Australische Außenministerin: IS setzte Giftgas ein

(Halbwegs) aktueller Frontverlauf in Nordsyrien.Grau: IS. Gelbgrün: Kurden. Apricot: Regierung. Karte: Wikimedia Commons. Lizenz: CC0 1.0

Weitere libysche Ortschaft gefallen - schwere Gefechte in Hasakah

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Die australische Außenministerin Julie Bishop zweifelt nach eigenen Angaben inzwischen nicht mehr daran, dass die Terrorgruppe Islamischer Staat (IS) Chlorgas, Sarin und andere chemische Kampfstoffe als Waffen einsetzte. Anhaltspunkte dafür gab es in der Vergangenheit an mehreren Orte in Syrien und im irakischen Kurdengebiet. Die Kampfstoffe werden Bishops Ansicht nach mit hoher Wahrscheinlichkeit vom IS selbst hergestellt, weil sich unter den zehntausenden Rekruten genügend Personen befinden dürften, die sich die dafür nötigen Kenntnisse und Fähigkeiten aneignen konnten.

Vom IS selbst gibt es bislang noch keine Stellungnahmen zu den Giftgaseinsatzvorwürfen. Er setzt in seinen Propagandavideos auf Massenerschießungen und vor allem auf Enthauptungen. Diese Enthauptungen scheinen nun auch bei den Gegnern der Terrorgruppe Mode zu werden: Vorletzte Woche berichtete die israelische Zeitung Ha'aretz von einem Assyrer, der sich auf diese Woche an einem gefangenen IS-Terroristen für Greueltaten in assyrischen Dörfern gerächt haben soll. Nun ist von drei gefangenen Terroristen die Rede, die in der Gegend von Aleppo von einer mit dem IS rivalisierenden Rebellengruppe auf diese Weise getötet wurden.

Den militärischen Erfolg des Terrorkalifats konnte das bislang nicht schwächen: In Libyen eroberten die Dschihadisten am Wochenende die in der Nähe der (Ende Mai eingenommenen) Stadt Sirte gelegene Ortschaft Harawa. In Syrien greifen sie derzeit mit großem Aufwand die an der Südgrenze des Kurdenkantons Cizîre gelegene Provinzhauptstadt Hasakah an, die aktuell teilweise von Regierungstruppen und teilweise von der kurdischen YPG kontrolliert wird. Angeblich hat die Terrorgruppe bereits größere Geländegewinne erzielt. Erobert sie die Stadt, drohen zehntausenden assyrischen Christen Sklaverei oder Enthauptung.

Im Irak verübte die Terrorgruppe gestern wahrscheinlich einem Bombenanschlag in der 70 Kilometer von Bagdad entfernten Schiitenstadt Balad Ruz, bei dem mindestens 17 Menschen starben und weitere 25 verletzt wurden. Ob sie auch hinter dem Terroranschlag auf eine Wahlversammlung der türkischen Kurdenpartei HDP am 5. Juni steckt, ist weniger klar. Fest steht mittlerweile, dass es sich nicht, wie anfangs gemutmaßt, um einen defekten Transformator handelte, sondern um mindestens einen TNT-Sprengkörper. Bei dem Anschlag wurden mindestens drei Menschen getötet und deutlich über 200 verletzt. Zwölf davon mussten die Beine amputiert werden; 22 liegen noch auf der Intensivstation.

Das PKK-nahe "Kurdische Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit" in Frankfurt spricht von einer "möglichen Verstrickung des türkischen Staats in die Bombenanschläge". Als Indizien dafür sieht der Verein mit dem Namen Civaka Azad eine Anordnung des Gouverneurs von Diyarbakir vom 2. Juni, in der dieser die Krankenhäuser dazu auffordert, ihre Kapazitäten zur Aufnahme von Verletzten zu prüfen und im Bedarfsfall zu erhöhen. Betrachtet man sich den Verlauf früherer Wahlkämpfe in der Türkei, ist für solch eine Anordnung nicht unbedingt die Erwartung eines Sprengstoffanschlags Voraussetzung.

Hinzu kommt, dass der Anschlag der Regierungspartei AKP eher geschadet als genutzt haben dürfte: Er könnte kurdische Wähler dazu gebracht haben, für die HDP zu stimmen und so die Chance zu erhöhen, dass sie die Zehn-Prozent-Hürde überspringt und damit die Pläne der AKP vereitelt, die Türkei mit einer 60-Prozent-Mehrheit im Parlament in ein Präsidialsystem umzubauen. Hochrechnungen vom Sonntagabend zufolge könnte der HDP beides gelungen sein.

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