Costa Rica: Eine Oase für Online-Spieler

In der "Schweiz" Mittelamerikas lassen sich immer mehr Online-Casinos nieder

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Kaffee, Bananen und ökologischer Tourismus, das sind die Dinge, die man normalerweise mit Costa Rica verbindet. Virtuelle Casinos und Internet-Wettseiten gehörten bisher noch nicht dazu, aber das könnte sich schnell ändern, denn immer mehr Unternehmen aus dieser Branche lassen sich in der ‚Schweiz' Mittelamerikas nieder.

Von den rund 700 Online-Casinos und Wettseiten, die es momentan weltweit im Internet gibt, haben nach Auskunft von Branchenkennern etwa 130 ihren Sitz in der costarikanischen Hauptstadt San José. Ein weiteres großes Unternehmen - Gocasino - hat angekündigt, seine Aktivitäten auch nach Costa Rica zu verlegen.

‚Internet-Gaming' (I-Gaming) ist ein boomender Sektor im weltweiten Netz. Schon ein Jahr nachdem 1997 Casinos und Wettseiten zum erstenmal online gegangen waren, hatte der Markt, einer vielzitierten Studie von Sebastian Sinclair von Christiansen/ Cummings zufolge, einen Wert von $ 651 Millionen erreicht, während die Anzahl der Spieler zwischen 1997 und 1998 von 6,9 auf 14,5 Millionen gestiegen war. Die Studie sagt für das Jahr 2001 43 Millionen Spieler und einen Umsatz von $ 2,3 Milliarden voraus. Aber selbst diese Schätzungen werden von vielen Analysten für konservativ gehalten. Nach Aussage von Jason Adler, I-Gaming-Analyst bei BearSterns, verdiente ein I-Gaming-Unternehmen, das sich auf den Cook-Islands niedergelassen hatte, in seinen ersten vier Tagen online vier Millionen US-Dollar.

Die I-Gaming-Firmen betreiben ihr Business in Costa Rica oder anderen ‚exotischen' Ländern, weil dort, wo ihr größter Kundenstamm sitzt - in den USA - I-Gaming verboten ist. Die Unternehmen operieren von Antigua, Dominica oder Aruba aus. In Asien befindet sich der zweite große Standort für diese Firmen. Aber immer mehr Unternehmen kommen nach Costa Rica, denn dort bieten die Infrastruktur und das vorhandene Humankapital bessere Voraussetzungen, wie Greg Champion, CEO bei einer der größten Firmen - NASA Sports - versichert: "Wir starteten unser Geschäft in Aruba, aber sie hatten bald nicht mehr genug Telefonlinien für uns. Und auch qualifizierte Angestellte und Büroraum waren nicht mehr ausreichend vorhanden. Wir testeten dann verschiedene Orte in der Karibik, aber nirgendwo gab es so gute Voraussetzungen und so viel bilinguales Personal wie in Costa Rica."

NASA Sports (350 Angestellte), ansässig auf 30.000 qm Büroraum in einer riesigen Shopping-Mall, hat seinen Gewinn letztes Jahr verdoppelt und sucht schon wieder neuen Büroraum. Für ihre vielen hunderttausend Kunden gibt es die NASA-Website in 10 Sprachen, u.a. auf Spanisch, Deutsch und Japanisch. An Seiten auf Mandarin und Kantonesisch wird gearbeitet.

Die Firma sponsort auch eine Website, wo man nicht nur auf alle großen Sportereignisse (Superbowl, Formel 1, NCAA-Meisterschaft usw.) wetten kann, sondern einfach auf alles, auf das es sich zu wetten lohnt: Von der Oscar-Verleihung über die US-Präsidentschaftswahlen bis zur möglichen neuen Freundin von Ricky Martin.

Jobs bei diesen Unternehmen sind begehrt. Denn die rund $ 695, die zum Beispiel die meisten Angestellten monatlich bei NASA Sports verdienen, liegen um das doppelte höher als der ‚normale' Verdienst eines Hochschulabsolventen. Aber auch schon viele Studierende jobben neben ihrem Studium in diesen Firmen. Ein Sozialversicherung oder sonstige Unternehmensleistungen gibt es allerdings für die Angestellten nicht, denn der I-Gaming-Sektor ist in Costa Rica bisher gänzlich unreguliert. Das führt auch dazu, dass schwarze Schafe in der Branche die Gewinne nicht auszahlen oder dies in Costa Rica tun, was nicht erlaubt ist. Denn die Unternehmen sind als normale Datenverarbeitungsunternehmen in Costa Rica registriert und zahlen deswegen geringe Steuern. Wetten müssen in Drittländern (z.B. Bahamas), in denen Glücksspiel nicht steuerpflichtig ist, beendet, also ausgezahlt bzw. eingetrieben, werden. Auch Wetten von Personen, die einen costaricanischen Internet-Provider benutzen, dürfen nicht akzeptiert werden.

Aber Costa Ricas gesetzliche Regelung über das Glücksspiel stammt aus dem Jahre 1922, und der einzige gesetzliche Kommentar zum Internet besteht aus einem zweizeiligen Absatz im neuen Arbeitsgesetz (1998). Nicht genug, um einen solchen Sektor zu regeln. Verschiedene Verfahren wurden - vor allem von Gewerkschaftsseite - gegen Unternehmen der Branche eingeleitet, bisher ohne Folgen. Denn auch die Regierung ignoriert das Thema und ist der Meinung, dass alles, was nicht als illegal gilt, legal ist.

Aber auch wenn das Internet-Glücksspiel in Costa Rica verboten werden sollte, wird die Branche weiterwachsen. Denn Spielen liegt in der Natur des Menschen. Schon die alten Römer wussten das: "Panem et circensis" (Brot und Spiele) braucht der Mensch. Eine Regulierung wäre von daher der vernünftigere Weg.