Balkan-Connection

Bevölkerungsmehrheiten in den Regionen Serbiens. Karte: Varjacic Vladimir. Lizenz: Public Domain.

Auch Österreich, Bosnien-Herzegowina und Serbien haben Dschihadistenprobleme

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Durch Sanel M., den 19-jährigen Intensivtäter, der in Offenbach die alevitische Studentin Tuğçe Albayrak erschlug, ist in Deutschland eine wenig bekannte Tatsache ins Licht der Öffentlichkeit gerückt: Dass es in Serbien seit der Zeit der osmanischen Besatzung eine bedeutende sunnitische Minderheit gibt. Sie lebt vor allem im Sandschak, der Grenzregion zwischen Serbien und Montenegro mit der Hauptstadt Novi Pazar.

Der Sandschak ist jedoch nicht nur die Heimat von Sanel M., sondern auch die von Mirsad O. alias "Ebu Tejma" - dem mutmaßlichen Anführer der dreizehn Dschihadisten, die am 28. November in Wien, Graz und Linz festgenommen wurden.

Vor seinem Aufenthalt in Österreich ging Mirsad O. nach Bosnien, wo Salafisten nach der Entdeckung eines Terrorcamps im Ninaja-Gebirgswald unbehelligter agieren konnten als im Sandschak. Das lag unter anderem daran, dass dort während des Sezessionskrieges geschätzte 2000 Islamisten aus dem arabischen Raum kämpften - viele davon mit Afghanistanerfahrung.

Obwohl das Friedensabkommen von Dayton eigentlich die Rückführung in ihre Herkunftsländer verlangte, leben mehrere Hundert von ihnen noch heute in Bosnien. Auch Prozesse gegen Angehörige der Einheit Nr. 5689 und andere Kriegsverbrecher unterblieben weitgehend. Einige der Täter konnten sich anscheinend neue Identitäten und Lebensläufe zulegen.

Viele der arabischen "Mudschahedin" in Bosnien sahen ihre Aufgabe in der "Missionierung" bosnischer Moslems hin zum Salafismus - mit massiver finanzieller Unterstützung aus Saudi-Arabien. Ihr Sprecher Imad Al-Husin (alias "Abu Hamza") äußerte 2006 in einer Fernsehdiskussion, dass der Islam auf dem Balkan vom Kommunismus "pervertiert" worden sei und gesäubert werden müsse.

Dazu übernahmen die Salafisten die Kontrolle von Dörfern wie dem 150 Kilometer nördlich von Sarajevo gelegen Gornja Maoca, wo dem österreichischen Nachrichtenmagazin Profil zufolge auch Mirsad O. lebte. Vor zwei Jahren geriet das Dorf der bosnischen Burkaträgerinnen in die Schlagzeilen, als der dort lebende Sandschakianer Melvid J. einen Anschlag auf die US-Botschaft in Sarajewo verübte und dabei zwei Wachleute verletzte.

J. war nicht direkt aus dem Sandschak nach Bosnien gezogen, sondern hatte seine Jugendjahre in Wien verbracht, wo er nach Ansicht seiner Mutter von Mirsad O. radikalisiert wurde. Auch Nusred I., der ehemalige Bürgermeister von Gornja Maoca, der heute in Syrien oder im Irak leben soll, wohnte vorher in Wien. Er erregte unter anderem mit Predigten Aufsehen, in denen er postulierte, es sei die Pflicht jedes Moslems "Ungläubige" zu töten und den Unglauben auszurotten.

O. pflegte in Gornja Maoca angeblich engen Kontakt zum Salafistenführer Bilal B., der derzeit unter dem Verdacht der Salafistenschleusung nach Syrien in Bosnien in Untersuchungshaft sitzt. Gleiches gilt für den Syrienkriegsschleuser Hussein B., für den O. tätig gewesen sein soll, was sein Anwalt Lennart Binder bestreitet.

Auch die EU-Zentrale der (von der saudischen al-Haramain-Stiftung finanzierten) bosnischen Gruppe Aktivna Islamiska Omladina ("Aktive Islamische Jugend - AIO) soll sich nach Erkenntnissen des österreichischen Verfassungsschutzes in Wien befunden haben. Sie erregte 2003 Aufsehen, als einer ihrer Anhänger am Weihnachtsabend drei vertriebene Kroaten ermordete, die nach Bosnien-Herzegowina zurückkehren wollten.

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