Corona-Sanktionen gegen China auf dem Weg?

Republikaner wollen China sanktionieren. Umfrage: Anti-China-Stimmung war noch nie so groß in den USA. Trump erwägt Abbruch der Beziehungen

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Sanktionen sind seit Jahren das außenpolitische Instrument der ersten Wahl der USA. Die Trump-Regierung hat allein letztes Jahr 82 Sanktionen angekündigt - ein bisheriger Rekord - , nicht zuletzt um "Stärke zu zeigen". Und jüngst hat Präsident Trump etwa die Sanktionen gegen Huawei um ein weiteres Jahr verlängert. Bald dürfte die nächste gegen China kommen. Trump stellte am Donnerstag einen "Abbruch der gesamten Beziehungen" mit China in den Raum.

Ein Gesetzesentwurf, den republikanische Senatoren am Dienstag Trump vorgelegt haben, schlägt vor, China für die Covid-19-Pandemie verantwortlich zu machen und mit Sanktionen zu belegen. Im Zentrum des "COVID-19 Accountability Act" steht der Vorwurf, dass China sich weigere, Untersuchungen über die Ursprünge des Coronavirus zuzulassen und volle Rechenschaft über den Ausbruch des Virus abzulegen.

Konkret verlangt der Gesetzesentwurf von Präsident Trump, dass er innerhalb eines Zeitraums von 60 Tagen nach Inkrafttreten des Gesetzes dem Kongress bescheinigen soll, dass die Volksrepublik China mehreren Forderungen nachgekommen ist. Erstens, dass China "vollumfänglich" und "lückenlos" Rechenschaft über jede Untersuchung zum Coronavirus-Ausbruch unter der Leitung der Vereinigten Staaten, ihren Verbündeten oder einer UN-Mitgliedsorganisation (Weltgesundheitsorganisation) abgelegt hat, zweitens, dass China alle potentiell gefährlichen Nassmärkte ("wet markets") geschlossen hat, und drittens, dass alle pro-demokratische Aktivisten Hongkongs, die seit dem Ausbruch festgenommen wurden, freigelassen worden sind.

Ist dies nicht der Fall, soll der Präsident dazu ermächtigt werden, mindestens zwei Sanktionen aus einer Liste von Maßnahmen durchzusetzen: Einfrieren von Vermögenswerten bestimmter chinesischer Beamter, Reiseverbot bzw. Aufhebung des Visums für bestimmte chinesische Beamte, keine Ausstellung von Studentenvisa für chinesische Staatsangehörige sowie eine Einschränkung des Zugangs chinesischer Unternehmen zum Bankensystem und den Kapitalmärkten der USA. Auch Darlehen an chinesische Firmen soll verboten werden.

"Ich bin überzeugt, dass China niemals bei einer ernsthaften Untersuchung kooperieren wird, wenn es nicht dazu gezwungen wird", sagte der republikanischer Sen. Lindsey Graham, der den Entwurf initiierte. Bereits im April hatte Trump-Loyalist Graham verlautbart: "Wenn es nach mir ginge, sollte die ganze Welt China eine Rechnung für die Pandemie schicken."

Die Sanktionen würden so lange in Kraft bleiben, bis der US-Präsident in der Lage ist zu bestätigen, dass China alle Forderungen erfüllt hat. Der nationale Sicherheitsberater der USA, Robert O'Brien, und Larry Kudlow, der nationale Wirtschaftsberater, warnten am Montag vor Investitionen von amerikanischer Pensionsfonds in chinesische Firmen, da "die Möglichkeit künftiger Sanktionen aus den schuldhaften Handlungen der chinesischen Regierung resultieren wird".

Reagiert China wiederum mit Sanktionen?

Der Sprecher des chinesischen Außenministeriums, Zhao Lijian, verurteilte am Mittwoch das Gesetzesvorhaben in einer Pressekonferenz: "Dieser von mehreren US-Gesetzgebern vorgeschlagene Gesetz zeigt keinen Respekt vor den Fakten. Indem es auf Untersuchungen drängt, die auf einer Schuldvermutung beruhen, wollen die USA sich der Verantwortung für ihre faule Reaktion entziehen. Dies ist höchst unmoralisch. Wir sind entschieden dagegen."

"China hat ein Gesetz verabschiedet, das die illegale Jagd, den Handel, den Transport und den Konsum von Wildtieren verbietet. Es gibt in China keine so genannten 'Nassmärkte für Wildtiere'. Was man findet, sind Bauernmärkte und Märkte für lebendes Geflügel und Meeresfrüchte. Solche Märkte gibt es nicht nur in China, sondern sie sind auch in vielen anderen Ländern alltägliche Anblicke. Es gibt kein internationales Gesetz, das ihren Betrieb einschränkt."

"Lügen sind Lügen, egal wie oft sie wiederholt werden. Wir fordern die US-Politiker auf, mit den Tricks aufzuhören und ihr eigenes Gesicht zu wahren", sagte Zhao und wiederholte, China sei im Kampf gegen die COVID-19-Pandemie immer transparent gewesen und habe eng mit der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zusammengearbeitet. Die Welt habe Chinas verdienstvollen Beitrag zur Eindämmung der globalen Pandemie gesehen. Zhao forderte zudem die US-Regierung auf, sich auf den Schutz der eigenen Bürger zu konzentrieren und mehr zur globalen Zusammenarbeit bei der Bekämpfung des Virus beizutragen.

In der chinesischen Tageszeitung Global Times heißt es, China könnte als Vergeltung für die wegen der Coronavirus-Pandemie eingereichten Klagen gegen Peking wiederum Sanktionen gegen US-Bürger, Unternehmen und Staatsbeamte verhängen. China werde nicht nur symbolisch zurückschlagen, sondern gegen die USA Maßnahmen ergreifen, die den Schmerz spüren lassen, sollen "Quellen, die der Angelegenheit nahe stehen", der Global Times gesagt haben. Mindestens vier amerikanische Gesetzgeber und zwei US-Firmen sollen sich auf der chinesischen Sanktionsliste befinden.

Einem Bericht der Global Times zufolge könnten außerdem China und Russland im UN-Sicherheitsrat eine internationale Untersuchung aller P3- und P4-Labors weltweit einleiten, einschließlich der amerikanischen. Auf einer Pressekonferenz im Anschluss an ein Online-Treffen der Außenminister der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ) sagte der russische Außenminister Sergei Lawrow, dass Russland wiederholt die Aufmerksamkeit auf den Bau und die Entwicklung biologischer Laboratorien auf der ganzen Welt gelenkt habe, von denen die meisten unter der Schirmherrschaft des Pentagon arbeiten. "Die amerikanischen Laboratorien stehen entlang der Grenzen der Russischen Föderation und nahe der Grenzen der Volksrepublik China", berichtet die Xinhua News Agency.

Lawrow sagte der TASS: "Die mangelnde Bereitschaft Washingtons, die Idee eines Protokolls zum Übereinkommen über das Verbot der Entwicklung, Herstellung und Lagerung von bakteriologischen (biologischen) und Toxinwaffen zur Schaffung eines Überprüfungsmechanismus zu unterstützen, lässt die Frage aufkommen, welche Ziele die USA mit ihrem Biolaboren im Ausland erreichen wollen."

Die USA betreiben laut Armswatch in 25 Ländern Bio-Waffen-Labore. Diese werden von der Defense Threat Reduction Agency (DTRA) im Rahmen eines militärischen Programms in Höhe von 2,1 Milliarden Dollar finanziert - Cooperative Biological Engagement Program (CBEP) - und befinden sich in Ländern wie Georgien und der Ukraine, dem Nahen Osten, Südostasien und Afrika. In den USA selbst befinden sich 13 Biolabore der Sicherheitsstufe 4 im Betrieb oder sind in Planung.

Anti-China Stimmung parteiübergreifend

Dass in den USA der Gesetzesentwurf der Republikaner realisiert wird, hat derzeit gute Chancen. Bereits Ende letzten Jahres waren Sanktionen gegen China wegen der Proteste in Hongkong und gegen Huawei parteiübergreifend beschlossen worden. Neben Außenminister Mike Pompeo verstärkte auch die demokratische Sprecherin des Repräsentantenhauses Nancy Pelosi öfter die Spionagevorwürfe gegen Huawei.

Zudem ist damit zu rechnen, dass kritische Stimmen schnell als Sympathisanten der chinesischen Regierung verunglimpft werden können, wie es ein Strategiepapier der Republikaner für den Wahlkampf empfiehlt (vgl. US-Wahlkampf: Anti-China-Handbuch aufgetaucht). Mit Gegenwind dürfte daher kaum zu rechnen sein.

Ohnehin scheint die Haltung der US-Bürger immer china-feindlicher zu werden. Das fand das Pew Research Center in einer Umfrage, die vom 3. bis 29. März 2020 unter 1.000 Erwachsenen in den USA durchgeführt wurde, heraus. Demnach gaben 66 Prozent der Befragten an, dass sie eine ablehnende Haltung gegenüber China haben, die negativste Bewertung für das Land seit 2005, wie das Institut schreibt.

Zu Beginn der Amtszeit Trumps lag der Wert noch bei 47 Prozent, 2005 bei 35. Wirtschaftliche Faktoren, wie der Verlust von Arbeitsplätzen an China und das Handelsdefizit, blieben die Hauptsorgen der amerikanischen Öffentlichkeit. Republikaner seien gegenüber China tendenziell negativer eingestellt als Demokraten, doch insgesamt habe die negative Einstellung bei beiden Parteien zugenommen. 56 Prozent bei Republikanern bzw. 41 Prozent bei Demokraten vor drei Jahren, nun 72 Prozent bzw. 62 Prozent.

Etwa neun von zehn erwachsenen US-Amerikanern sehen Chinas Macht und Einfluss als Bedrohung an - darunter 62%, die dies als eine große Bedrohung bezeichnen. Die Amerikaner glauben auch mit überwältigender Mehrheit, dass ihr Land militärisch an der Spitze der Welt steht und dass die Welt mit der Führung der USA besser dran ist als mit der Chinas, so das Ergebnis.

Doch auch andere Themen - darunter die chinesische Menschenrechtspolitik und die Umweltzerstörung - würden die amerikanischen Bürger beunruhigen. 61 Prozent der Befragten gaben an, dass Chinas ökologischer Fußabdruck ein sehr ernstes Problem für die USA darstelle. Zwar stößt China etwa 30% der weltweiten Gesamtmenge an Kohlendioxid aus, doch verglichen mit den USA werden pro Kopf weit weniger Treibhausgase produziert.

Die Amerikaner sehen in ähnlicher Weise Cyberangriffen aus China mit Sorge. Eine Mehrheit von 57% sagte, dass dies für die USA ein sehr ernstes Problem darstelle.

Laut New York Times bereiten das FBI und das Department of Homeland Security eine Warnung für die Öffentlichkeit vor, in der es heißt, dass China versuche "wertvolles geistiges Eigentum und Daten zur öffentlichen Gesundheit durch illegale Mittel im Zusammenhang mit Impfstoffen, Behandlungen und Tests zu erlangen". Gefahr bestehe durch Cyberangriffe und Aktionen "nicht-traditioneller Akteure", ein Euphemismus für Forscher und Studenten, die laut der Trump-Regierung aktiviert werden, um Daten aus akademischen und privaten Labors zu stehlen.

"Chinas Anstrengungen, diesen Sektor anzugreifen, sind eine bedeutende Gefahr für die Antwort unserer Nation auf Covid-19", hieß es in der Erklärung. Allen an der Corona-Impfung Forschenden müsse klar sein, dass sie unbedingt ihre Systeme schützen müssen.

Abbruch der Beziehungen?

Neben Spionage-Vorwürfen dürften Corona-Sanktionen die Beziehungen der beiden Länder noch weiter verschlechtern. Beim Sender Fox News sagte Trump, er sei sehr enttäuscht, dass China das Coronavirus nicht eingedämmt habe, und lobte sich selbst: "Es gibt nichts Gutes daran, was mit der Pandemie passiert ist, OK? Vor allem der Tod. Aber die eine Sache, die sie gezeigt hat, ist, dass Trump Recht hatte."

Zu den wirtschaftlichen Konsequenzen sagte Trump zu Maria Bartiromo, der Moderatorin von Fox Business: "Diese dummen Lieferketten, die es überall auf der Welt gibt, wo man eine Lieferkette hat, in der alles in verschiedenen Teilen der Welt hergestellt wird, und wenn ein kleiner Teil der Welt ausfällt, dann ist die ganze Sache im Eimer. Ich sagte: Wir sollten keine Lieferketten haben. Wir sollten sie alle in den Vereinigten Staaten haben."

Trump sagte, dass die Beziehung mit China beendet werden könnten. "Nun, wenn wir das täten, was würde dann geschehen?", fragte Trump. "Wir würden 500 Milliarden Dollar sparen, wenn wir die ganze Beziehung abbrechen würden."

Im Jahr 2019 lag der Gesamtwert des US-Warenhandels mit China bei 560 Milliarden US-Dollar, wovon rund 107 Milliarden US-Dollar auf den Export und rund 453 Milliarden US-Dollar auf den Import von Waren aus China entfielen.