AfD und SPD legen zu, CSU und FDP verlieren

Konservative Parteien auf EU-Ebene stärker als Sozialdemokraten

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Bei der gestern abgehaltenen Europawahlen wurden CDU und CSU mit zusammengerechnet 35,3 Prozent klar die stärkste Gruppierung in Deutschland. Geben über ihrem Ergebnis bei der letzten Europawahl von 2009 verlor die Union jedoch 1,9 Prozentpunkt. Noch wesentlich deutlicher fällt der Verlust aus, wenn man das Ergebnis der CSU alleine betrachtet: Die verlor etwa 7,6 Prozentpunkte und liegt nun bei nur mehr 40,5 Prozent. Dafür schnitt in Bayern die euro- und osterweiterungskritische Alternative für Deutschland (AfD), die bundesweit auf sieben Prozent kam, überdurchschnittlich gut ab.

Auch die SPD verzeichnete in Bayern massive Zugewinne und steigerte sich von 12,9 auf jetzt ungefähr 20 Prozent. Bundesweit liegen die Sozialdemokraten mit 27,3 Prozent leicht über dem Niveau bei der Bundestagswahl vom letzten Herbst, wo sie 25,7 erreichten. Im Vergleich zur letzten Europawahl steht die SPD aber um 6,4 Prozent besser da. Beobachter führen diesen Effekt unter anderem darauf zurück, dass die Partei den deutschen Wählern in Aussicht stellte, im Falle eines Wahlsieges werde mit Martin Schulz ein Deutscher - und kein Luxemburger - Präsident der EU-Kommission.

In vielen der anderen 27 EU-Staaten scheint der Kandidat Schulz allerdings eine genau umgekehrte Wirkung entfaltet zu haben: Dort verloren die sozialdemokratischen Parteien so stark, dass die Fraktion trotz der deutschen Gewinne nach bisherigem Ergebnisstand Abgeordnete verliert und mit voraussichtlich 193 Sitzen deutlich schwächer als die proeuropäisch-konservative EVP-Fraktion abschneidet, die Hochrechnungen zufolge auf 211 Mandate kommen könnte. In Irland sank der Stimmenanteil der Labour-Partei beispielsweise um mehr als die Hälfte - dort liegen die Sozialdemokraten nun bei nur mehr ungefähr sechs Prozent.

Die Sozialdemokraten verloren auf europäischer Ebene aber eher nicht an proeuropäisch-konservative Parteien, sondern an eurokritische wie die Wahren Finnen oder die UK Independence Party (UKIP) und an linke: In Griechenland wird deshalb voraussichtlich die Linkspartei Syriza mit 26 bis 30 Prozent der Stimmen stärkste Partei. Auf dem zweiten Platz folgen mit 23 bis 27 Prozent die konservativen Proeuropäer von der Nea Dimokratia. Die Sozialdemokraten von der Pasok, die das Land früher abwechselnd mit der Nea Dimokratia regierten, landen mit 7 bis 9 Prozent nur mehr auf Platz vier hinter der nationalistischen "Goldenen Morgenröte", die acht bis zehn Prozent erreicht.

Bei den Stimmanteilen der anderen deutschen Parteien ergaben sich wenig Überraschungen: Die Grünen, die im Vorfeld der Wahl besonders lautstark für die Euromaidan-Bewegung in der Ukraine eingetreten waren, verloren 1,4 Punkte und landeten bei 10,7 Prozent. Die Linkspartei konnte mit einem entgegengesetzten Kurs 0,1 Punkte auf 7,4 Prozent zulegen. Die FDP erreichte mit 3,4 Prozent etwa ihr Umfrageergebnis aus den letzten Jahren und liegt damit 7,6 Punkte schlechter als bei der Europawahl 2009. Von den kleinen Parteien können dem vorläufigen amtlichen Endergebnis nach neben den Freien Wählern, die auf 1,5 Prozent der Stimmen kommen, auch die Piraten, die Tierschützer, die ÖDP, die NPD, die Familienpartei und Martin Sonneborns Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative (Kurzbezeichnung: Die PARTEI) jeweils einen Abgeordneten ins Europaparlament entsenden.

Bei den größeren Parteien kommen CDU und CSU mit ihrem Stimmenanteil auf zusammen 34 Mandate, die deutschen Sozialdemokraten erhalten 27, die Grünen 11, die Linken 7, die Liberalen 3 und die Eurokritiker von der AfD 7.

Die Wahlbeteiligung lag in Deutschland mit etwa 48 Prozent fünf Prozentpunkte höher als 2009. Dieser Sondereffekt, der in anderen Ländern nicht zu beobachten war, hat seine Hauptursache wahrscheinlich darin, dass gestern in zehn der insgesamt 16 deutschen Bundesländer nicht nur Europawahlen, sondern auch Kommunalwahlen stattfanden.

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