Chávez droht der EU wegen der neuen Flüchtlingspolitik mit Ölboykott

Das Europäische Parlament hat die neue Rückführungsrichtlinie für Flüchtlinge angenommen

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Nachdem auch das Europaparlament die deutlich verschärfte Rückführungsrichtlinie (Abschiebehaft: Italien prescht vor) angenommen hat, schlägt die Kritik Wellen bis nach Venezuela. Dessen Präsident Hugo Chávez hat der Europäischen Union einen Ölboykott angedroht, falls die neuen Regeln zur Vereinheitlichung der Flüchtlingspolitik angewandt werden. Die sehen vor, illegal eingereiste Flüchtlinge bis zu 18 Monaten in Haft zu nehmen, sogar Kinder, denen sogar der Rechtsschutz weitgehend beschnitten werden kann.

"Wir können uns dies nicht mit verschränkten Armen ansehen. Die Annahme der sogenannten Rückführungsrichtlinie ist empörend und deshalb lehnen wir sie ab”, erklärte Chavéz bei einem Treffen mit dem neuen Präsidenten Paraguays, Fernando Lugo. Dem Befreiungstheologen sagte er dabei seine Unterstützung und eine dauerhafte Versorgung mit Öl zu.

Er äußerte die Hoffnung, dass sich „alle unsere Länder gegen diesen Entschluss aussprechen, für die Würde unserer Völker“. Chávez kritisierte, dass in Europa inzwischen die Rechte und die Ultrarechte den Ton angeben. Die Länder, welche diese Richtlinie umsetzen, solle das Öl aus Venezuela nicht mehr erreichen, weitete er seine Drohungen aus, die er bisher gegen den US-Konzern Exxon ausgesprochen hatte (Venezuela dreht Exxon den Ölhahn (fast) ab). „Mit der Anwendung der Rückführungsrichtlinie wird gegen die Menschenrechte verstoßen“, fügte er an. Zudem warnte er davor, dass es auch zu einer „Rückkehr der europäischen Investitionen“ in die Länder kommen könne, welche die Maßnahmen umsetzten. Im Gegensatz zur EU werde man aber in Venezuela „niemand ins Gefängnis werfen“.

Formell muss die Richtlinie noch vom Ministerrat abgesegnet werden. Dann haben die Staaten der EU zwei Jahre Zeit, um die Vorschriften in nationales Recht umzusetzen, die auch von Menschenrechtsorganisationen, Gewerkschaft en und sogar von der UN kritisiert werden. Die Flüchtlingshilfsorganisation PRO ASYL hatte in einem Brief die Europaparlamentarier angeregt, die Bestimmung abzulehnen. „Der vorliegende Entwurf eröffnet weite Spielräume für die Mitgliedstaaten, ihre schäbigen und menschenrechtswidrigen Praktiken beizubehalten." Die Menschenrechtsstandards würden nicht verbessert, wie gerne behauptet wird, sondern die Richtlinie diene „als Blaupause für weitere nationalstaatliche Gesetzesverschärfungen“. Wie Chávez kritisiert auch Karl Kopp, Europareferent von PRO ASYL, dass die Maßnahmen gegen elementare Menschenrechtsstandards verstießen.

Statt die Inhaftierung von Kindern und Jugendlichen in den Mitgliedstaaten zu untersagen, würden diese Praktiken ausgeweitet. Eine unbestimmte "Notstands"-Klausel ermögliche es, eine richterliche Überprüfung der Haftentscheidung auszusetzen. Sogar Familien und Kinder dürften nun in normalen Gefängnissen weggeschlossen werden. Die von Deutschland durchgesetzte Kann-Bestimmung für die Frage von Rechts- bzw. Prozesskostenhilfe für Abschiebungshäftlinge werde in der Realität dazu führen, dass viele Flüchtlinge und Migranten in Europa kein effektives Rechtsmittel mehr haben.

Das Vorgehen der EU stellte sich vor dem siebten Weltflüchtlingstag der Vereinten Nationen am Donnerstag genau dagegen, was die UN für Flüchtlinge fordert: ''Schutz''. Das UN-Flüchtlingskommissariats (UNHCR) hat neue Zahlen vorgelegt, wonach mit steigenden Flüchtlingszahlen zu rechnen ist. Nach Angaben des neuen Berichts 'Global Trends befanden sich 2007 weltweit rund 37 Millionen Menschen auf der Flucht. Wie UN-Flüchtlingskommissar António Guterres in Genf beklagte, „'stehe man vor einer Gemengelage globaler Herausforderungen, die künftig zu noch mehr Flucht und Vertreibung führen könnte''.

Allseits wird befürchtet, dass nun die EU-Mitgliedsstaaten die Steilvorlage der EU nutzen, um die Ausländergesetze insgesamt weiter zu verschärfen. Kaum war die Vorlage im Europaparlament beschlossen, kündigten die Sozialisten in Spanien neue Maßnahmen an. Die Vizeministerpräsidentin María Teresa Fernández de la Vega sagte in Madrid, der Familiennachzug werde weiter eingeschränkt und die Zeit der Abschiebehaft verlängert. Nachgeholt werden dürften bald nur noch der Ehepartner und Kinder unter 18 Jahren Die Abschiebehaft soll erhöht werden, bisher sind es in Spanien höchstens 40 Tage, nach denen die Flüchtlinge oder Einwanderer freigelassen werden müssen. Wegen der wirtschaftlichen Krise sollen Einwanderer insgesamt zur Rückkehr bewegt werden. Dafür soll ihnen das Arbeitslosengeld als Anreiz ausgezahlt werden. Für Spanien wäre das ein gutes Geschäft, die Zahlungen in die Rentenkasse kämen den Spaniern zu gute.