Body-Upgrade. Zu allem entschlossen?

Das Büro für Technikfolgenabschätzung beim Deutschen Bundestag warnt vor Gendoping, aber das Herumfummeln an den Genen zum Körper- und Gehirndoping wird sich nicht nur auf den Sport beschränken

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Das Büro für Technikfolgenabschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB) glaubt im Rahmen des Projekts Gendoping herausgefunden zu haben, dass trotz noch unbekannter Gesundheitsrisiken für die Sportler Gendoping in Zukunft betrieben werden wird.

Dabei gehe es (noch) nicht um Menschenzüchtung oder eine Verbesserung der Gene, sondern um die gezielte Aktivierung oder Blockade von Genen, die bestimmte körperliche Funktionen steuern. Wenn man etwa das Myostatin-Gen, das das Wachstum der Muskeln kontrolliert, blockiert, verursacht dies verstärktes Muskelwachstum. In der Dokumentation, die gestern im Bundestag vorgestellt wurde, heißt es:

Die wahrscheinlichsten Ansatzpunkte eines möglichen Gendopings liegen in drei physiologischen Bereichen und deren molekularer Regulation: dem Aufbau der Skelettmuskulatur, der Sauerstoffversorgung sowie der Energiebereitstellung.

Entwickelt werden die Methoden, mit denen Gendoping für Sportler zur Leistungssteigerung ermöglicht wird, in erster Linie zur Behandlung von Krankheiten. Die üblichen Medikamentenprüfungen seien, so die TAB-Dokumentation, für die Beurteilung der Risiken nicht aussagekräftig, die entstehen können, wenn die Beeinflussung der Gen-Aktivitäten zur Leistungssteigerung angewendet wird. Das unbekannte Risiko dürfte aber Sportler nicht abschrecken, heißt es wohl ganz realistisch.

Nicht nur Spitzensportler oder Bodybuilder werden nach Ansicht von TAB die ersten freiwilligen Versuchspersonen sein, die sich auf die Risiken einlassen, um leistungsfähiger zu sein zu sein, auch alternde Menschen könnten sie als Anti-Ageing-Mittel anwenden. Allerdings sind Möglichkeiten, die Leistung zu steigern, auf sehr viel breiterer Ebene attraktiv. Menschen nehmen Wirkstoffe ein, um potenter zu sein, um kognitiv leistungsfähiger oder wacher zu sein, um die Stimmung zu verbessern oder die Aufmerksamkeit zu fördern, den Hunger zu dämpfen oder die Schönheit zu fördern. Wenn es das Versprechen gibt, gezielt bestimmte Vorgänge zu beeinflussen, von denen man sich Vorteile verspricht, dann wird es auch einen entsprechenden Markt geben – Sportler, Alte und Prominente sind hier sicherlich nur ein Teil der möglichen Pioniere.

Geschluckt werden bereitwillig von vielen Menschen auch Medikamente, Nahrungsergänzungsmittel und Lifestyle- oder Enhancement-Präparate sowie Anabolika zweifelhafter Herkunft, die einen ebenso unbekannten Inhalt haben. Die Hälfte der im Internet angebotenen Viagra-Produkte sind Fälschungen. Wenn sie nur weniger Wirkstoffe enthalten, ist das in diesem Fall noch die harmloseste Variante. Gefälschte Medikamente können neben Verunreinigungen auch keine Wirkstoffe eine falsche Wirkstoffkombination oder falsche Zutaten enthalten. Aus den Daten des Zollfahndungsdiensts geht hervor. dass der "überwiegende Anteil der angehaltenen Substanzen bzw. Präparate Mittel zur Leistungssteigerung im Sport sind". Das BKA weist in der Studie Arzneimittelkriminalität - ein Wachstumsmarkt? (2007) auf die weite Verbreitung nicht nur bei den Spitzensportlern hin:

Von sechs Millionen Fitnessstudiobesuchern in Deutschland nimmt gemäß der „Tübinger Studie“ aus dem Jahr 2006 nahezu jeder siebte Anabole Androgene Steroide (AAS) ein oder hat diese schon einmal eingenommen – es wird also von mehr als 800.000 Anabolikakonsumenten ausgegangen. Da die Studie auf der freiwilligen Beantwortung von Fragebögen basiert, ist anzunehmen, dass die tatsächliche Anzahl noch höher liegt.

Arzneimittelkriminalität – ein Wachstumsmarkt?

Die Vermehrung der angebotenen Wirkmittel, die leichtere Zugänglichkeit beispielsweise über das Internet, der wachsende Druck zur Leistungssteigerung und zu einem vermeintlich notwendigen körperlichen Aussehen oder die Neigung zur Selbstmedikation werden auch in Zukunft den legalen und schwarzen Doping-, Lifestyle- und Medikamentenmarkt größer werden lassen. Neue Möglichkeiten, die viel versprechen wie das Gendoping, werden sicherlich schnell trotz aller möglichen Risiken angenommen werden. Beim BKA überlegt man daher auch, "ob der missbräuchliche Konsum von medizinisch nicht indizierten Arzneimitteln (inkl. Lifestyle-Präparate und Dopingmittel) ein allgegenwärtiges, aber geduldetes Problem in der Gesellschaft ist, welches künftig zunehmen wird und in Teilen den Drogenkonsum substituieren könnte".

Die Parteien im Bundestag fordern nach der Vorstellung des TAB-Berichts eine vorausschauende Bekämpfung des Gendopings und die Entwicklung von Gendopingnachweisen. Die FDP schlägt vor, dass "klinische Studien als Zugangskanal zum Dopingmissbrauch ausgeschlossen und Fitnessstudios als mögliche Versuchsfelder verstärkt in den Blick genommen werden" müssten. Die Grünen fordern hingegen mehr Forschungsprojekte. Die Linke meint, die Sportförderung müsse sich mehr in Richtung Prävention und Lebensqualität ausrichten.