Co-Pilot "versteckte" Krankheit

Trotz mittlerweile recht eindeutiger Indizien blühen im Fall 4U9525 Verschwörungstheorien

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Im Fall der am Dienstag an einem Berg zerschellten Germanwings-Maschine 4U9525 gibt es immer mehr Indizien dafür, dass der Co-Pilot einen extrem erweiterten Selbstmord beging. Gestern wurde bekannt, dass der 27-Jährige eigentlich vom 16. bis zum 29. März krank geschrieben war. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung hatte Andreas L. allerdings nicht seinem Arbeitgeber vorgelegt, sondern zerrissen. Ihre Fetzen fand die Polizei bei der Durchsuchung von L.s Wohnung - neben anderen medizinischen Dokumenten, die sie für tatrelevant hält und über deren genauen Inhalt sie bislang schweigt.

Die Krankheit, wegen der L. arbeitsunfähig war, wurde noch nicht offiziell bekannt gemacht. Das Universitätsklinikum Düsseldorf, an dem sich der Co-Pilot behandeln ließ, bestritt gestern, dass es sich dabei um Depressionen handelte, wegen denen L. früher in Behandlung gewesen sein und seine Ausbildung unterbrochen haben soll. Allerdings sind solche Depressionen nicht die einzige psychische Erkrankung, die einen Menschen in einen extrem erweiterten Selbstmord treiben können.

Typischer für solche Fälle wären Fachärzten zufolge schwere narzisstische Persönlichkeitsstörungen, die häufig mit Depressionen verbunden sind. Aussagen der Ex-Freundin L.s, einer 26-jährigen Stewardess, deuten auf das Vorliegen solch einer Störung hin: Ihr sagte er nach eigenen Angaben, dass eines Tages jeder seinen Namen kennen werde. Aber auch eine Psychose kann ohne weiteres in einen Amoklauf oder eine vergleichbare Tat münden. Und solange man nicht mehr dazu weiß, ist auch die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass den Rheinländer ein unheilbares körperliches Leiden zu der Tat veranlasste.

Universitätsklinikum Düsseldorf. Foto: Wiegels. Lizenz: CC BY 3.0

Trotz der mittlerweile recht eindeutigen Hinweise auf einen absichtlichen Todesflug, wie es ihn in den letzten 20 Jahren mindestens fünf mal gab (vgl. 4U9525: Erweiterter Selbstmord mit dem Flugzeug), sprießen auf Facebook und anderswo Verschwörungstheorien, die von einem anderen Tat- oder Unfallhergang ausgehen: Manche glauben an eine Vergiftung des Co-Piloten durch Schadstoffe, die von den Behörden vertuscht wird, um einen Imageschaden vom Airbus-Konzern abzuwenden; andere interpretieren die von Voice Recorder aufgenommenen Geräusche als Zeichen für einen Terroranschlag.

Sehr wahrscheinlich wirken diese Verschwörungstheorien allesamt nicht. Allerdings ist auch die offizielle Untersuchung der Vorfälle noch längst nicht abgeschlossen. Von ihrem Ergebnis hängt es ab, wie viel Entschädigung die Angehörigen der Opfer enthalten.

Aktuell können sie sich bei Germanwings 50.000 Euro Vorschuss darauf abholen - "ausnahmsweise" ohne Sterbeurkunde, statt derer man einen Buchungsbeleg für den Unglücksflug akzeptiert. Die Gesamtentschädigung von Flugpassagieren wird durch das Montrealer Abkommen auf 149.000 Euro pro Opfer begrenzt - wenn die Fluggesellschaft kein Verschulden trifft. Andernfalls können sich Angehörige deutlich höhere Summen erstreiten. Vor allem vor US-Gerichten können diese durchaus siebenstellig sein.

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