DNA-Datenbank für gefährdete Arten

Wenigstens eine virtuelle Arche Noah für unsere Nachfahren

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Die Welt wird ärmer. Jede Woche verschwinden in einem der größten Massenaussterben wahrscheinlich Hunderte von Arten unwiederbringlich von der Erde. Eine internationale Gruppe von Wissenschaftlern schlägt daher vor, ein weltweites Netzwerk von Datenbanken aufzubauen, um die DNA von gefährdeten Arten zu erhalten.

Wenn man schon nichts gegen die Zerstörung des natürlichen Lebensraums machen kann oder will, so ist die Technik allemal gut, die Verluste zu kompensieren. Die Kapazität von Zoologischen oder Botanischen Gärten reicht in keiner Weise aus, um das Überleben von gefährdeten Arten zu gewährleisten, zumal deren Zahl kontinuierlich anwächst. Billiger und praktikabler wäre daher in der Tat die Initiative, koordiniert und weltweit zu versuchen, "für jede gefährdete Tierart DNA-Proben oder gefrorene Zellen oder Gewebe zu speichern, die DNA enthalten". Sonst, so sagen die Wissenschaftler, "bleibt unseren Nachfahren kaum mehr als kurze Beschreibungen in wissenschaftlichen Veröffentlichungen und Ausstellungsstücke in Museen."

Oliver Ryder von der Zoological Society of San Diego, die im Mai eine große Konferenz über das Thema vorbereitet, hat als Co-Autor den Plan in einem Science-Artikel "DNA Banks for Endangered Animal Species" vorgestellt und glaubt, dass dieses Projekt auch dazu dienen könne, die Möglichkeiten der Genanalyse in Zukunft nutzen zu können, um das Aussterben von Arten verhindern zu können. Genetische Analysen könnten Möglichkeiten der Behandlung von gefährdeten Arten eröffnen und liefern Informationen über die Evolution oder die Gefährdung durch Krankheiten oder Inzucht. Und natürlich könnte man auch, wenn man auf der einen Seite zum Untergang der Artenvielfalt beiträgt, auf deren Seite gleichzeitig fortschrittlich Klontechniken einsetzen, um ausgestorbene Arten wieder zu beleben.

"In absehbarer Zukunft wird die DNA-Sequenzierung voll automatisiert sein, und unsere nachfahren werden schnell die Sequenz von jedem Organismus erhalten können, dessen genetische Daten angemessen gesammelt und aufbewahrt wurden", schreiben die Wissenschaftler in dem Science-Artikel. "Wenn genügend viele Genome verfügbar sind, dann können sie nicht nur rekonstruieren, wie der Organismus ausgeschaut hat, sondern auch, welche evolutionären Verwandtschaftsverhältnisse er hatte, wie bestimmte Gene entstanden sind, die Proteine für bestimmte Aufgaben codieren, und wie ein kontrolliertes Programmieren sich entwickelt hat."

Tiefgekühlt könne man Zellen oder Gewebe lagern, gereinigte DNA sogar bei Zimmertemperatur über Hunderttausende von Jahren. Zunächst aber soll erst einmal im Internet eine Liste der bereits bestehenden Datenbanken aufgebaut werden. Angesteuert werden soll das Ziel, die DNA von mindestens 5200 Arten zu sammeln.

Will man natürlich die Arten lebendig erhalten, reicht die Sammlung der DNA nicht aus. Es müssten die Lebensräume geschützt werden, die auch dann vorhanden sein müssten, wenn man tatsächlich ausgestorbene Arten wieder zum Leben erwecken will und diese nicht nur in Zoos leben sollen, wobei dies extrem kostspielig sein würde. Eine virtuelle Arche Noah in Form von Datenbanken mit den sequenzierten Genomen wird wohl die "ökologische" Nische für viele aussterbenden Arten werden, während ungezählte einfach aus dem Gedächtnis der Erde verschwinden werden. Übrigens gelten auch 30000 Pflanzenarten als bedroht.

Nach einer in Science (27 March 1998, Vol. 279, 5359) veröffentlichten Umfrage würden auch die von Naturschutzorganisationen geforderten 10 Prozent des Territoriums eines jeden Staates nicht ausreichen, um ein Massenaussterben zu verhindern. Doch selbst diesen zehn Prozent stimmten bislang nur 20 Nationen zu, von denen nur fünf in den Tropen, also dort liegen, wo es die größte Artenvielfalt gibt. Mindestens 33 Prozent eines Landes müssten nach Ansicht der Wissenschaftler unter strengen Naturschutz gestellt werden, wobei dann natürlich noch die Frage ist, welche Landstriche dies sein sollten, wobei sich etwa auch zwischen Nischen mit hoher Artenvielfalt und solchen mit seltenen Tieren entscheiden müsste.