Basteln, teilen, rasen

LittleBigPlanet trifft Mario Kart: Die Hauptattraktion von ModNation Racers ist ein leistungsfähiger Editor

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Jesus, Borat, Mr. T und Krusty der Clown haben etwas gemein: Sie alle sind Rennfahrer. Auch Ernie, Iron Man und Charlie Brown sitzen in einem Kart. Vom Start weg entfesselt der PlayStation-Titel ModNation Racers (PS3 und PSP) die Kreativität seiner Nutzer: Eifrig basteln sie im Editor immer neue Figuren. Das Konzept von Publisher Sony ist seit LittleBigPlanet hinreichend bekannt: "Play - Create - Share". Nicht die Entwicklerfirmen beliefern das Spiel mit neuen Inhalten, sondern die Spieler selbst. Für LittleBigPlanet haben sie mittlerweile über zwei Millionen Level geschaffen: eine schier unerschöpfliche Fundgrube.

Jahrzehntelang war Player Generated Content eher etwas für Fortgeschrittene. Komplexe Editoren erforderten eine Vielzahl von Arbeitsschritten, und auch der Austausch von Eigenkreationen erfolgte nicht über eine zentrale Datenbank. Das Modding von Leveln und Spielfiguren war vielen Publishern gar nicht recht, fürchteten sie doch, die Kontrolle über ihre Inhalte zu verlieren. Beispiele wie Half-Life oder Morrowind zeigten jedoch, dass sich die "Lebensdauer" eines Spiels dank einer aktiven Community um ein Vielfaches verlängern ließ.

Die Publisher begannen umzudenken - und lieferten immer häufiger den Editor gleich mit. "LittleBigPlanet" demonstrierte dann, dass Spiele zum kreativen Massenwerkzeug taugen - wenn sich Inhalte kinderleicht erzeugen und hürdenfrei austauschen lassen. Eine ähnliche Erfolgsgeschichte ist der Spore Creature Creator: Eine Woche nach Erscheinen hatten Spielefans bereits über eine Million Geschöpfe hochgeladen. Was allerdings nicht verhinderte, dass das Spiel selbst an den hohen Erwartungen vorbeischrammte: Es fehlte die Spieltiefe.

Nun steht ein Kart-Rennspiel wie "ModNation Racers" nicht gerade in dem Verdacht, komplexes Gameplay bieten zu wollen. Was bei Fun-Racern zählt, ist der schnelle Spaß: Die Mario-Kart-Serie beweist seit 1992, dass Rennautos auch auf Bananenschalen ausrutschen können. Auch in "ModNation Racers" geht es hinreichend wahnsinnig zu: Die Fahrer schanzen über Kuhherden, werden von hüpfenden Robotern attackiert oder springen durch brennende Zirkusreifen. Untereinander beharken sie sich mit allerhand Hightech-Waffen wie Minen, Raketen, Stromschlägen und Schallwellen. Herumliegende Power-Ups erhöhen die Wirksamkeit der Waffen, Kurven-Drifts verleihen zusätzliche Energie, die bei Bedarf auch in Schutzschilde oder Geschwindigkeits-Boosts investiert werden kann.

"ModNation Racers" bietet im Karriere-Modus knapp dreißig mehr oder weniger spektakuläre Pisten. Die Hauptattraktion ist jedoch der Strecken-Editor: Anders als etwa in TrackMania setzt der Spieler keine vorgefertigten Straßenteile zusammen, sondern verlegt die Strecke on the fly mit einer Asphaltmaschine. Anschließend kann er mit diversen Pinseln die Bodenbeschaffenheit ändern, Höhenunterschiede festlegen und Objekte einfügen; bei Bedarf ergänzt das Programm die Strecke auch automatisch. So entstehen in wenigen Minuten ansehnliche Rundkurse, die zur schrittweisen Verfeinerung einladen: Hier noch eine Sprungschanze, dort noch eine Abkürzung durch unwegsames Gelände: kein Problem.

Als Basis-Schauplätze stehen Dschungel, Berge, Wüste und Küste zur Verfügung, die sich auch miteinander kombinieren lassen. Welch große Gestaltungsfreiheit der Editor bietet, zeigt ein Blick in die Online-Community: Im Download-Bereich finden sich nicht nur detaillierte Nachbauten von Formel-1-Pisten, sondern auch turmhohe Kurvenkonstruktionen, die an Wasserrutschen erinnern. Wie schon in "LittleBigPlanet" kann der Spieler fremde Inhalte nachträglich editieren - man darf gespannt sein, was das Teamwork von Streckendesigner und "Ausstattern" noch so alles zustande bringt.

Dass "ModNation Racers" nicht auf ganzer Linie überzeugen kann, liegt vor allem an zwei Dingen: der Kart-Steuerung und der aggressiven Gegner-KI. Die Lenkung lässt im Vergleich zu "Mario Kart" Präzision vermissen: Besonders im Übergang von Kurvendrifts zu geraden Passagen steuern sich die ModNation-Fahrzeuge recht schwerfällig. Häufig verpasst man deswegen Power-Ups, die für das Aufladen der Waffen und Schutzschilde bitter nötig sind.

Die Computergegner nämlich versuchen bis zum letzten Rennmoment alles, um den Spieler zu sabotieren: So kommt es allzu häufig vor, dass man kurz vor der Ziellinie von einem Stromschlag gegrillt wird und den schon sicheren Podestplatz verliert. Auch rentiert es sich kaum, in den ersten Runden einen Vorsprung herauszufahren: Die dynamische Schwierigkeitsanpassung (Rubberband) sorgt dafür, dass das Fahrerfeld immer wieder eng zusammenrückt. Zumindest bei der frustrierenden Gegner-KI sollte Sony noch mit einem Balancing-Patch nachbessern. Ein weiteres Problem sind die langen Ladezeiten zwischen den Leveln, die das Spiel trotz Vollinstallation (4 GB) benötigt. Zumindest hierfür hat der Publisher baldige Abhilfe versprochen.

Trotz dieser bisweilen groben Schnitzer ist "ModNation Racers" ein lohnender Kauf - vor allem natürlich für alle Bastler und Tüftler, die sich im Fahrzeug-, Figuren- und Strecken-Editor so richtig austoben möchten. Mit seinem fröhlichen Comic-Look und der übersichtlichen Menüsteuerung ist es als Party- und Familienspiel (USK: ab 6 Jahren) bestens geeignet. Online können bis zu 12 zwölf Fahrer gegeneinander antreten, offline sind es im Splitscreen-Modus bis zu vier Teilnehmer.