Bill Gates enthüllte die X-Box

PC mit Anschluss für Fernseher oder "die Zukunft des Videospiels"?

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Nach viel Geheimniskrämerei und eine Woche nach dem Rummel um die Playstation 2 war es dann gestern, Freitag, um 10:30 Pacific Time soweit: Bill Gates persönlich präsentierte die Spielkonsole mit dem Codenamen X-Box auf der Game Developers Conference in San José.

In Europa zu kaufen wird es die Microsoft-Konsole allerdings erst gegen Ende nächsten Jahres für das Weihnachtsgeschäft 2001 geben. Ein Preis wurde nicht genannt, doch Insider munkeln, dass die X-Box um die $300 kosten werde. Im üblichen Microsoft-Präsentationsstil betrat Bill Gates das Podium auf der Games Developer Conference, um das Publikum an der Hand durch seine X-Box-Präsentation zu führen. Nachdem Gates zuerst die Vorteile des neuen DirectX.8 erläutert hatte, kam er schließlich zu Programmpunkt Nummer 1: Applaus begleitete seine Ankündigung der ersten Microsoft Konsole, X-Box. Das Spielgerät solle mindestens zweimal so „stark" sein wie alles andere auf dem Markt, und zudem noch ohne Ladezeiten und Software-Installation auskommen. Den Kern seiner Rede bildete dann die Auflistung der Technik unter der Hülle. (Ausführliches zu den technischen Details siehe Heise-Newsticker

Als Partner für "the future of console gaming", wie das Microsoft-Motto lautet, wurde Intel und nicht AMD - wie zuvor vermutet worden war - gewonnen, die eine Pentium-III-CPU mit 600 MHz Taktfrequenz beisteuern werden. Von nVidia kommt ein spezieller 3D-Grafikchip, der 300 Millionen Polygone pro Sekunde zu rendern verspricht, das Fünffache der Performance der Playstation-2-Emotion-Engine. In einer gesonderten Presseerklärung hatte Gates zudem noch angegeben, auf die Unterstützung einiger führender Spieleentwickler bauen zu können. Electronic Arts, Konami, Acclaim und Eidos haben alle ihre Zusage erteilt.

Von der technischen Perspektive her bot die weitere Präsentation keine besonderen Überraschungen mehr bis auf eine: Die Ausstattung der X-Box mit einer 8 GB Festplatte. Gates sagte, somit könne man die Einschränkungen des RAM-Arbeitsspeichers umgehen. Es wäre wie bei einer Sportveranstaltung „einen Audiokommentar zu hören, der dem entspricht, was auf dem Feld tatsächlich geschieht." In manchen Kommentaren war deshalb die Rede davon, die X-Box sei eigentlich eine Art PC, der sich an den Fernseher anschließen lässt, während Microsoft darauf besteht, es handle sich um eine Konsole, die mit dem Konzept des PCs nichts zu tun hat. Um als State-of-the-art zu gelten, muss man sich scheinbar inzwischen vom PC distanzieren.

Wie die Playstation 2 wird die X-Box auch DVDs abspielen können. Für Breitband-Internet-Anbindung ist mit einem 100 Mbps-Ethernet-Anschluss gesorgt. Allerdings ist es fraglich, ob diese Spezifikationen noch in anderthalb Jahren, wenn die Konsole herauskommt, die gleichen sein werden. Dass es Probleme geben kann, wenn technologisch zu hoch gepokert wird, zeigte diese Woche das Beispiel der Playstation 2. Von einigen Nutzern wurden technische Defekte in Verbindung mit der 8-MB-Speicherkarte gemeldet. Vereinzelt kam es sogar zu Überhitzungen des Systems.

Microsofts verspäteter Einstieg in den Konsolenmarkt könnte in zweifacher Hinsicht ein taktischer Zug sein. Zum einen will MS verhindern, dass sich Segas Dreamcast und Sonys Playstation 2 für Millionen von Haushalten als Einstiegsmedium für das Internet etabliert. Gerade in Japan, wo der Anteil der Haushalte mit PCs im einstelligen Prozentbereich liegt, könnten sich Konsolen für viele als einfach handhabbarer Weg ins Internet anbieten und wer sich einmla als Marktführer etabliert hat, würde aus allen Online-Aktivitäten, von Spielen über E-Commerce, Audio und Video-Direktvertrieb, Profit schlagen. Zum anderen ist Microsofts Vormachtstellung im Bereich der PC-Online-Spiele bedroht. Die englische Marktforschungsfirma Datamonitor hatte Ende letzten Jahres Schätzungen aufgestellt, wonach es bis 2004 über 45 Millionen Online-Konsolenspieler geben würde, im Gegensatz zu bloßen 28 Millionen Online-PC-Spielern. In seiner Rede betonte Gates auch mehrmals, wie simpel es für PC-Spielentwickler sein würde, auf das neue X-Box-System umzustellen. Offen ist aber, wieviele Gamer tatsächlich bis Ende 2001 auf die X.Box zu warten bereit sind und welchen Vorsprung Sony, Sega und Nintendo bis dahin haben werden.