Amoklauf oder politische Botschaft?

Nach Dallas hat wahrscheinlich wieder ein junger Schwarzer drei Polizisten in Baton Rouge erschossen, wo vor zwei Wochen ein Schwarzer von Polizisten mit Schüssen getötet wurde

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Kurz vor dem Parteitag der Republikaner wurden in Baton Rouge, Louisiana, drei Polizisten getötet und drei weitere durch Schüsse verletzt. Hier war am 5. Juli der Schwarze Alton Sterling von Polizisten erschossen worden. Die Tötung war mit einem Video aufgenommen worden. Nachdem einen Tag später ein anderer junger Schwarzer bei einer Verkehrskontrolle von einem Polizisten getötet und ebenfalls ein Video verbreitet wurde, verbreiteten sich Wut, Angst und Verzweiflung der Afroamerikaner und kam es zu "BlackLivesMatter"-Protesten - auch wiederholt in Baton Rouge. Dort wurden mehr als 200 Demonstranten deswegen von martialisch mit Schutzanzügen ausgestatteten Polizisten festgenommen. Bekannt wurde das Bild von Ieshia Evans, einer jungen schwarzen Frau, die gewalt- und schutzlos schwer bewaffneten Polizisten gegenüber getreten ist.

Am 7. Juli hatte ein wohl einzelner junger Schwarzer vermutlich einen Rachefeldzug gestartet und dabei 5 Polizisten getötet und weitere verletzt. Er war schließlich von der Polizei mit einem ferngesteuerten Roboter, der einen Sprengsatz in seine Nähe brachte, getötet worden (Dallas: Umfunktionierter Bombenroboter zur gezielten Tötung eines Verdächtigen). Jetzt könnte es bei der Schießerei in Baton Rouge zu einem neuen, gezielten Anschlag auf Polizisten gekommen sein, was in den USA die Befürchtung vor neuen Rassenkonflikten entstehen lässt. Zumindest wird das Leben in dem Land, das mit Schusswaffen überflutet ist, die teils auch offen getragen werden dürfen, noch unsicherer. Polizisten werden schneller zur Waffe greifen, weil sie um ihr Leben fürchten, Angst und Wut bei den Schwarzen, die häufiger als andere Bevölkerungsschichten zum Opfer von Polizeigewalt werden (USA: 491 Menschen wurden 2016 bereits von Polizisten getötet), werden sich steigern und möglicherweise zu neuer Gewalt führen.

Baton Rouge. Bild: Spatms/CC-BY-SA-4.0

Was genau geschehen ist, scheint noch unklar zu sein. Der Täter scheint bei dem Vorfall selbst erschossen worden zu sein. Gefunden wurde der Verdächtige Gavin Eugene Long aus Kansas City, Missouri, ein junger Afroamerikaner, der am 17. Juli 1987 geboren wurde und daher möglicherweise an seinem Geburtstag mit einer symbolischen blutigen und aufsehenerregenden Tat sein Leben beenden wollte. Kaum auszuschließen ist, dass es sich um eine der Massentötungen oder Amokläufe handelt, die vor allem in den USA immer wieder als Selbstmordanschläge stattfinden. Die Entscheidung zur Tat kann von der rassistisch aufgeheizten Stimmung und den Vorfällen der letzten Tage getriggert worden sein, diese selbst war vielleicht nur eine Nachahmung der medial hoch wirksamen Amokläufe, zuletzt eben der in Dallas. Der Zugriff auf Schusswaffen, die zelebrierte Gewaltkultur und psychische Probleme bzw. das an sozialen Verhältnissen gescheiterte Leben des Täters könnten die wirklichen Ursachen des Wunsches nach einer finalen Gewaltorgie sein.

In Baton Rouge war die Polizei auf die Anwesenheit eines bewaffneten Mannes in der Nähe des Polizeihauptquartiers auf der Airline Highway in einem Geschäftsviertel hingewiesen worden. Allerdings dürfen in Louisiana Waffen offen getragen werden. Als die Polizei kam, floh ein vermummter und schwarz gekleideter Mann mit einem Gewehr von der Szene, wo bereits drei Polizisten erschossen worden waren. Nach einem Schusswechsel wurde er dann von der Polizei getötet. Unklar ist bislang, ob die Polizisten in einen Hinterhalt gelockt oder ob sie getötet wurden, weil sie bei einer Straftat einschritten. Offenbar geht die Polizei wieder von einem Einzeltäter aus, nachdem zunächst zwei weitere Personen in Verdacht geraten waren, mit dem Verdächtigen zusammenzuhängen.

Der 29-jährige Long hat in Kansas City gelebt. 2011 wurde er geschieden, Kinder hatte er mit seiner Ex-Frau nicht. Er soll an der University of Alabama studiert haben. Ein Motiv ist nicht bekannt, er soll keine Vorstrafen gehabt haben.

Interessant ist, dass Long bis 2010 bei den Marines gewesen sein soll, der Dallas-Täter war ein Veteran der Army. Gewalt ist beim Militär die Lösung von Konflikten und wird in den USA, wo häufig mit militärischem Einsatz im Ausland interveniert wird, die Pplizei militarisiert ist und eine Kultur der Schusswaffen gepflegt wird, auch honoriert.