Das Elektroauto rollt mit Michelin und Valeo

Der Elektromotor versteckt sich im Rad und schickt traditionelle Autotechnik zum Schrott - mit Mitteln aus Sarkozys "pact automobile"

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Wozu braucht es noch Schaltgetriebe, Kardanwelle und konventionelle Stoßdämpfer? Wenn es nach den Plänen von Reifenhersteller Michelin und dem französischen Autozulieferer Valeo geht, sollen sie lieber früher als später der Vergangenheit angehören. Wie fast alle Firmen in dieser Branche haben sie gute Gründe, sich etwas Neues einfallen zu lassen.

Sie gehören mit zu den Verlierern der Wirtschaftskrise, wie ihre letzte Woche veröffentlichten Ergebnisse ausweisen. Zugleich dürften die beiden führenden französischen Zulieferer auf großzügige Zuwendungen der Regierung Sarkozy hoffen. Für einen "pact automobile" stellte Sarkozy der französischen Autoindustrie ein sattes Rettungspaket in Höhe von 7,8 Milliarden Euro in Aussicht, erwartet dafür allerdings in der EU umstrittene Gegenleistungen, zu denen der Erhalt von französischen Fabriken und Arbeitsplätzen gehören.

Die US-Autokonzerne argumentieren zunehmend mit ihrem Engagement für Elektro- und Hybridfahrzeuge, um an staatliche Gelder zu kommen. Es kann daher auch für Michelin und Valeo nicht von Nachteil sein, wenn sie auf anstehende technische Innovationen für den Automobilbau verweisen, zu denen sie als französische Anbieter unbedingt beitragen wollen. Fast zeitgleich mit den schlechten Ergebnissen verkündeten sie daher eine Partnerschaft für das Elektroauto und schielten dabei ganz offensichtlich auf Sarkozys milliardenschweren französischen Automobilpakt.

Die beiden Firmen wollen "zusammenarbeiten, um die Elektro- und Hybridfahrzeuge voranzubringen". Es gehe um eine intensive Zusammenarbeit in "Entwicklung, Fertigung und Vertrieb von Systemen für elektrische und nachladbare Hybridfahrzeuge", speziell die koordinierte Entwicklung von Antriebsstrang, Kühlung von Motor und Akku, Klimakontrolle, Beleuchtung, Energiemanagement und Reifen.

Active Wheel. Bild: Michelin

Eine Schlüsselrolle ist dabei in der Technologie von Michelins Active Wheel zu vermuten, das ähnlich revolutionär sein soll wie die Idee der Firmengründer André und Edouard Michelin im Jahr 1895, das hölzerne Wagenrad mit einem Reifen zu versehen. Michelin entwickelt daran seit Jahren und stellte beim Pariser Autosalon 2008 bereits zwei Fahrzeuge vor, um zu zeigen, wie das "neu erfundene Rad" in eine ganz neue Ära führen soll – ohne Motor unter der Motorhaube

In den aktiven Rädern wirken jeweils zwei Elektromotoren. Der eine sorgt für den Vortrieb, der andere für eine aktive Federung. Michelin zufolge wird die integrierte Lösung Motor, herkömmliche Federung, Schaltung und Antriebswelle komplett überflüssig machen, da alle wesentlichen Komponenten bereits im Rad enthalten sind. Michelin Active Wheel sei als intelligentes Rad zu sehen, das benzinfreie Fahrzeuge bewegt, während es zugleich für Federung und Bremsfunktionen in Verbindung mit unvergleichlicher Straßenlage und Komfort sorgt.

Anzapfen von Rettungspaketen oder echte Innovationen in Sicht? Wie die beiden Partnerfirmen erklären, wollen sie "ihre Unterstützung zeigen für die ihm Rahmen des „pacte automobile“ angestoßenen Regierungsinitiativen mit der Absicht, in Frankreich ein Technologiesegment für Hybrid- und Elektrofahrzeuge entstehen zu lassen".