Bezahlt Deutschland zuviel Entwicklungshilfe?

Entwicklungshilfe Reduktion

Finanzminister Lindner bringt Sparkurs bei der Entwicklungshilfe in die Debatte. Dabei kann er mit Zuspruch rechnen. Wofür das Geld verwendet werden soll.

Ein noch immer vom Export abhängiges Land wie Deutschland hat in der Vergangenheit in die Entwicklungszusammenarbeit investiert, um vorwiegend durch Wissenstransfer und Zuschüsse zum Einkauf deutscher Produkte und Dienstleistungen den Export in Länder zu unterstützen, die zu wenig Mittel hatten.

Während zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes nach Nato-Vorgaben in die Rüstung fließen sollen und ein weiteres Prozent nach ukrainischen Wünschen zur Abwehr Russlands in die Ukraine fließen sollen, wird das Ziel 0,7 Prozent für die Entwicklungszusammenarbeit auszugeben, nicht mehr erreicht.

Entwicklungshilfe besteht nicht nur aus Zuschüssen

Als Zuschuss wird schon seit vielen Jahren nur noch ein Teil der Entwicklungshilfegelder ausgereicht und praktischerweise nur dort, wo Deutschland oder deutsche Firmen einen Vorteil daraus ziehen können.

Ein beachtlicher Teil der Entwicklungshilfe wird inzwischen als Entwicklungskredite vergeben, die zurückgezahlt werden müssen. Der Vorteil, den Entwicklungsländer von dieser Konstruktion haben, ist die Tatsache, dass sie das benötigte Geld zu günstigeren Zinsen bekommen, weil die Kreditanstalt für Wiederaufbau mit ihrem AAA-Rating bessere Kondition am Kapitalmarkt bekommt.

Zudem wird bei Entwicklungszusammenarbeit von den Empfängerländern oft auch eine Eigenbeteiligung gefordert. Kritiker merken dazu an, dass verbunden mit der Verpflichtung Projektleistungen in Deutschland einzukaufen, letztlich mehr Geld bei der deutschen Seite landet, als im Empfängerland.

Die Stimmung in Deutschland kippt gegen die Entwicklungszusammenarbeit

Aktuell scheint die Situation günstig zu sein, die Mittelknappheit im Bundeshaushalt gemeinsam mit der Idee, Deutschland wieder kriegstüchtig zu machen, dazu zu nutzen, die Entwicklungszusammenarbeit auf den Prüfstand zu stellen oder gleich erbarmungslos zu kürzen. Ein Widerstand in der deutschen Bevölkerung gegen einen Rückzug aus der Entwicklungszusammenarbeit ist nicht feststellbar.

Neben dem Rückzug bei der kulturellen Zusammenarbeit, der sich in der Schließung zahlreicher Goethe-Institute manifestiert, und der Reduzierung der Zusammenarbeit deutscher Universitäten mit ausländischen Hochschulen, sorgen die Mittelkürzungen bei der Entwicklungszusammenarbeit für eine deutliche Schrumpfung der Bedeutung, welche Deutschland außerhalb des Binnenmarkts noch erzielen kann.

Wer hofft, dass man diesen Bedeutungsverlust mit Investitionen in die Rüstung oder gar eine atomare Bewaffnung wettmachen könnte, hat die Zeichen der Zeit bisher nicht erkannt.

Andere Länder erobern die vormals deutschen Partnerschaften

Die Lücke, die sich in der Folge des deutschen Rückzugs auftut, spornt andere Länder geradezu dazu an, diese Bereiche zu erobern.

Während China seine Entwicklungshilfe gerne mit Investitionen in Infrastrukturprojekte sowie eine Ausweitung des Handels begleitet und dabei günstigere Konditionen bietet als westliche Geldgeber, bietet Russland ziemlich handfeste Vorteile.

"Spätestens nach dem Bruch mit dem Westen 2014 ging Moskau eigene Wege. Das Land steigerte seine Entwicklungsleistungen und intensivierte die Zusammenarbeit mit verbündeten Staaten und Ländern, die für die Erreichung strategischer russischer Zielsetzungen wichtig sind" vermeldete die traditionell transatlantisch ausgerichtete Konrad-Adenauer-Stiftung schon im November 2021.

Bei der chinesischen Entwicklungshilfe war das traditionelle chinesische Rechtssystem lange Zeit ein Hemmschuh, weil es nicht so strukturiert ist, wie in den westlichen Geberländern.

China ist kein Mitglied des OECD-Ausschusses für Entwicklungshilfe (DAC) und klassifiziert sich selbst als Entwicklungspartner oder Leistungserbringer in der Süd-Süd-Kooperation nicht als Geber, obwohl dies nicht unbedingt der [vom Westen geprägten] Sichtweise der Empfängerländer entspricht.

Deutsche Welthungerhilfe e. V.

China sei in den vergangenen Jahren zu einem der weltweit größten Geber von Entwicklungshilfe herangewachsen, sagt Andreas Fuchs, der am Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW Kiel) die Kiel Institute China Initiative und an der Universität Göttingen den Lehrstuhl für Entwicklungsökonomik leitet.

Allerdings sei der volle Umfang der Hilfen nicht öffentlich, was anderen Geberländern einen strategischen und effektiven Einsatz ihrer jeweiligen Entwicklungshilfe deutlich erschwere.

Die in Deutschland erstellte Chinese Aid Exports Database soll alle chinesischen Hilfslieferungen seit 2017 enthalten und basiert auf der offiziellen chinesischen Exportstatistik. Die Datenbank umfasst 195 Länder, 184 davon erhielten Hilfsgüter aus China. Erfasst werden dabei ausschließlich Warenlieferungen, keine Geldtransfers.

Seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine hat China seine Hilfslieferungen in Form von Getreide nach Afrika nach einer längeren Pause wieder intensiviert. Allein im September lieferte China Getreide im Wert von 1,15 Millionen US-Dollar.

Empfängerländer waren Gambia, Eritrea, Äthiopien, Dschibuti und Somalia. Diese Länder sollten eigentlich mit Getreide aus der Ukraine beliefert werden, das dann jedoch vielfach als Viehfutter in spanischen Schweinemästereien landete.

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