Blackout in Großbritannien

Erst vor zwei Wochen hatte eine Sprecherin des Stromversorgungsunternehmens National Grid den Stromausfall in den USA mit den Worten kommentiert, ein solches Vorkommnis sei in Großbritannien höchst unwahrscheinlich...

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Es war ein denkbar ungünstiger Zeitpunkt, an dem sich der laut der Stromversorgungsfirma National Grid "unerklärliche Fehler im Transformationssystem" ereignete. Nicht nur, dass vielen der "große amerikanische Stromausfall" und damit verbunden die Erkenntnis, dass ein Land, das sich auf verschiedenste Weise gegen Angriffe jeglicher Art schützt, dennoch verwundbarer ist als angenommen, noch im Gedächtnis ist; der Blackout erwischte London auch noch mitten im Berufsverkehr.

Nichts geht mehr in Londons Innenstadt

London kämpft bereits seit Jahren mit einem massiven Verkehrsproblem in der Innenstadt und versucht dieses, durch hohe Gebühren und Videoüberwachung in den Griff zu bekommen. Der Stromausfall gestern führte dazu, dass 270 Ampeln in der Innenstadt ausfielen, U-Bahn und Zugverkehr wurden massiv beeinträchtigt. Obwohl die Londoner sich eher britisch-ruhig verhielten, sehen viele Parallelen zu dem Stromausfall in den USA. Der "seltene Fehler", von dem National Grid spricht, hat da wenig beruhigende Wirkung, insbesondere wenn man berücksichtigt, dass die Notstromaggregate der U-Bahn erst verspätet ansprangen und viele Reisende den Weg durch die Dunkelheit wagen mussten, um die Tunnel verlassen zu können. Dass London, genau wie auch New York vor einigen Wochen, so schnell in ein derartiges Chaos gestürzt wird, zeigt einmal mehr, wie verwundbar gerade die Stromversorgung ist.

Stromausfall wie in den USA in Großbritannien höchst unwahrscheinlich?

Erst vor zwei Wochen hatte eine Sprecherin des Stromversorgungsunternehmens National Grid den Stromausfall in den USA mit den Worten kommentiert, ein solches Vorkommnis sei in Großbritannien höchst unwahrscheinlich.

It is highly unlikely that a single fault could lead to the collapse of the whole system.

Dass jetzt dieser "höchst unwahrscheinliche Fall" eintrat, ist für Londons Bürgermeister Ken Livingston Wasser auf seine Mühlen. Livingston, der seit Jahren gegen die von der britischen Regierung geförderte Teilprivatisierung der U-Bahn angeht, sieht sich in seinen Bedenken bestätigt und machte mangelnde Investitionen in U-Bahn und Stromversorgung für das Geschehen verantworlich. Die Kritik wies National Grid umgehend zurück.

Experten jedoch sehen dies jedoch anders. Für sie sind die mangelnden Investitionen die direkte Folge der Privatisierung. Die Stromversorgung des U-Bahnnetzes war zum Beispiel erst im letzten Oktober privatisiert worden, bis dahin lag sie in staatlichen Händen. Nun ist ein privates Konsortium dafür zuständig, das seinen Strom eben von National Grid bezieht.

Der unabhängige Regierungsberater und Energieexperte Ian Fells prophezeite für den Winter bereits weitere Ausfälle. "Es besteht einfach nicht genug Kapazität", so Fells im Interview mit der BBC. Durch den hohen Wettbewerb im Stromversorgungssektor wären die Preise stark gefallen, Geld für Investitionen ist nur begrenzt vorhanden. Die Anschaffung von Notstromaggregaten beispielsweise wird mehr und mehr gedrosselt, um einen Stromausfall wie er sich gestern ereignete, zu kompensieren, stehen auf keinen Fall genug zur Verfügung, wie sich zeigte.

National Grid war sich zu der Zeit noch sicher, dass man selbst auf einen hohen Energiebedarf im Winter vorbereitet sei.

A spokeswoman refused to speculate about the likelihood of a similar event in the UK until the cause of the US blackout had been determined... She added that forecasts indicated they would have enough electricity to meet peak winter demand.

Für Ian Fells ist der Stromausfall eine Warnung an die Regierung, die solch wichtige Aufgaben wie die Stromversorgung einem völlig freien Markt überlässt, ohne nur im geringsten einzugreifen. Wenn die Stromversorgungsunternehmen mit einem derartigen Stromausfall davonkämen, ohne dass Maßnahmen ergriffen werden, so Fells, würden sie sich niemals zu Investitionen entschließen. Würde man diese Warnung nicht beherzigen, so würde Großbritannien riskieren, früher oder später zu einem Dritte-Welt-Land zu werden