"Bitte löschen Sie uns aus Ihrem Verteiler"

Einladung zum Datenschutztag in Berlin

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Offener Brief an den Präsidenten der Apothekerkammer Berlin

Lieber Herr Dr. Christian Belgardt

Ihre Organisation trägt - so das Selbstverständnis - "wesentlich dazu bei, dass die (4.600 Berliner) Apothekerinnen und Apotheker ihren Beruf fachgerecht und kompetent ausüben". Ich hatte vermutet, dass auch der Datenschutz zur fachgerechten Ausübung gehört und Ihnen daher eine Einladung zu unserem Datenschutztag geschickt.

Datenschutz ist zentraler Teil der gesamten Gesundheitswirtschaft. Schließlich ist das für Ihren Berufsstand nach Meinung des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig Holstein (ULD) "keine einfache Aufgabe". Das ULD erläutert beispielhaft Fragen, die sich ein Apotheker stellen muss: Wie gestalte ich die EDV, wie die Informationsabläufe, wie die Abschottung gegen unberechtigte Kenntnisnahmen?"

Richtig brisant wird's aber angesichts der Meinung von Ralph Heydenbluth: Der Arzt und Informatiker behauptet mit Blick auf die elektronische Gesundheitskarte: "Jeder wird fast alles lesen und fast alles schreiben können." Wenn das stimmen sollte, wäre wohl die Arbeit der Gesellschaft für Telematikanwendungen (Gematik) in den letzten zehn Jahren für die Tonne gewesen!

Toxische Wirkungen durch unberechtigtes Schreiben

Wir haben uns ja mittlerweile fast daran gewöhnt, dass Jeder Alles lesen kann - die Skandalmeldungen von Einwohnermeldeämtern, Ärzten, Banken, IT-Unternehmen, (Kranken) Versicherungen und vielen Anderen gehören mittlerweile zum Nachrichtengeschäft wie die Wettervorhersage. Aber "schreiben"? In Patientendatensätzen?

Lieber Herr Dr. Christian Belgardt: Das kann sich für Ihre Patienten toxisch auswirken! Und sollte sich herausstellen, dass einer Ihrer Kollegen an einem solchen Vorfall auch nur im Ansatz beteiligt war, wirkt sich das auch mindestens auf seine berufliche Selbständigkeit tödlich aus! Daher möchte ich die Gelegenheit nutzen, Ihnen unsere Veranstaltung an dieser Stelle noch einmal nahe zu bringen.

Das Programm des Datenschutztags

Zunächst wird uns Professor Hendrik Speck von der Fachhochschule Kaiserslautern in seinem Einführungsvortrag vor die Wahl stellen: "Entweder wir beachten den Datenschutz, oder Alle wissen von Allen Alles."

Professor Norbert Pohlmann von der FH Gelsenkirchen erläutert anschließend die: "Die Zukunft des Datenschutzes" und schreibt der Politik dabei ein "Pflichtenheft".

Nach der Mittagspause wird Dr. Alexander Dix, Berliner Beauftragter für Datenschutz und Informationsfreiheit, über die "Forderungen an die 'Stiftung Datenschutz' in der GigabitGesellschaft des 21. Jahrhunderts" referieren.

Bei der abschließenden Podiumsdiskussion über "Die Informationsgesellschaft im 21. Jahrhunderts: Sorglos leben mit Hilfe tausender elektronischer Helferlein oder DatenschutzApokalypse?" wird die Journalistin Tina Groll über ihre eigenen Erfahrungen mit einem Identitätsdiebstahl berichten. Weiter nehmen an der Debatte teil:

  • die Anwältin für das Recht der Informationstechnologie Dr. Astrid Auer Reinsdorff
  • der Telemati-Beauftragte der Bundesärztekammer Dr. Franz Joseph Bartmann,
  • der Leiter des Referats Verbraucherschutz Informationsgesellschaft, Energie, Verkehr im Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV), Jürgen Karwelat und
  • der SCHUFA-Pressesprecher Dr. Christian Seidenabel
  • Moderation: Joachim Jakobs

Für diese Tagesveranstaltung konnten wir diese Institutionen bereits begeistern:

  • die Arbeitsgemeinschaft für Sicherheit der Wirtschaft e.V.
  • den Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung
  • Einen wissenschaftlichen Mitarbeiter der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag
  • den Bundesbeauftragten für den Datenschutz und Informationsfreiheit sowie seine Kollegen in den Ländern Mecklenburg Vorpommern, Rheinland Pfalz und Sachsen Anhalt
  • den Bund Deutscher Kriminalbeamter, Landesverband Berlin
  • den Bund der Steuerzahler Deutschland e.V.
  • den Bundesverband deutscher Banken e.V.
  • den Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI)
  • den Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V. (Bitkom)
  • Einen wissenschaftlichen Mitarbeiter der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag
  • die Deutsche Rentenversicherung BerlinBrandenburg
  • die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD)
  • Google
  • die Hausärztliche Vertragsgemeinschaft eG
  • ein Mitglied im Bundesvorstand
  • der Jungen Liberalen
  • die KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
  • die Piratenpartei und die Jungen Piraten
  • die Senatsverwaltung für Finanzen des Landes Berlin
  • den Verband der Hersteller von IT-Lösungen für das Gesundheitswesen e.V.
  • den VOTUM Verband Unabhängiger Finanzdienstleistungs-Unternehmen in Europa e.V.

Wir hoffen weiter auf Anmeldungen dieser Institutionen, Hinweise auf den Grund ergeben sich aus den verlinkten Artikeln:

An dieser Stelle möchte ich betonen: Wir möchten mit den betreffenden Unternehmen/Behörden ins Gespräch kommen und nicht über sie reden. Keiner hat Anlass, mit dem Finger auf Andere zu zeigen. Es wird also niemand "vorgeführt"! Wenn möglichst viele der Genannten erscheinen, kann tatsächlich eine andauernde gesellschaftspolitische Debatte entstehen. Die hoffentlich ebenfalls zahlreich erscheinenden Journalisten werden dafür sorgen, dass die Ergebnisse öffentlich werden.

Die Autorenlesung an der Humboldt-Universität

In unserer Abendveranstaltung an der Humboldt-Universität lesen wir ab 18 Uhr zunächst ein wenig aus dem Buch: Vom Datum zum Dossier - Wie der Mensch mit seinen schutzlosen Daten in der Informationsgesellschaft ferngesteuert werden kann.. Das Buch erscheint in der Telepolis-Reihe im dpunkt.verlag (Heidelberg) und wird Ende Mai in den Handel kommen.

Anschließend wird der Geschäftsführer des Instituts für das Recht der Informations- und Kommunikationstechnik, Gerrit Oldenburg, ein Gespräch unter Anderem mit dem bereits erwähnten Schufa-Pressesprecher Dr. Christian Seidenabel moderieren. Die Autorenlesung ist für die interessierte Berliner Öffentlichkeit gedacht.

Die Kardinalfragen des Tages werden also sein:

  • Wie können Politik, Wirtschaft und Gesellschaft mit der rasend schnellen technischen Entwicklung Schritt halten?
  • An welcher Stelle muss welcher Politiker, Chef oder Sachbearbeiter über welches Wissen verfügen, um an welchem Arbeitsplatz auf welchem Knopf rumdrücken zu dürfen?
  • Wieviel Millionen Menschen verarbeiten jeden Tag in diesem Land personenbezogene Daten - oder schreiben gar Software dafür?
  • Wie können diese Menschen für die damit verbundene Verantwortung sensibilisiert werden?
  • Schließlich müssen wir klären: Wie viel staatliche Kontrolle vertragen die Bürger einer demokratisch verfassten Gesellschaft?
  • Und: Wird die Gesellschaft tatsächlich sicherer, nur weil der Staat den Bürgern immer mehr personenbezogene Daten abverlangt?

Ich habe den Eindruck, im Augenblick wird heftig über die Zukunft unserer Informationsgesellschaft gerungen. Symptomatisch dafür steht die Stiftung Datenschutz, die partout nicht in die Gänge kommen will.

Ich empfinde die aktuellen gesellschaftlichen Auseinandersetzungen darum als aufregend und beängstigend gleichermaßen.

Lieber Herr Dr. Christian Belgardt: Angesichts der emotionsgeladenen Stimmung zum Datenschutz verblüfft mich der Einzeiler, den Sie mir haben zukommen lassen:

Bitte löschen Sie uns aus Ihrem Verteiler.

Sind Sie sicher, so Ihrem oben selbst gesteckten Anspruch gerecht zu werden? Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie die Bedeutung des Themas schnellstmöglich erkennen und ich Sie dennoch am 19. Mai in der Katholischen Akademie (oder in der Humboldt Universität) begrüßen könnte - die Teilnahme ist für Sie kostenlos, da Hewlett Packard die Veranstaltung freundlicherweise finanziert. Ihre Anmeldung senden Sie bitte an jj(att)privatsphaere.org

Mit freundlichem Gruß

Joachim Jakobs