Corona-Krise: Koordinierte internationale Anstrengungen?

Statt Zusammenarbeit pflegt der Westen - nicht nur Trump - in der Krise die Konfrontation, untereinander und mit China

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Der Weltwirtschaft geht es schlecht. Richtig mies. Schon im vergangenen Jahr hatte sie in Deutschland und einigen anderen wichtigen Ländern reichlich gelahmt. Doch nun hat sie auch noch das Coronavirus voll erwischt. Wenn es so weitergeht, wird sie noch auf der Intensivstation landen.

Da sollte man meinen, die Regierungen würden auf Kooperation setzen, auf koordinierte Maßnahmen, die aus dem Schlamassel heraushelfen. Doch weit gefehlt. China-Bashing und allerlei nationale Egoismen sind angesagt. Grenzen werden geschlossen. Weder die EU noch der nordische Rat der Skandinavier sind in der Lage, eine einheitliche, solidarische Strategie zu entwickeln, sodass die lange als selbstverständlich angesehene Freizügigkeit verloren geht.

Einige Bundesstaaten wie die USA oder auch Deutschland haben selbst im Inland enorme Schwierigkeiten, eine konsistente Politik zu entwickeln, rechtzeitig und gemeinsam die notwendigen Vorkehrungen zu treffen, Schutzkleidung fürs Krankenhauspersonal, Masken und ähnliches gemeinsam zu besorgen, Datenerhebung zu organisieren, einheitliche Testprozeduren einzuführen, Massentests wie in Südkorea durchzuführen.

In Deutschland ist es noch nicht einmal möglich, Einreisende an den Flughäfen zu testen, oder Erntearbeiter ausreichend zu schützen. (Von angemessener Bezahlung ganz zu schweigen.)

Sündenbock gefunden

Von Kooperation ist weit und breit nichts zu sehen. Obwohl diese im Zusammenhang mit frühzeitigem Handeln Grenzen offen gehalten, Ausgangssperren vermieden - siehe das koreanische Beispiel - und der Wirtschaft weniger stark geschadet hätte. Stattdessen scheint man sich in Berlin und Washington mehr und mehr auf ein Haltet-den-Dieb-Spiel einzuschießen, wobei der große Bösewicht sicherlich nicht zufälliger Weise auch der große Konkurrent auf dem Weltmarkt und Herausforderer der westlichen Hegemonie ist: China.

Jüngstes Beispiel sind die Ausfälle des US-Präsidenten gegen die Volksrepublik. Die Ausbreitung des Virus hätte in China gestoppt werden können, sagt er, der sich mit Gegenmaßnahmen und Kontrollen der Einreisenden alle Zeit der Welt ließ und die Warnungen der Weltgesundheitsorganisation WHO ignorierte.

Der Mann im Weißen Haus, der Ende Januar noch voll des Lobes für die chinesischen Reaktionen auf die Pandemie war, geht sogar so weit, eine bewusste Produktion und Freisetzung des Virus zu implizieren. Dabei hatten US-Genetiker schon Mitte März darauf hingewiesen, dass alles für natürliche Mutationen des Virus spricht und dessen Genom keinesfalls nach einem bewussten Design in einem Biowaffenlabor aussieht.

Nicht nur die Frankfurter Rundschau sieht in Trump inzwischen einen gefährlichen Scharfmacher. Da kann ein paar Straßen weiter die Direktorin des Internationalen Währungsfonds, Kristalina Georgieva, noch so sehr mahnen:

Tatsache ist, dass es keine gesunde Wirtschaft ohne eine gesunde Bevölkerung gibt. Das bedeutet, dass die wichtigen Eingrenzungsmaßnahmen fortgesetzt und der Schwerpunkt auf Ausgaben für den Gesundheitssektor gelegt werden müssen. Das bedeutet auch, dass es keine Exportbeschränkungen für Nahrungsmittel und medizinische Güter geben darf. (…) Tatsächlich ist der Kampf gegen den Virus überall für jeden wichtig. ("Anyone’s fight against the virus is everyone’s fight.") Mehr denn je brauchen wir globale Solidarität, eine gemeinsame Entschlossenheit und koordinierte internationale Anstrengungen.

Kristalina Georgieva, IWF-Direktorin

Belehrungen aus Deutschland

Auch hierzulande mag man nicht auf die besonnenen Stimmen hören, sondern beteiligt sich lieber am China-Bashing. Bundesaußenminister Maas spricht zwar gern von internationaler Zusammenarbeit und fordert ein koordiniertes Vorgehen gegen die Pandemie, zugleich blockierte seine Regierung aber den Export bereits bestellter und bezahlter Schutzmasken in die Schweiz.

Mehr noch, sie stellt die EU mitten in dieser existenziellen Krise vor die vielleicht größte Zerreißprobe ihrer Geschichte, indem sie die Zustimmung zu gemeinsamen Eurobonds verweigert, die die Zinslast für die hart getroffenen südeuropäischen EU-Mitglieder verringern würden.

Bei all den Fehlleistungen und dem Zwist im eigenen Lager - die G7-Staaten brachten bei einer gemeinsamen Video-Konferenz nicht einmal eine gemeinsame Erklärung zustande - braucht es dringend ein paar Sündenböcke. Daher kann es sich auch Außenminister Maas, assistiert von den diversen Mainstream-Medien und allerlei Freunden windiger Verschwörungshypothesen, nicht verkneifen, wie Trump mit dem Finger auf China zu zeigen.

Es sei "besorgniserregend", dass im chinesischen Wuhan, dem Epizentrum der Pandemie, die Zahl der Toten nach oben korrigiert werden musste. Der Außenminister sieht darin allen Ernstes ein Zeichen von Intransparenz und meint nebenbei China noch den Ratschlag geben zu müssen, "kulturelle Gewohnheiten" zu ändern. Derlei hört man in Fernost von den Nachfahren der Hunnen-Krieger sicherlich gerne.