Aufreißen, aber richtig

Die Science-Fiction-Farce "Good Vibrations" schickt einen Alien in die Flirtschule

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Seit "Alien" wissen wir, dass Außerirdische gerne ihre Brut in menschliche Körper einsetzen. In Good Vibrations kommt eine bisher verschwiegene Problematik zur Sprache: Wie überredet der Alien von Welt ein Menschenweibchen zur Befruchtung?

Das Brunftverhalten des Menschen ist ziemlich unübersichtlich, selbst mit etwas Sachkenntnis. Für einen Außenstehenden wird es also ganz schwierig. Die Männer eines bisher wenig bekannten Planeten - Frauen sind dort ausgestorben - werden in der Anmache geschult. Ein Auserwählter soll auf der Erde ein Kind zeugen, um dort den Weg zur Eroberung zu ebnen. Für den Umgang mit der Weiblichkeit gilt also Diplomatie, d.h. der Dame erst zwei, drei Komplimente machen und dann erst fragen, ob man den Penis in sie stecken darf.

Mit dieser etwas verkürzten Ausbildung wird schließlich der etwas zerknautschte Harold zum Aufreißen ausgesandt. Mit einer Scheinidentität als Banker und einem im Zweifelsfalle surrenden Geschlechtsorgan ausgestattet macht er sich an seine Mission. Doch die Erdenweiblein sind nicht so willig wie im Theorieunterricht vorgegeben. Im Gegenzug verweigert der Alien die Aufnahme von Zwischentönen, vor allem Ironie ist ihm unverständlich. Nur die gerade etwas labile Susan zeigt sich fasziniert von Harolds Ausspruch "Ich bin auf der Erde, um ein Kind zu zeugen." So etwas hat sie von einem Mann noch nie gehört.

Der Außerirdische Harold nimmt bald menschliche Gefühle an, und es spricht für "Good Vibrations", dass damit nicht nur die Liebe gemeint ist, sondern auch der Neid. Einerseits verspürt er Zuneigung zu Susan, andrerseits wird sein Verhalten im Büro merklich zickiger. Er, der am Anfang an keinerlei beruflichem Aufstieg interessiert war, ist schließlich sauer auf den Kollegen, der ihn ausgebootet hat.

Die Posten Regie und Kamera sind für diesen von Hauptdarsteller Garry Shandling ausgedachten Spaß mit Mike Nichols und Michael Ballhaus eigentlich überbesetzt, die Szenen im Schulungssaal der Außerirdischen sind optisch etwas auffälliger, auch die bisweilen comichafte Künstlichkeit, etwa in den Bildern vom fliegenden Flugzeug. Ansonsten ist "Good Vibrations" eine Alien-Farce mit schwankender Pointierung. Parodiert werden dabei zunächst hauptsächlich dumme Männersprüche, interessanterweise gerade solche, die vor zwanzig Jahren noch dem jungen Travolta zu neunzig Minuten ernsthaftem Dialog gereicht hätten. Daraus könnte man schliesßn, dass sich der Tonfall in der Geschlechterbegegnung vielleicht doch etwas geändert hat.

Von der Unbedarftheit der Hauptfigur geht in der Synchronisation leider viel verloren, das ahnungslose Aufsagen von Aufreißersprüchen durch Garry Shandling weicht einem lässigen Geknurre des deutschen Sprechers. Annette Benning darf ungehemmt die Emotionale spielen und hat ein paar Parallelen und Variationen zu ihrem letzten Auftritt in "American Beauty" mitgebracht, während John Goodman als geschäftiger Beauftragter der Flugsicherheitsbehörde ein paar großartige Szenen beisteuert.

Die Exposition sieht eine humanoide Gesellschaftsform im All vor, die sich menschliches Fühlen abgezüchtet hat, was natürlich auch als pessimistische Prognose für die Erde gekennzeichnet wird. Die organische Fortpflanzung ist nurmehr der Schlüssel zur Eroberung anderer Planeten. Die offenbar genmanipulierten Wesen erliegen aber schließlich dem Chaos, welches die Wiederentdeckung der Gefühle bei ihnen anrichtet, was nicht ohne die gewöhnlichen Appelldialoge vonstatten geht.

So ist der Film ein harmloses Beispiel für Wissenschaftskritik in der populären Kultur, längst nicht so verzwickt wie "Terminator 2", bei allen frivolen Scherzen also auf einem eher gemütlichen Alf-Level. Als menschlich wird dabei nicht nur das Gute, Liebe und Schöne ausgestellt, sondern auch die blanke, unberechenbare Planlosigkeit. Nicht die schlechteste Erkenntnis.