Bayern: G8 und G9 parallel

Der Streit über acht oder neun Jahre Gymnasialzeit und der Plan "Mittelstufe plus": CSU-Regierung spricht von "epochaler Entscheidung"

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An großen Worten mangelt es bayerischen Politikern nie nicht: eine "epochale Entscheidung" habe man getroffen, jubilieren CSU-Vertreter aus dem oberfränkischen Kloster Banz, wo die Regierungsfraktion Klausur gehalten hatte, um ein Zeichen zu setzen gegen den "Wahnsinn" anderer Bundesländer, komplett zur alten, neun Jahre dauernden Gymnasialzeit (G8) zurückzukehren. Die CSU hat sich nun für den "Plan Plus" entschieden: An bayerischen Gymnasien soll G8 plus G9 prinzipiell möglich sein, realisiert über eine "Mittelstufe plus". Der Stoff der achten, neunten und zehnten Klasse könne wahlweise auch in vier Jahren absolviert werden.

Ob damit tatsächlich ein Befreiungschlag aus dem 2004er G8-Quickie (Seehofer über Stoibers Bildungsreform) gelungen ist, hängt nicht zuletzt an den Schulleitern und deren Möglichkeiten. Der Vorsitzende des Deutschen Philologenverbandes, Heinz-Peter Meidinger, selbst ein Gymasialdirektor sieht hier eine "schwierige Kiste" und organisatorisches Chaos auf sich zukommen.

"So ein Wahnsinn!" Traf man Eltern von Gymnasiasten in den letzten Jahren, hört man das Wort dauernd. Allesamt, so der Eindruck bei Gesprächen über das Reizthema G8, waren sie überfordert, kaputt und ganz und gar nicht einverstanden mit Stoibers Reform von 2004, Schüler, Eltern, Lehrer (vgl. Danach bist du platt!). Aber zu einem Volksbegehren reichte die Mehrheitsstimmung im Weltmeisterschaftssommer nicht, die Ablenkung durch den Fußball war zu groß.

Zumindest nach Ansicht der Freien Wähler, die das Volksbegehren in Gang gesetzt hatten. Da sie einen mächtigen Fürsprecher hatten, nämlich den Philologenverband, und dem CSU-Vorsitzenden Seehofer klar war, dass die Unruhe über das G8 damit nicht beendet war, musste sich die Regierung etwas einfallen lassen.

Was nun als Konzept ersichtlich ist, gehört zu den Forderungen des Volksbegehrens: die Wahlfreiheit für Schüler zwischen G8 und G9. Künfig sollen die Schulleiter gemeinsam mit Lehrern, Eltern und Schülern entscheiden, ob neben dem regulären "G8-Zug" auch die Mittelstufe plus, also der "G9-Zug", angeboten wird.

Ungeklärt ist, wie lange eine solche Vereinbarung gilt, wie dies mit den verschiedenen Gymnasialzweigen, die unterschiedlich festgelegte Folgen von Fremdsprachen und Fächerkombinationen haben, kooordiniert werden kann, wie viel neue Lehrerstellen es dazu braucht, wieviel Geld dafür da ist, kurz: wie das organisatorisch umgesetzt werden kann.

"Mir graut als Schulleiter davor", so der Vorsitzende des Deutschen Philologenverbandes, Heinz-Peter Meidinger. Seehofer wollte "Ruhe an der Schulfront". Danach sieht es nicht aus. Es heißt, dass auch das reiche Bayern nur einen begrenzten Spielraum für Personaleinstellungen hat.