Besser schlafen dank Geräusch-Tarnumhang

Spanische Wissenschaftler haben einen Tarnumhang für Schall entworfen - der Trick könnte zum Beispiel das Schnarch-Problem in vielen Ehebetten lösen

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Schon längst haben Tarnumhänge den Sprung aus der Welt der Mythen in die Realität geschafft. Die Möglichkeit, sich vor der Umgebung unsichtbar zu machen, reizt offenbar sowohl Forscher als auch diejenigen, die sich Anwendungen dafür ausdenken. Bisher konzentrierte sich die Wissenschaft allerdings auf elektromagnetische Wellen, insbesondere Licht (siehe Ich sehe, dass du mich nicht siehst). Es gibt allerdings noch andere Wellenphänomene, die unserer Wahrnehmung zugänglich sind. Man kennt das ja aus dem Film: Da tritt der per Tarnumhang unsichtbare Held unaufmerksam auf einen trockenen Ast, und schon ist die tolle Tarnung dahin, das Versteck fliegt auf, der Held wird zumindest vorübergehend zum Verfolgten.

Doch Meta-Materialien, die solcherart Versteckspiel erst möglich machen, gibt es zum Glück nicht nur für Licht. Sie lassen sich auch für Schallwellen konstruieren - zur Erinnerung: Diese nicht natürlich vorhandenen „Materialien“ sind eigentlich kleinste technische Kunstwerke, die den Effekt, einen insgesamt negativen Brechungsindex, erst in der Summe ermöglichen. Sie brechen Wellen schlichtweg in die falsche Richtung und taugen eben deshalb für spannende technische Spielereien.

Allerdings unterscheidet sich der Hörsinn vom Sehen in einem kleinen Detail: Er beruht primär darauf, die von einem Objekt ausgesandten Schallwellen aufzufangen. Sehen können wir ein (nicht selbst leuchtendes) Objekt hingegen nur, wenn es Lichtwellen reflektiert. Und genau davor schützen die von Forschern bereits vorgestellten Konzepte für optische Tarnumhänge.

In der Akustik ist das Problem deutlich komplizierter. Zwar könnte eine Tarnvorrichtung dafür sorgen, dass ein Objekt keine Schallwellen mehr reflektiert. Bei von diesem Objekt ausgesandten Schallwellen ist der Umhang aber machtlos. Der Filmheld, der auf einen Zweig tritt, wird sich den Schergen des Bösen weiterhin verraten. Trotzdem ist die Technologie auch für die praktische Anwendung interessant. Zunächst mal für das Militär: Kriegsschiffe gehen mit aktiver Schallortung, dem Sonar auf U-Boot-Jagd, Torpedos visieren ihre Ziele per Sonar an. Gelänge es, die Schallreflexion am U-Boot zu verhindern, blieben die Ortungsbildschirme der Suchschiffe leer.

Im zivilen Bereich könnte man den akustischen Tarnumhang hingegen zum Lärmschutz einsetzen, indem man bewirkt, dass die Schallwellen um das zu schützende Objekt herum geleitet werden. Ein Haus in der Einflugschneise des Flughafens, in dem es trotzdem himmlisch still ist, ein genervter Schläfer, der seinen schnarchenden Partner nicht mehr hören muss, ein Konzertbesucher, den der quatschende Nachbar nicht ablenkt… Bis zu derartigen Anwendungen wird es allerdings noch etwas länger dauern.

Denn das Konzept, das die spanischen Forscher Daniel Torrent und José Sánchez-Dehesa von der Universität Valencia jetzt im New Journal of Physics vorstellen, benötigt noch rund 200 Lagen des Meta-Materials, um eine optimale Tarnung zu erreichen.

Es beruht auf so genannten sonischen Kristallen, die mit Kristallen im festkörperphysikalischen Sinn wenig zu tun haben. Sie bestehen stattdessen aus asymmetrischen Anordnungen von Schallwellen streuenden Zylindern aus zwei unterschiedlichen Materialien. Auf diese Weise erreicht man die für ein akustisches Meta-Material nötige Massen-Anisotropie. Gegenüber optischen Tarnumhängen bietet die vorgeschlagene (noch nicht erprobte) Technik den Vorteil, dass sie kaum wellenlängenabhängig ist - ab einer bestimmten Einstiegsfrequenz, die von den Eigenschaften der Zylinder bestimmt wird, wirkt sie auf das komplette Spektrum. Auch für Fertigungsabweichungen beim Meta-Material ist sie relativ tolerant.