

Mehr als 50 Regierungen nehmen weiterhin Menschen willkürlich fest und aus 110 Staaten wurden Folterungen berichtet. Es ist also noch viel tun. Die Generalversammlung der UN hat zum Jahrtestag auch eine Erklärung zum Schutz derjenigen Menschen verfaßt, die sich für Menschenrechte einsetzen. Sie soll die Redefreiheit und das Recht auf friedliche Versammlung garantieren: "Jeder hat das Recht, sich einzeln oder zusammen mit anderen für die Einhaltung und Durchsetzung der Menschenrechte und elementaren Freiheiten auf nationaler und internationaler Ebene einzutreten und dafür zu kämpfen."

Der Text der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte

Siehe auch: Wider den Egoismus Nach der permissiven Gesellschaft die Verantwortungsgesellschaft - Zur "Allgemeinen Erklärung der Menschenpflichten" des InterAction Council

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