Chatroulette - Quasselnd rund um die Welt

Die Zufälligkeit und die Anonymität der virtuellen Begegnungen sind der besondere Reiz dieser quasselnden Vergnügung

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Alle reden drüber. Wir jetzt auch: Chatroulette, seit Wochen schon der angesagte neue Freizeitspaß im Netz. Wie nicht zuletzt die zahlreichen Videos bei YouTube beweisen. Die letzten größeren Klick-Erfolge sind übrigens dort der zweite Teil von absurden Klavier-Improvisationen. Und der lustige Auftritt einer gewissen Lady Gaga.

Doch vorab eine klitzekleine Erläuterung. Hinter dem zwar seltsamen, jedoch durchaus berechtigten Namen Chatroulette verbirgt sich eine internationale Live-Videoplattform, die von einem russischen Gymnasiasten entwickelt wurde. Und auf der man mit zufällig vom System ausgesuchten Leuten kostenlos per Videochat verbunden wird. Wenn einem die Wahl nicht gefällt, drückt man seinen Gegenüber kurzerhand weg und schon erscheint der nächste freiwillige Chatter. Und so weiter. Und so fort. Und ganz ähnlich funktioniert auch der im März gestartete Chatroulette-Ableger ChatHopper, der allerdings nicht so überlaufen ist wie das Original.

Die Zufälligkeit und die dabei stets bewahrte Anonymität der jeweiligen Chatter sind wohl der besondere Reiz dieser quasselnden Vergnügung. Dabei schaut man ständig, wie beim Reality-TV, in fremde Wohn- oder Arbeitszimmer, kann mit Leuten aus der ganzen Welt reden oder bedeutungslos schweigen. Was, wie ich kürzlich erfahren durfte, tatsächlich auch problemlos funktioniert. Die entsprechende Netzseite selbst ist fast spartanisch karg: Zwei Fenster, auf denen man selber und der Chatpartner erscheinen. Und dazu ein Feld, um Text einzugeben. Fertig ist ein Internet-Hit!

Mutig, wie ich bekanntlich bin (hüstel!), habe ich also zugelassen, dass eben dort das Live-Bild meiner Webcam zu sehen ist, wenn es dann erscheint ... Oft ist dieser Dienst nämlich überlaufen, sprich: nicht erreichbar. Nach einer kurzen Wartezeit hat es dann doch geklappt, ich habe also auf den Button "New game" gedrückt. Und kurz darauf sind erst einmal zwei jugendliche Chatter erschienen, die mir unverschämterweise sofort den Stinkefinger gezeigt haben. Und die ich dann als Strafe sofort weggedrückt habe. Mögen sie in der Chat-Hölle, Ausfahrt 666 schmoren!

Egal, weiter geht's: Mit zwei jungen Herren, die verdächtig arabisch ausschauen. Und, wie sie sagen, tatsächlich auch aus Tunesien stammen. Dass ich aus "Germany" komme, fanden die zwei übrigens ganz nett. Das nennt man also Völkerfreundschaft. Aber zum Biertrinken konnte ich die beiden trotz ausgefeilter Tricks dennoch nicht verführen.

Danach tauchten noch meist kurz mehrere jugendliche Chatter auf, die vermutlich auf der Suche nach weiblichen Gesprächspartnern waren. Auch eine junge Frau – oh Gott: im BH! – ist wenige Sekunden lang zu sehen, ein paar männliche Exhibitionisten dürfen natürlich nicht fehlen. Und sogar ein junger Mann aus China, der durchaus gesprächsbereit ist, erscheint plötzlich auf meinem Monitor. Chatroulette, sagt der China-Mann auf meine Frage, sei in seinem Land noch nicht verboten. Na bitte!

Zwischendurch habe ich dann mal ChatHopper kurz getestet. Was auf Anhieb sofort funktioniert hat, obwohl mein zufällig ausgesuchter Gesprächspartner, ein Schattenmann, auch keine Chat-Offenbarung gewesen ist.

Lange Rede, kurzer Sinn: Wer keine Angst hat vor nackten Spinnern, der kann mit diesen Plattformen durchaus seinen Spaß haben. Und man kommt dabei auch in der Welt ziemlich rum – ohne dass man dafür seinen Schreibtisch verlassen muss.