Bayern und Baden-Württemberg wollen, was Schottland bekommt

Die Finanzminister der beiden Bundesländer fordern, die Höhe der Einkommensteuer ändern zu dürfen

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Wenige Tage vor dem schottischen Unabhängigkeitsreferendum veröffentlichten David Cameron, Ed Milliband und Nick Clegg, die Vorsitzenden der drei etablierten Parteien in Großbritannien, einen gemeinsamen "Eid", Schottland neue Finanzkompetenzen zu übertragen. Nun verhandeln die drei Parteien darüber, ob die Einkommens-, Kapitalertrags- und Erbschaftssteuer zukünftig vom schottischen Parlament festgesetzt werden darf, ob man den Schotten ausschließlich die Zuständigkeit für die Einkommensteuer übergibt, oder ob man lediglich begrenzte Abweichungen von der Einkommensteuer im Rest Großbritanniens zulässt.

Letzteres - also die "Einführung prozentualer Zu- bzw. Abschlagsrechte […] auf die Bundeslohn- und -einkommensteuer in einem Korridor" - fordern nun auch die Finanzminister der beiden deutschen Bundesländer Bayern und Baden-Württemberg, Markus Söder (CSU) und Nils Schmid (SPD). Über diese in einem gemeinsamen gemeinsames Papier mit dem Titel "Mehr Steuerautonomie für die Länder" zum Ausdruck gebrachte Forderung soll bei den heute stattfindenden Bund-Länder-Gesprächen mit Bundesfinanzminister Schäuble verhandelt werden.

In dem Papier heißt es, mit neuen Kompetenzen bei der Steuerfestsetzung könnten Bundesländer "auf der Einnahmeseite politische Akzente setzen", was derzeit nur in sehr geringem Maße möglich sei. Konkret hieße das zum Beispiel, dass ein Bundesland die Einkommensteuer erhöhen könnte, um eine heillose Verschuldung zu vermeiden. Eine Senkung der Einkommensteuer könnte dagegen Freiberufler ins Land locken, den Konsum ankurbeln, oder vor Landtagswahlen "politische Akzente" zugunsten einer Wiederwahl setzen.

Der bayerische Heimat- und Finanzminister Markus Söder. Foto: Gerd Seidel. Lizenz: CC BY-SA 3.0.

Neben der Einkommensteuer sprechen sich Söder und Schmid auch für eine "Rückgabe der Grundsteuergesetzgebungskompetenz an die Länder" aus. Dies halten sie für sinnvoll, weil die "grundsteuerlichen Sachverhalte" in Deutschland völlig verschieden sind: Während im Mecklenburger Hinterland die Dörfer zunehmend leerstehen, lassen sich im Münchner Speckgürtel Mondmieten erzielen. Für "nachgerade widersinnig" halten sie dagegen eine Konzentration der Steuerverwaltungen in Berlin, wie sie das Bundesfinanzministerium anstrebt. Alleine die extrem hohen Umzugs- und Neubaukosten stünden Ihrer Ansicht nach in keinem Verhältnis zu kleineren Vielleicht-Einsparungen.

Mit einem niedrigeren Einkommensteuersatz könnte Bayern möglicherweise auch seine Zahlungen in den Länderfinanzausgleich verringern, die dieses Jahr voraussichtlich erstmals mehr als fünf Milliarden Euro betragen. Im letzten Jahr lag die Forderung noch bei 4,32 Milliarden Euro. Bereits damals zahlte Bayern mehr als die Hälfte des Gesamtaufkommens - in diesem Jahr könnte der Anteil noch einmal fünf Prozentpunkte darüber liegen. Baden-Württemberg muss 2014 voraussichtlich 2,5 Milliarden Euro in den Länderfinanzausgleich einzahlen, für Hessen werden knapp 1,4 Milliarden und für Hamburg weniger als 200 Millionen erwartet. Das eingezahlte Geld fließt zu einem Großen Teil nach Berlin, wo man einen Flughafen und ein Spätbarock-Stadtschloss baut.

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