Allergenarme Erdnüsse

Wo die Pharmaindustrie versagt, springt öffentlich finanzierte Forschung in die Bresche

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Allergien sind Krankheiten, bei deren Bekämpfung die Pharmaindustrie trotz großzügig gewährter Patentprivilegien und Monopolrenditen bisher kaum Fortschritte machte. Dafür kam man jetzt in der öffentlich finanzierten Forschung einen Schritt weiter.

Weil über die Entstehung von Allergien bislang kaum Etwas bekannt ist, das über statistische Korrelationen oder Scheinkorrelationen hinausgehen und es auf diesem Gebiet der Medizin vorwiegend Scheinfortschritte gab, wird der Züchtung nicht-allergener Tiere und Pflanzen eine immer größere Bedeutung beigemessen.

Allerdings erwies sich der erste bekannte Vorstoß in diese Richtung als "Vaporware": 2006 behauptete die später in "Lifestyle Pets" umbenannte Firma Allerca, dass sie auf der Suche nach einem Weg, das Gen, das Katzen das Allergieprotein "Fel d 1 " produzieren lässt, abzuschalten oder zu entfernen, auf Tiere stieß, die ein Protein produzieren, auf das Menschen weitaus weniger allergisch reagieren.

Sheldon Spector von der University of California in Los Angeles, der in der Wissenschaftszeitschrift Nature behauptete, eine von ihm durchgeführte Studie habe ergeben, dass Allerca-Katzen tatsächlich weniger allergieauslösend seien, veröffentlichte aber bisher weder die Studie noch das ihr zugrunde liegende Datenmaterial. Er selbst gab Zweifel an den Ergebnissen Nahrung, indem er die von ihm genutzte Methode später als "experimentell" bezeichnete.

Nach der Klage eines Kunden, der zwar 7.900 Dollar gezahlt, aber keine Katze erhalten hatte, gab die Firma 2010 bekannt, ihre geschäftlichen Aktivitäten in dieser Richtung einstellen zu wollen.

Erdnüsse. Foto: Texnik. Lizenz: CC-BY-SA.

Erdnüsse

Der zweite spektakuläre Vorstoß zur Züchtung nicht-allergener Lebewesen kommt nicht von einem privaten Unternehmen, sondern aus der Forschungsabteilung des US-Landwirtschaftsministeriums: Auf einem Kongress der European Academy of Allergy and Clinical Immunology stellte die dort angestellte Biochemikerin Soheila Maleki ihre Zwischenergebnisse in der Entwicklung allergenarmer Erdnüsse vor.

Malekis Angaben nach will ihr Team die allergieauslösenden Proteine in Erdnüssen so weit reduzieren, dass eine viel größere Menge davon gegessen werden muss, damit Allergiker reagieren. Erdnüsse haben ein sehr hohes allergenes Potenzial. Sie rufen nicht nur relativ häufig allergische Reaktionen hervor - oft sind diese Reaktionen auch besonders stark. Bei manchen Menschen reichen sogar Spuren für einen lebensgefährlichen anaphylaktischen Schock.

Die Biochemikerin geht davon aus, dass die allergenarmen Erdnüsse in zwei bis fünf Jahren auf den Markt kommen können, wenn sich die zukünftigen Experimente als erfolgreich erweisen. Dann wäre auch ein medizinischer Einsatz denkbar - etwa in der Immuntherapie, wo es bereits erste vielversprechende Tests gab.

"Allergin-1"

Ein anderer Erfolg in der Allergieforschung gelang einem Team um den Mediziner Akira Shibuya von der Tsukuba-Universität. In der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift Nature Immunology veröffentlichte der Japaner einen Aufsatz, in dem er ein bisher nicht bekanntes Molekül beschreibt, das bei Mäusen allergische Reaktionen in Grenzen halten kann. Das von Shibuya "Allergin-1" benannte Molekül sitzt auf der Oberfläche von Mastzellen und blockiert dort Andockstellen für mit Allergenen verbundene Antikörper.

Antikörper werden vom Immunsystem gebildet, um Viren oder Bakterien zu bekämpfen. Bei Allergikern interpretiert das Immunsystem auch harmlose Proteine von Pflanzen oder Tieren als schädlich und produziert solche Immunglobuline, die sich an das Allergen heften. Darauf hin schütten Mastzellen Histamine aus, die Krankheitserreger abwehren, aber auch für die allergischen Symptome verantwortlich sind.