Anstatt Voteauction gibt es jetzt Vote-Auction.com

Die von einem Österreicher betriebene Auktionsseite für Wählerstimmen wurde dem Zugriff der amerikanischen Gerichte erst einmal entzogen

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Kaum hatte das Gericht in Chicago, Illinois, einen vorläufigen Bescheid ausgesprochen, dass die Website voteauction.com, weil sie illegal mit Wählerstimmen für den Präsidentschaftswahlkampf handelt, vom Netz genommen werden muss, tauchte sie wieder unter einem anderen Namen auf.

Aus der Ferne musste man schon verwundert zur Kenntnis nehmen, warum eine Website, die zwar von dem amerikanischen Studenten James Baumgartner im Sommer eingerichtet wurde, aber seit längerem dem Österreicher und Ex-ETOY Netzkünstler Hans Bernhard gehört und von diesem betrieben wird und die angeblich auf einem Server in Bulgarien sich befand, aufgrund amerikanischer Gesetze überhaupt vom Netz genommen werden muss. Hinter Bernhard steht übrigens die Agentur ubermorgen.com, die mit Voteauction.com im Kampf um die Aufmerksamkeit genau das erreicht hat, was sie erreichen wollte: mit drastischen Mitteln etwas bekannt zu machen, Aufsehen zu erregen. "Schock-Marketing" und "Viral Marketing" mit "realitätsnahen" Hoaxes sind die Spezialitäten dieser von zwei Österreichern betriebenen Agentur aus dem Umfeld der Netzkunst-Gruppe etoy.com (Schock-Marketing aus dem Netz-Underground). Über den Geschmack in diesem Fall lässt sich sicherlich streiten, aber just das ist ja der Zweck des Unternehmens, bei dem vermutlich die Frage, ob es sich dabei um eine ironische Kritik oder um ein ernsthaftes kommerzielles Unternehmen handelt, sekundär ist.

In einer Presseerklärung machen die Betreiber deutlich, wie das Gericht seine vorläufige Verfügung durchsetzen konnte. Die Wahlkommission von Chicago, die wegen auctionvote.com vor zwei Wochen vor Gericht zog, klagte nicht nur gegen den früheren Besitzer und gegen den aktuellen Betreiber, sondern auch den amerikanischen Internetregistrar Domainbank.com, über den die Website erstmals angemeldet wurde, sowie gegen den österreichischen Internetprovider Silverserver.at. Die schwache Stelle war natürlich der amerikanische Internetregistrar, den das Gericht zwang, Voteauction.com aus dem DNS zu entfernen. Dadurch war zwar die Website nicht ganz aus dem Netz entfernt. Wer die IP-Adresse der Website kannte, konnte sie noch finden.

Allerdings hatte die Domainbank bereits am 17. Oktober kundgetan, dass man den Betreiber aufgefordert habe, binnen 30 Tagen die Website zu entfernen. Scott Hemphill, Rechtsberater der Domain Bank, begründete dies so: "Wir glauben, dass es sehr beunruhigend ist, den Verkauf von Stimmen für kommerzielle Zwecke im Internet oder anderswo zu fördern und dass dies die freien Wahlen unterhöhlt, die unser politisches System von den korrupten Systemen unterscheidet, welche die Demokratie in anderen Teilen der Welt schwächen. Wir sind in diesem Fall verpflichtet, mit dem Gericht zusammen zu arbeiten."

Hans Bernhard zweifelt an, ob ein Internetregistrar oder ein Internetprovider überhaupt für Inhalte verantwortlich sein können, die Kunden in das Netz stellen: "Vote-auction.com betrachtet dies als ungesetzliche Praxis in totaler Verletzung der von ICANN gesetzten Normen." Domainbank.com wollte jedenfalls sicher gehen und bat angeblich Hans Bernhard darum, 100000 Dollar für mögliche Kosten im Rechtsstreit zur Verfügung zu stellen. Der lehnte dankend ab und bat offenbar seinerseits vergeblich, die Domain einem anderen Provider zu überschreiben. Doch hatte Domainbank bereits mit dem Gericht die Vereinbarung getroffen, wie Bernhard von einem Mitarbeiter erfahren haben will, dass die Domain nicht übertragen wird.

Angeblich hat das Gericht in Chicago auch verlangt, dass alle Menschen, die sich bei Voteauction.com registriert und ihre Stimme angeboten haben, den Behörden genannt werden müssen, um sie dann wegen Betrugs einzeln anzuklagen. Wie auch immer Bernhard das Unternehmen einer Auktion für Wählerstimmen wirklich versteht, so will er nicht nur die Angaben über die Benutzer der Website vertraulich halten, sondern auch die Auktion weiter fortsetzen, die "für und nicht gegen die Demokratie" arbeite.

Mit einem einfachen Trick konnte Bernhard die Website wieder ins Laufen bringen: über einen anderen Registrar, dieses Mal CSL aus Deutschland, meldete er die Domain leicht verändert wieder unter dem noch freien Namen www.vote-auction.com/ an. Der österreichische Provider Silver Server steht weiter hinter dem Unternehmen. Und einen Tag, nachdem der alte Domainname aus dem DNS ausgetragen wurde, ging Vote-auction.com voll funktionsfähig, aber ohne amerikanische Beteiligung wieder ans Netz. Damit ist zunächst einmal die Auktion außerhalb des Zuständigkeitsbereichs der amerikanischen Gerichte angesiedelt. Die Betreiber wollen den "Auktionsdienst" für den Präsidentschaftswahlkampf bis 7. November anbieten und nach einem Redesign die propagierte Annäherung von Demokratie und Kapitalismus Annäherung auch bei anderen Wahlen weltweit realisieren, überall dort, wo "Wahlspenden zur Beeinflussung von Wahlen eingesetzt werden".