Corona: Zwei Jahre bis zur Normalisierung?

Grafik: TP

Martin Terhardt von der Ständigen Impfkommission des Robert-Koch-Instituts schätzt, dass es auch nach der Zulassung von Impfstoffen noch lange Maskenpflichten und Kontaktbeschränkungen geben wird

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Der Münchner Kinder- und Jugendmediziner Martin Terhardt ist Mitglied der Ständigen Impfkommission des Robert-Koch-Instituts. Er sagte der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (FAS), dass der Corona-Ausnahmezustand mit Maskenpflichten und Kontaktbeschränkungen noch bis zu zwei Jahre dauern könne.

164 Millionen Dosen

Ein wichtiger Grund dafür ist seinen Angaben nach, dass es Zeit braucht, bis ausreichend Serum zur Verfügung steht und verabreicht werden kann. Auch deshalb, weil "die meisten Impfstoffe, die im Moment in der Entwicklung sind, zwei Dosen brauchen, damit sie wirken", wie Terhardts Mainzer Kollege Fred Zepp ausführt. In Deutschland wären deshalb etwa 164 Millionen Dosen nötig, um alle Einwohner zu impfen. Selbst dann, wenn man sich mit einer "Herdenimmunität" mit zwei Drittel Immunen zufriedengibt, wären es immer noch fast 110 Millionen, für die man Terhardts Rechnung nach acht Monate lang impfen müsste.

In der Politik wird eine so lange Dauer des Nichtnormalzustandes bislang nicht kommuniziert. Oder zumindest nicht deutlich. Der britische Premierminister Boris Johnson meinte gestern beispielsweise, es werde "bis Weihnachten weiterhin unruhig sein" - und "vielleicht sogar darüber hinaus". Damit reagierte er auf eine Verdoppelung der positiv ausgefallenen Sars-CoV-2-Tests von 6.968 auf 12.872 zwischen Freitag und Samstag. Diesen Sprung erklärte Johnson mit nachgereichten Positivmeldungen aus dem Zeitraum zwischen dem 24. September und dem 1. Oktober, die wegen einer technischen Panne steckengeblieben seien.

Als werbewirksam geltende Politikergewohnheiten

Johnson selbst hatte sich - wie eine ganze Reihe anderer bekannter Politiker - selbst mit Sars-CoV-2 infiziert und war in Folge dieser Ansteckung an Covid-19 erkrankt. Die (zumindest gefühlte) Häufung von Infektionen in dieser Berufsgruppe könnte, damit zu tun haben, dass es für Politiker mehr Medienaufmerksamkeit gibt als für weniger im Licht der Öffentlichkeit stehende Gewerbe. Eine andere Erklärung wäre, dass Politiker sehr viel reisen und als werbewirksam geltende Gewohnheiten wie unhygienischen engen Körperkontakt nicht so schnell ablegen.

In jedem Fall begab sich nun auch die deutsche EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, die mit der britischen Staatsführung gerade über ein Partnerschaftsabkommen nach dem Ablauf der Ausstiegsübergangsperiode verhandelt, in "Selbstisolation", weil man sie ihren eigenen Angaben nach darüber "informierte", dass sie "am letzten Dienstag an einem Treffen teilnahm, welches von einer Person besucht wurde, die gestern positiv auf Covid-19 getestet wurde" (sic). Getestet wird allerdings auf das Sars-CoV-2-Virus und nicht auf die Lungenkrankheit Covid-19, die man stattdessen anhand ihrer Symptome diagnostiziert. Am Donnerstag, so von der Leyen, sei sie "negativ getestet worden". Nun will die mehrfache ehemalige Bundesministerin und enge Angela-Merkel-Vertraute das Ergebnis eines weiteren Tests abwarten.

Italienischer Gesundheitsminister will Notstand bis zum 31. Januar verlängert haben

Auch in Italien steigt die Zahl des Sars-CoV-2-Positivtests wieder - wenn auch mit gestern 2.578 neu Hinzugekommenen bei weitem nicht so stark wie im Vereinigten Königreich. Die Regierung des EU-Mitgliedslandes denkt deshalb darüber nach, das Tragen einer Mund-Nasen-Schutz-Maske nicht nur in bestimmten geschlossenen Räumen, sondern auch auf Straßen und öffentlichen Plätzen zur Pflicht zu machen. Medienberichten nach könnte eine entsprechende Anordnung bereits am Mittwoch in Kraft treten. Dem Corriere della Sera zufolge will der italienische Gesundheitsminister Roberto Speranza dem Parlament darüber hinaus die Verlängerung des eigentlich am 15. Oktober auslaufenden Notstandes bis zum 31. Januar 2021 empfehlen.

Die neuseeländische Regierung will dagegen die am 12. August erneut verhängten Anti-Corona-Maßnahmen für die Metropole Auckland nach zehn aufeinanderfolgenden Tagen ohne Sars-CoV-2-Positivtests am Mittwoch wieder aufheben. Unter ihrer Geltung sind Zusammenkünfte von mehr als 100 Menschen untersagt und in öffentlichen Verkehrsmitteln muss ein Mund-Nasen-Schutz getragen werden. Die neuseeländische Premierministerin Jacinda Ardern hätte es aber trotzdem gern, wenn die Aucklander weiter Masken tragen und größere Veranstaltungen meiden. Sie mahnt in diesem Zusammenhang vor einer "Wiederkehr der Bequemlichkeit".

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