Corona-Krise: "Vertrauensplus" für Medien

Mainzer Studie sieht harten Kern der Kritiker am Schwinden. Allerdings zeigt sich ein bedeutender kritischer Kern, wenn es um Einseitigkeit der Medien in der Pandemie-Debatte geht

Das Vertrauen in die Medien ist in der Corona-Zeit gewachsen - zumindest bis Ende 2020. Das hat die Mainzer Langzeitstudie Medienvertrauen bei ihrer Befragung im November und Dezember 2020 ermittelt. Mit der Einschränkung:

Ob es sich hierbei um ein nachhaltiges Vertrauensplus handelt, muss sich erst noch zeigen. Es ist möglich, dass sich die Stimmung in den folgenden Wochen erneut verändert hat, parallel zur wachsenden Unzufriedenheit mit dem politischen Krisenmanagement.

Forschungsergebnisse der Welle 2020, Mainzer Langzeitstudie Medienvertrauen

Die Studie wird in sogenannten Wellen seit 2008 durchgeführt, seit 2015 jährlich. Sie kann daher die Aussagen zum Vertrauen in die Medienberichterstattung und deren Glaubwürdigkeit mit früheren Ergebnissen vergleichen. Bei diesem Vergleich stellt sich heraus, dass die Pandemie-Krise, anders als es vielleicht der ein oder andere subjektive Eindruck suggeriert, zu einem Vertrauensgewinn der etablierten Medien geführt hat.

Ende des Corona-Jahres 2020 habe das Vertrauen der Deutschen in die Medien sogar "seinen bisherigen Höchstwert erreicht", heißt es in der Studie, die vollständig im Heft 3 der Fachzeitschrift Media Perspektiven veröffentlicht ist. Der Link zeigt an, dass die Veröffentlichung Teil der ARD-Werbung Sales&Services GmbH in Frankfurt am Main ist. Federführend für die Studie ist das Institut für Publizistik der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, beteiligt ist auch eine Forschungsgruppe der Universität Düsseldorf. Dazu heißt es:

Die Studie ist wissenschaftlich unabhängig, finanziert aus Forschungsmitteln der beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Die Forschungsgruppe der Universitäten Mainz und Düsseldorf konnte in den vergangenen Jahren zeigen, dass das Vertrauen der Bürger in die etablierten Medien in Deutschland bisher nicht dramatisch erodiert ist - das Gegenteil ist der Fall. Allerdings hat sich ein harter Kern an Kritikern herausgebildet, die den Medien feindselig und ablehnend gegenüberstehen.

Mainzer Langzeitstudie Medienvertrauen 2020, "Medienvertrauen in Krisenzeiten"

Befragt wurden in den letzten beiden Monate des Jahres 2020 "bundesweit 1.207 Bürgerinnen und Bürger ab 18 Jahren in einer repräsentativen Telefonumfrage (Cati) durch das Meinungsforschungsinstitut IFA".

Zum genannten Höchstwert des Medienvertrauens heißt es präziser:

56 Prozent der Befragten stimmten der Aussage zu: "Wenn es um wirklich wichtige Dinge geht - etwa Umweltprobleme, Gesundheitsgefahren, politische Skandale und Krisen - kann man den Medien vertrauen." In den Vorjahren lag dieser Wert zwischen 41 und 44 Prozent, im Jahr 2015 sogar nur bei 28 Prozent. Nur 16 Prozent der Deutschen sagten im Jahr 2020, man könne den Medien "eher nicht" oder "überhaupt nicht" vertrauen, 28 Prozent äußerten sich ambivalent ("teils, teils") - im Vorjahr waren es noch 28 Prozent, die den Medien "eher nicht" oder "überhaupt nicht" vertrauten.

Studie "Medienvertrauen in Krisenzeiten", 2020

Der Trend wird durch andere Antworten auf Fragen, die mit dem Komplex "Medienzynismus in Deutschland" überschrieben sind, bestätigt. Darin spiegelt sich der Anteil des oben genannten "harten Kerns an Kritikern" wider, der "den Medien feindselig und ablehnend" gegenübersteht. Er schwindet über die letzten Jahre.

"Insgesamt bejahten 11 Prozent der Befragten die Aussage, dass die Bevölkerung in Deutschland von den Medien systematisch belogen werde. In den Vorjahren lag die Zustimmung zwischen 13 und 19 Prozent."

"In der aktuellen Umfrage wiesen zudem 66 Prozent den Vorwurf zurück, die Medien berichteten nicht wahrheitsgetreu - dies ist der bisher höchste gemessene Wert in der Langzeitstudie, 2019 widersprachen 58 Prozent der Befragten diesem sogenannten 'Lügenpresse'-Vorwurf."

Im Jahr 2020 stimmten laut Studie nur noch 15 Prozent der Aussage zu: "Die Medien arbeiten mit der Politik Hand in Hand, um die Meinung der Bevölkerung zu manipulieren." 2019 waren es 23 Prozent.

"Insgesamt weisen mehr Menschen als in den vergangenen Jahren Aussagen zurück, die den Medien absichtliche Manipulation vorwerfen."

Dafür schauen die Zustimmungswerte zur Informationsqualität der Medien laut Studie gut aus. Grob gerundet sind fast zwei Drittel der Befragten der Auffassung, dass sie alles in allem mit der Berichterstattung in der Corona-Pandemie zufrieden sind (63 Prozent) oder dass ihnen die Medienberichterstattung dabei hilft zu verstehen, was gerade passiert (65 Prozent).

Beinahe 60 Prozent sind der Auffassung, dass in den Medien viele hilfreiche Informationen vermittelt werden.

Alles gut gelaufen also für die Medien?

Nicht ganz, wenn man sich die nächsten Punkte der Abbildung 4 (S. 5 des PDF) anschaut. Dort zeigt sich eine interessante kritische Menge bei folgenden Punkten:

Die Hälfte stimmt der Aussage zu, dass ihr wichtige Informationen fehlen. Für 26 Prozent trifft das "voll und ganz/eher" zu, für 24 Prozent "teils, teils".

Gekennzeichnet werden diese beiden Bewertungen mit der Farbe hell- und dunkelblau. Der blaue Balken ist auch gegenüber dem türkis gefärbten der größere bei Aussagen, wonach es "wichtige Themen gibt, über die in den Medien zu wenig berichtet" wird, dass "zu viel über Corona berichtet" wird, dass die Medienberichterstattung "in vielerlei Hinsicht übertrieben" ist und dass viele Medienberichte zu Corona "einseitig" sind. Für 31 Prozent trifft das voll und ganz zu, für 24 Prozent teils, teils; nur für 43 Prozent "eher nicht" oder "überhaupt nicht".

Bei den Mediengattungen schnitt das öffentlich-rechtliche Fernsehen am besten ab. Es folgen die Regionalzeitungen, danach die überregionalen Tageszeitungen.

Erklärt man sich das Vertrauens-Plus der etablierten Medien ähnlich, wie man sich das lang anhaltende Umfrage-Plus der Unionsparteien erklärt hat: Weil die Mehrheit in Krisenzeiten sich lieber an Bewährtes hält, dann wäre schon möglich, dass die Vertrauensbasis derzeit nicht mehr dieselbe ist wie zum Zeitpunkt der online-Befragungen der Studie.

"Es sei möglich, dass sich die Stimmung in den darauffolgenden Wochen erneut verändert habe, parallel zur wachsenden Unzufriedenheit mit dem politischen Krisenmanagement", heißt es dazu in der Studie.