Alzheimer-Risikogenvariante könnte Hirn-Navi beeinträchtigen

Träger orientieren sich in virtuellen Landschaften anders

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Ein Team unter der Leitung des Neurowissenschaftlers Nikolai Axmacher von der Bochumer Ruhr-Universität hat in der Fachzeitschrift Science Ergebnisse einer Studie vorgestellt, die einmal dazu beitragen könnte, dass die bislang unheilbare Alzheimer-Demenz früher erkannt und behandelt werden kann.

Ein Ausgangspunkt der Studie war das Grid-Cell-Navigationsnetzwerk, für dessen Erforschung May-Britt und Edvard Moser im letzten Jahr den Nobelpreis für Medizin verliehen bekamen. Die Neuronen, aus denen dieses Dreiecksgitter besteht, befinden sich im entorhinalen Kortex, der für Erinnerung und Navigation zuständig ist. Forscher wie der Neurowissenschaftler Joshua Jacobs von der New Yorker Columbia University glauben, dass das Gitter die räumliche Orientierung auch dann möglich macht, wenn es keine visuellen Anhaltspunkte gibt, an denen man Unterschiede festmachen kann - zum Beispiel dann, wenn man mit geschlossenen Augen eine Strecke mit Richtungswechseln abschreitet.

Der andere Ausgangspunkt war, dass bei Menschen, die die e4-Variante des APOE-Gens geerbt haben (also bei etwa einem von sechs), das Alzheimerrisiko erhöht ist, was mit Veränderungen im entorhinalen Kortex zusammenhängen könnte. Um diesen mögliche Zusammenhang zu untersuchen, stellten die Wissenschaftler für ihre Studie zwei Gruppen von jungen Erwachsenen im Alter zwischen 18 und 30 zusammen: Eine Gruppe mit der e4-Variante des APOE-Gens und eine andere ohne sie. Die Probanden aus diesen Gruppen mussten in einer virtuellen Landschaft Gegenstände einsammeln und später wieder dort ablegen, wo sie sie eingesammelt hatten.

In dieser virtuellen Landschaft mussten sich die Probanden orientieren. Grafik: Nikolai Axmacher

Dabei wurde ihre Hirnaktivität mittels funktioneller Magnetresonanztomografie (fMRT) aufgezeichnet. Aktuelle Verbesserungen dieser Technologie erlauben zwar keine direkte Beobachtung des Grid-Cell-Navigationsnetzwerks, aber eine indirekte über Stellvertretermesswerte. Diese Stellvertretermesswerte zeigten, dass das Grid-Cell-Gittermuster bei Probanden mit der e4-Variante während der Bewältigung der Aufgaben weniger stabil war.

Grafik: Nikolai Axmacher

Allerdings lösten sie die Aufgaben genau so gut wie ihre Konkurrenten aus der anderen Gruppe. Axmacher glaubt deshalb, dass e4-Träger ein Grid-Cell-Defizit über andere Hirnareale kompensieren. Dazu passt, dass bei Probanden, bei denen das Grid-Cell-System beeinträchtigt war, während der Lösung der Aufgaben eine höhere Aktivität im Hippocampus beobachtet werden konnte. Außerdem unterschied sich die Strategie der Risikogenträger zur Lösung der Aufgaben vom Verhalten der anderen Probanden, weil sie sich eher an den Rändern bewegten und die Mitte mieden.

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