Angriffsziel Krankenhaus

Seite 2: Ignorierte Zerstörung im Jemen

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Im März 2015 hat Saudi-Arabien eine großangelegte Militärintervention im Nachbarland gestartet. Der vorgeschobene Grund: Die schiitischen Huthi-Rebellen, die kurz zuvor den Präsidenten abgesetzt hatten, müssten zurückgedrängt werden. Laut den Saudis werden die Rebellen vom ebenfalls schiitischen Iran gesteuert. Saudi-Arabien und Iran tragen seit Jahrzehnten eine Art Kalten Krieg in der muslimisch geprägten Welt aus und kämpfen um die Vorherrschaft in der Region. Während Riad meint, für alle sunnitischen Muslime zu sprechen, gibt Teheran vor, alle schiitischen Muslime zu repräsentieren.

Die saudischen Angriffe haben seit Beginn des Krieges über 6.000 Jemeniten das Leben gekostet. Regelmäßig werden Zivilisten angegriffen. Zu den Angriffszielen gehören etwa belebte Marktplätze, Hochzeitsgesellschaften sowie Krankenhäuser. Allein in den letzten Monaten wurden drei Einrichtungen von MSF zum Ziel von saudischen Bombardements. Ebenfalls im Oktober vergangenen Jahres wurde ein Krankenhaus in der nördlichen Provinz Saada angegriffen. Mindestens sechs Menschen, allesamt Zivilisten, wurden dabei verletzt. Ähnlich wie in Kunduz war die Klinik die einzige in der Region, die schwere Verletzungen behandeln konnte. Seit Mai 2015 wurden dort 3.400 Verletzte behandelt.

Das Shiara-Krankenhaus im Jemen wurde am 10. Januar 2016 bombardiert. Bild: MSF

Im Dezember wurde eine weitere MSF-Einrichtung, diesmal in Taiz im Süden des Landes, bombardiert. Mindestens neun Menschen wurden verletzt. Noch in den Tagen zuvor hatte das Krankenhaus Hunderte von Patienten behandelt.

Selbiges Szenario spielte sich auch im vergangenen Januar ab. Eine weitere Klinik von MSF wurde abermals im Norden des Landes angegriffen. Mindestens fünf Menschen wurden dabei getötet, neun weitere verletzt. Unter den Verletzten befanden sich auch Mitglieder des Krankenhauspersonals.

In allen Fällen sprach MSF von Kriegsverbrechen und wies darauf hin, dass die Koordinaten aller Krankenhäuser allen Kriegsparteien, allen voran den Saudis, übermittelt wurden. Währenddessen stritt die saudische Seite jegliche Verantwortung ab oder ignorierte die Vorwürfe schlichtweg.

Über die Angriffe auf Krankenhäuser im Jemen sowie über den dort vorherrschenden Krieg findet nahezu keine Berichterstattung statt. Sowohl in Deutschland als auch in den USA hat dies einen Hauptgrund: Saudi-Arabien gehört zum "wichtigsten strategischen Partner in der Region", wie es immer wieder heißt. Aus diesem Grund wird die saudische Bombenallianz im Jemen nicht nur von den Golfstaaten oder der Türkei unterstützt, sondern auch von den USA und europäischen Staaten.

Riad wird sowohl von den USA als auch von Deutschland mit Waffen beliefert. Menschenrechtsorganisationen wie Human Rights Watch kamen unter anderem zum Schluss, dass im Jemen auch illegale Streumunition aus US-amerikanischer Produktion gegen Zivilisten eingesetzt wurde.