Biden-Demütigung und Kriegseskalation: Hat Netanjahu den Bogen überspannt?

Seite 2: Biden und Netanjahu als Getriebene

Biden wie Netanjahu agieren immer mehr als Getriebene. Der US-Regierung fliegt der Gaza-Krieg an mehreren Fronten um die Ohren.

Den Demokraten drohen wegen der Waffenstillstands-Blockade wichtige Wählerschichten verloren zu gehen für die Präsidentschaftswahl im November, die Huthi ziehen die USA in eine nicht zu gewinnende Konfrontation im Roten Meer und die Region droht insgesamt in einen großen Krieg zu rutschen.

Derweil sehen sich leitende US-Vertreter einer Anklage in US-Gerichten gegenüber, Israel beim Völkermord zu assistieren.

Die Regierung in Washington scheint jedoch weiter der Ansicht zu sein, dass ein Kurswechsel angesichts der Verheerungen im Gazastreifen und der vielfältigen Risiken nicht angezeigt ist. Die Frage ist, wie lange sie diese Meinung noch aufrechterhalten können.

Druck auf Netanjahu wächst

Netanjahu hingegen spekuliert darauf, dass der fortgesetzte Krieg und die Eskalation ihn schützen. Nicht nur vor den Korruptionsklagen, sondern auch vor der ansteigenden Welle an Frust im Land. So werden die Stimmen lauter, die Aufklärung über die Reaktion auf den Hamas-Angriff am 7. Oktober und das Versagen der Streitkräfte und Geheimdienste fordern.

Am Mittwoch reichte der israelische Oppositionsführer Yair Lapid einen Misstrauensantrag gegen die rechtsextreme Netanjahu-Regierung ein, weil sie nicht in der Lage ist, die Freilassung der 136 israelischen und anderen Geiseln zu erreichen, die noch immer von militanten Palästinensern in Gaza festgehalten werden.

"Diese Regierung kann nicht weiterbestehen", erklärte Lapids Partei Jesch Atid in einer Erklärung. "Ihr Versagen kostet Menschenleben und die Zukunft des Landes."

Gestern demonstrierten wieder Tausende in Tel Aviv. Sie fordern ein sofortiges Ende des Krieges und eine Rückkehr der von der Terrororganisation Hamas im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln.

Waffenstillstand gefordert

Eine Demonstrierende in Jerusalem hielt ein Plakat mit der Aufschrift hoch: "Schrei der Mütter: Wir werden unsere Kinder nicht im Krieg opfern, um den rechten Flügel zu retten".

Selbst in Netanjahus Kriegskabinett wächst die Unzufriedenheit mit seiner Führung. Gadi Eisenkot, ein ehemaliger Chef des israelischen Militärs, sagte diese Woche, ein "totaler Sieg" über die Hamas sei unwahrscheinlich und nur ein Waffenstillstandsabkommen könne die Geiseln nach Hause bringen. Auf die Frage, ob Netanjahu den Krieg aus politischen Gründen verlängern wolle, hielt er inne, bevor er antwortete: "Ich hoffe nicht."

Die meisten Umfragen zeigen, dass die gegenwärtige israelische Regierung ihre Macht an die Oppositionskoalition verlieren würde. Eine Befragung von Anfang Januar ergab, dass nur 15 Prozent der Israelis wollen, dass Netanjahu nach dem Gaza-Krieg im Amt bleibt.

Ohne realistisches Endgame

Während der israelische Krieg in Gaza weitergeht und bisher rund 25.000 Bewohner dort getötet hat, der größte Teil davon Kinder und Frauen, klammert sich die Netanjahu-Biden-Allianz an den fatalen Glauben, dass mit der Zeit schon eine Lösung, eine Beruhigung eintreten wird.

Ein irriger Glaube ohne realistisches "Endgame". Denn die Hamas und das, was sie repräsentiert, wird nicht durch noch so viele Militärschläge verschwinden.

Die politische Zukunft Bidens und Netanjahus könnte derweil in den von ihnen beförderten Eskalationsspiralen, die sich ins Nichts drehen, schneller beendet werden, als manche meinen.