Antiimperialistisches Lager im Visier

Die Schließung einer Website in den USA lässt das Selbstwertgefühl einer linken, anti-amerikanischen Gruppierung wachsen, die den "irakischen Widerstand" unterstützt

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Man muss schon schmunzeln, wenn man die Überschrift der Presseerklärung liest: "Website des Antiimperialistischen Lagers gesperrt wegen 'Unterstützung des Terrorismus'". Gleich danach folgt ein trotziges „Jetzt erst recht“: „Heimatschutz wird den Befreiungskampf gegen das US-Imperium nicht stoppen."

War das „antiimperialistische Lager“ nicht eine der vielen Umschreibungen des nominalsozialistischen Blocks? Hat es sich nach dessen Ende in die virtuelle Welt geflüchtet und ist jetzt vom alten Feind, den USA, gestellt worden? Das „Antiimperialistische Lager“ ist die Selbstbezeichnung einiger Gruppen aus verschiedenen Ländern, die in den USA den Hauptfeind sehen, sich daher zum Antiamerikanismus bekennen und nicht gerade wählerisch mit Bündnispartnern im arabischen Raum sind.

So richtig bekannt wurde das selbsternannte "Antiimperialistische Lager" durch die Kampagne „10 Euro für den irakischen Widerstand“, die auch in Deutschland für Wirbel sorgte ("Spenden für den Terror").ŽNun geben auch führende Vertreter dieser Kampagne zu, dass der irakische Untergrund nicht auf diese Hilfe gewartet hat, sie wohl auch nicht braucht und wahrscheinlich davon noch nie etwas gesehen hat. Doch es gibt noch Kräfte, die nehmen die Antiimperialisten sehr ernst, worauf diese nun mächtig stolz sind und sich fast so wichtig fühlen wie das alte antiimperialistische Lager von vor 1989.

So konnten sie in der letzten Zeit besondere Erfolge in dieser Hinsicht verbuchen. Am 1. Juli sperrte der US-Provider Westhost die Website antiimperialista.org, die von dort seit 2000 betrieben wurde. Die Schließung war mit „terroristischen Aktivitäten“ durch das Sammeln von Geld für den irakischen Widerstand begründet worden. Der Zeitpunkt der Schließung war sicherlich nicht zufällig. Schließlich ging ihr eine politische Kampagne gegen Unterstützer des irakischen Widerstands in Europa voraus. Zudem ist das Antiimperialistische Lager Hauporganisator der internationalen Konferenz für Frieden und für den Widerstand im Irak vom 1.-2. Oktober 2005 in Italien

Das Wochenmagazin US-News will ein Bündnis aus „Marxisten, Maoisten, arabischen Emigranten und Faschisten der alten Schule“ als Unterstützer des irakischen Untergrunds ausgemacht haben. In dem Artikel "Eurolefties fund Iraq insurgency" werden Links zur 10 Euro-Kampagne und zu einem Bündnis Freier Irak angeführt. Und es wird ein Brief von 44 Abgeordneten des US-Kongresses zitiert, die die Verfolgung von politischen Aktivitäten der Antiimperialisten auch in Europa fordern.

Der Brief war an die italienische Regierung adressiert, wo seit mehreren Jahren im Sommer ein Antiimperialistisches Camp, eine Art Sommeruni des Antiimperialistischen Lagers, stattfindet. Neben Vertretern verschiedener linker Bewegungen aus aller Welt sind auch Delegierte von arabisch-nationalistischen Gruppen eingeladen. Dieses Camp war allerdings alles andere als ein Ort zur Vorbereitung terroristischer Aktivitäten. Es war auch nicht etwa konspirativ, sondern lag mitten in einem Urlaubsgebiet. Die Zuhörer waren nicht vorher ausgewählt. Jeder konnte kommen. Trotzdem hat es schon in der Vergangenheit zu einem gewaltigen Pressecho in Italien geführt. Doch jetzt scheint es ernster zu werden.

Unmittelbar vor der Schließung der Website des Antiimperialistischen Lagers wurde die Wohnung von Unterstützern des Antiimperialistischen Camps in Italien durchsucht. Als Begründung wurde "Assoziierung mit dem Ziel des internationalen Terrorismus und/oder der Subversion der demokratischen Ordnung" genannt. Dadurch fühlt sich das "antiimperialistische Lager" gleich so richtig aufgewertet und überschreibt eine Pressemeldung mit der Überschrift Bush weist Berlusconi a, das Antiimperialistische Lager zu zerschlagen.