Briefe und Pakete in Geiselhaft

Warum die Politik für negative Folgen des Poststreiks mit verantwortlich ist

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Seit Ende April bestreikt die Gewerkschaft Verdi Einrichtungen der Deutschen Post. Sie möchte, dass etwa 140.000 Angestellte nur noch 36 statt 38,5 Stunden arbeiten, aber dafür nicht weniger, sondern 5,5 Prozent mehr Geld bezahlt bekommen. Umgerechnet wäre das eine Gehaltssteigerung in Höhe von etwa 12,5 Prozent. Außerdem will sie die Gründung von Regionalgesellschaften verhindern, in denen Angestellte mit befristeten Verträgen Dauerarbeitsplätze erhalten sollen, für die nicht der Posttarif gilt, sondern derjenige der Logistikbranche.

Einige Kunden merkten bislang wenig Unterschied zum normalen Service - andere mehr. Besonders betroffen sind solche, deren Einschreiben und Pakete an Stellen landen, die bestreikt werden. Sie erhalten von der Post nur die Auskunft, dass man nicht wisse, wie lange eine Filiale geschlossen ist. Das wird für den aktuellen Tag erst ab 11 Uhr vormittags mitgeteilt.

Kundenwünschen, Pakete und Einschreiben in geöffnete Filialen zu verbringen, wo sie abgeholt werden können, verweigert sich die Post bislang ebenso wie die Selbstabholung von nicht ausgetragenen Briefen, auf die Empfänger dringend warten. Dabei verweist sie darauf, dass es keine "fest zugesicherte Lieferzeit" gebe, weshalb Ansprüche nicht gegen sie, sondern nur gegen die Versender gerichtet werden könnten. Das gelte auch für Express-Sendungen, weil die Allgemeinen Geschäftsbedingungen dafür eine Haftung bei Streiks ausschlössen.

Ist das schon Streik, oder ist das noch "Service". Warteschlange vor einer Postfiliale in München.

Der Bundesnetzagentur zufolge kann sie sich dabei auf die Post-Universaldienstleistungsverordnung (PUDLV) berufen, in der bislang kein Rechtsanspruch auf die Lagerung einer Sendung in der vom Verbraucher bevorzugten Filiale enthalten ist. Über diesen Mangel beschweren sich zahlreiche Kunden, weil er es der Post erlaubt, Sendungen, die abgeholt werden müssen, nicht in der dem Empfänger nächstgelegenen Niederlassung zu lagern, sondern in einer beliebigen. Deshalb müssen Post-Kunden häufig lange Wege auf sich nehmen und schwere Pakete bis zu weit entfernten Haltestellen schleppen.

Bei der Bundesnetzagentur ist man sich bewusst, dass diese Rechtslage die Interessen der Post gegenüber denen der Verbraucher klar bevorzugt. Ob die Politik diese Bevorzugung absichtlich vorgenommen hat, oder ob man beim Verfassen der Verordnung einfach nicht an die Folgen gedacht hat, weiß man jedoch auch dort nicht. Zuständig für eine Änderung wäre nach dem Ende des Postministeriums das Bundeswirtschaftsministerium. Eine Anfrage dort, warum in der Post-Universaldienstleistungsverordnung (PUDLV) die oben angesprochenen Rechtsansprüche der Verbraucher fehlen und ob Abhilfe geplant ist, blieb bislang ohne Antwort.

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