Das Ende des billigen Schweineschnitzels?

Bild: Pixabay License

Viele deutschen Schweinehalter haben Existenzängste und hoffen auf eine "Abwrackprämie"

Während in Südostasien die Fleischpreise explodieren und der Staat gefordert ist, die Versorgung der Bevölkerung mit Schweine- und Hühnerfleisch durch Subventionen und von der Regierung organisierte Importe sicherzustellen, kämpfen die deutschen Landwirte eher mit dem geradezu entgegengesetzten Problem.

Die Schweinepreise sind so stark verfallen, dass die Ferkelaufzucht und die Schweinemast nicht mehr kostendeckend sind. Viele Landwirte stehen inzwischen vor der Betriebsaufgabe. Über Jahre ging der Trend zu immer größeren Einheiten und jetzt stockt der Absatz.

Der deutsche Markt nimmt nur bestimmte Teile vom Schwein auf, das Schwein liefert jedoch mehr als Schnitzel und Schinken. Füße, Ohren und Schnauzen finden hierzulande keinen Absatz und wurden in der Vergangenheit nach Fernost verkauft. Die afrikanische Schweinepest hat die Exportmöglichkeiten für deutsche Schweineteile reduziert. China hat den Import gestoppt.

Kein Zukunftspotenzial

Dazu kam dann noch die Tatsache, dass durch Corona die Schlachtkapazitäten reduziert wurden. Dies führte dazu, dass Landwirte ihre Schweine nicht mehr verkaufen konnten und Futterkosten hatten, die nicht mehr gedeckt werden konnten. Die Landwirte klagten immer häufiger, dass ihnen die Luft ausgehe.

Dass die heutige Schweinehaltung kein Zukunftspotenzial hat, wurde auch einer breiteren Öffentlichkeit schlagartig bekannt, als eine Ferkelzucht in Alt-Tellin abbrannte und über 55.000 Schweine verbrannten. Die LFD Holding gilt als größtes deutsches Ferkelzuchtunternehmen, war eine Gründung des Niederländers Adrianus Gerardus Maria Straathof, der in Deutschland seit 2019 Berufsverbot hat.

Sie gehört inzwischen der in der Schweiz ansässigen Terra Grundwerte AG. Der Betreiber trägt sich mittlerweile mit dem Gedanken, künftig weniger Ferkel zu züchten.

Einstieg in den Ausstieg der Massenproduktion

Der Versuch der Schwarz-Gruppe (Lidl und Kaufland) zu Beginn des Jahres 2021 die Fleischpreise anzuheben, ist nach nur zwei Monaten gescheitert, weil die Kunden dann zu anderen Discountern gewandert sind, die weiterhin billiges Fleisch anboten. Inzwischen haben jedoch Aldi Nord und Aldi Süd damit begonnen, ihr Sortiment bis 2030 auf die Tierwohl-Haltungsklassen 3 und 4 umzustellen.

Laut GfK haben die beiden Aldi-Discounter in Deutschland bei Frischfleisch einen Marktanteil von 24 Prozent. Es ist davon auszugehen, dass Rewe mit Penny und Edeka mit Netto nachziehen. Die Initiative Tierwohl, ein Branchenbündnis aus Landwirtschaft, Fleischwirtschaft und Lebensmitteleinzelhandel - und dort vor allem die von vier großen Lebensmitteleinzelhandelsunternehmen Edeka, Rewe, Aldi und Schwarz-Gruppe getragene Aktivität -, kann, nachdem das Bundeskartellamt seine Zustimmung gegeben hat, mit der Umsetzung dieses Plans beginnen.

Mit der Ankündigung der beiden Aldi-Gruppen kam jetzt Bewegung in die Umsetzung der Forderung nach einer Abkehr vom Billigfleischangebot. Dass eine Änderung der Haltungsbedingungen mit weniger Tieren auf der verfügbaren Fläche nicht nur das Tierwohl verbessern, sondern auch die Erlössituation der Schweinehalter deutlich ändern muss, versteht sich von selbst. An der Finanzierung dürfte die Umstellung wohl kaum scheitern.

Viel wichtiger ist die Perspektive, die sich für die Schweinehalter ergibt. Der Umbau der Ställe scheitert oft an den für Tierwohlställe benötigten Baugenehmigungen. Denn hier besteht ein Zielkonflikt zwischen Emissionsschutz und Tierschutz. Aus Offenställen entweichen zum Beispiel Methan und Ammoniak. Im Sinne des Emissionsschutzes und für die Luftreinhaltung ist deshalb ein geschlossener Stall mit Abluftfiltern besser. Fürs Tierwohl dagegen ist die Offenstallhaltung besser.

Ausstieg aus der industriellen Schweinehaltung

Dass die Umstellung des Scheinefleischangebots auf bessere Haltungsformen erst bis zum Ende des Jahrzehnts angestrebt wird, mag mancher engagierte Tierschützer jetzt bedauern, hängt aber nicht zuletzt damit zusammen, dass es derzeit einfach nicht genug Schweinefleisch der Klassen 3 und 4 gibt und die Umstellung Zeit und Geld benötigt. Die Schweinemastbetriebe, die die Klassen 3 und 4 liefern wollen, müssen ihre Bestände deutlich verkleinern und dann ihr Auskommen mit weniger Stück haben.

Bei der Umstellung soll der Steuerzahler helfen. Die Agrarwirtschaft denkt hier an eine Stilllegungsprämie, so wie sie in der Energiewirtschaft inzwischen üblich ist. Auch die LFD Holding, der größte Sauenhalter in Deutschland, zeigt sich offen für Stilllegungsprämien und damit einher gehende Kapazitätsreduzierungen, wenn diese von der Politik wirtschaftlich unterstützt würden.

Eine Umstellung der deutschen Landwirtschaft weg von der Schweinezucht und -mast und dem dafür benötigten Futter hin zu Erzeugnissen wie Kichererbsen stößt inzwischen auch bei den Bauernverbänden, die das wirtschaftliche Dilemma ihrer Mitglieder sehen, auf zunehmende Akzeptanz.

Mit der "Abwrackprämie" könnte man sich allerdings das Problem einhandeln, dass künftig mehr Billigfleisch aus Polen oder Rumänien auf den deutschen Markt drängt. Die könnte man nur dann verhindern, wenn auch für verarbeitete Produkte wie Wurst und Fertiggerichte künftig das Tierwohllabel oder eine vergleichbare Kennzeichnung Anwendung fände.

Sonst wird sich das Problem wiederholen, das bei Eiern entstanden ist. Der Kunde hat den Kauf von "Käfig-Eiern" verweigert, weil die entsprechend gekennzeichnet waren, kann jedoch nicht erkennen, wenn derartige Eier in Teigwaren oder Fertiggerichten enthalten sind.