Bei Moskitofischen wächst das Gehirn der Weibchen mit der Penislänge der Männchen

Gambusia holbrooki: Der größere Fisch ist das Weibchen, der kleinere das Männchen. Foto: etrusko25. Lizenz: CC BY-SA 2.0

Forscher vermuten, dass intelligentere Tiere unerwünschte Begattungen besser vermeiden können

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Die an den Universitäten Stockholm, Zürich und Canberra forschenden Biologen Alexander Kotrschal, Niclas Kolm, Séverine Buechel, Isobel Booksmythe und Michael Jennions haben in der aktuellen Ausgabe der Proceedings of the Royal Society einen Aufsatz mit Ergebnissen einer Studie mit amerikanischen Moskitofischen (Gambusia holbrooki) veröffentlicht, der den aufmerksamkeitstauglichen Titel "Artificial selection on male genitalia length alters female brain size" trägt.

Um herauszufinden, welche Männchen Moskitofischweibchen bevorzugen, züchteten die Wissenschaftler gezielt zwei unterschiedliche Gruppen von Moskitofischmännchen: Für die erste, wurden Tiere ausgewählt, die einen besonders langen Flossenpenis hatten - für die andere solche, bei denen das Geschlechtsorgan besonders kurz war. Damit konfrontiert, zeigten die Weibchen keine erkennbare Vorliebe für eines der beiden Modelle - dafür konnten die Forscher einen anderen Effekt beobachten:

Die Weibchen, die mit Moskitofischen mit langen Penissen konfrontiert wurden, entwickelten mit der Zeit durchschnittliche größere Gehirne. Aufgrund der statistischen Ausprägung sehen die Forscher diese Entwicklung nicht als Zufall an, sondern glauben an einen evolutionären Hintergrund: Intelligentere Weibchen mit größeren Gehirnen können ihrer Meinung nach unerwünschten Begattungen besser ausweichen. Solche Begattungen nehmen Moskitofischmännchen überraschend von hinten vor, weshalb ein längerer Penis dabei potenziell von Vorteil ist.

Schein-Penisse und Stacheln

Auch bei anderen Tieren werden Körpermerkmale als Schutz vor unerwünschter Begattung interpretiert - zum Beispiel bei Hyänenweibchen, bei denen dies ein Schein-Penis durch seine Position verhindert (vgl. Hyänen-Weiber bestimmen, wo’s lang geht). Weibliche Staubläuse (Neotrogla aurora) haben sogar einen funktionsfähigen Penis, ein "Gynosom", mit dem sie in eine Körperöffnung ihrer Männchen eindringen und sich die Samenpakete selbst holen.

Damit Staublausmännchen das nicht unterbinden können, hat das Gynosom Stacheln, die es festhaken. Solche Stacheln haben auch einige männliche Penisse. Einige Wissenschaftler glauben, dass auch sie als eine Art Widerhaken dienen - andere vermuten dagegen, dass ihr Zweck in der Reizung der weiblichen Geschlechtsorgane liegt (vgl. Wie der Penis seine Stacheln verlor).

Dynamische Ko-Evolution

Auch die Penislänge wird häufig als evolutionärer Vorteil interpretiert - zum Beispiel bei der argentinischen Ruderente, deren Geschlechtsteil 42,5 Zentimeter misst (vgl. Also doch: Size matters!). Bis in die Nuller Jahre spekulierte man, dass Männchen dieser Tierart mit einem längeren Penis einen Wettbewerbsvorteil gegenüber solchen mit einem kürzeren hätten, weil ihr Sperma sicherer zur Befruchtung käme. Dann sahen sich Forscher die Wasservogelweibchen genauer an und stellten fest, dass deren Geschlechtstrakte durchaus unterschiedlich aufgebaut sind - und darauf ausgerichtet, dass der Penis nur bei einer Kooperation von Männchen und Weibchen richtig eindringen kann, nicht aber, wenn das Weibchen sich wehrt.

Bei den meisten Vögeln besteht der Eileiter nur aus einer einfachen Röhre, aber bei manchen Wasservögeln hat er Ausbuchtungen, die für den Penis - beziehungsweise für das Sperma - wie "Einbahnstraßen" funktionieren. Hinzu kommen Windungen im weiblichen Geschlechtstrakt, die sich im Uhrzeigersinn drehen, während die Windungen am Penis der männlichen Enten dem Uhrzeigersinn entgegen gesetzt sind.

Beim Vergleich von insgesamt 14 Enten- und Gänsearten stießen die Wissenschaftler auf eine eindeutige Korrelation: Je länger der Penis einer Art war, desto mehr Windungen und Ausbuchtungen hatte der weiblichen Geschlechtstrakt. Das deutet darauf hin, dass bei den Genitalien eine dynamische Ko-Evolution vorlag: Wurde der Penis kleiner, wurden die Geschlechtsteile der Weibchen weniger komplex, wurde er größer, entwickelten sie mehr Windungen und Ausbuchtungen. Dadurch hat eine erzwungene Begattung durch ein Männchen deutlich weniger Befruchtungschancen als eine freiwillige (vgl. Geschlechtsteil- Wettrüsten).

Jennions ermittelte euch paarungsoptimale Penislänge beim Menschen

Für den Menschen ermittelte der Moskitofischstudienmitautor Jennions 2013 zusammen mit den australischen Biologen Brian Mautz, Bob Wong und dem Zoologen Richard Peters eine in Paarungshinsicht ideale Penislänge zwischen 12,8 und 14,2 Zentimetern in nicht erigiertem Zustand. Dafür führten sie einer Gruppe von 105 heterosexuellen australischen Frauen jeweils 53 computergenerierte Bilder verschiedener nackter Männer vor und fragten nach deren sexueller Anziehungskraft. Für die Wissenschaftler überraschend hatte die Penislänge auf die Gesamtattraktivität eines Männerbildes fast genauso großen Einfluss wie die Körpergröße (vgl. Studie: Idealer Penis ist zwischen 12,8 und 14,2 Zentimeter lang).