Das digitale Ersatzägypten

The Mummy 2 spart nicht mit Spezialeffekten

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Wer diesen Sommer in der Kinoschlange steht, könnte sich fragen, wonach Erfolg in Hollywood gemessen wird. Den Stempel der Zufriedenheit seitens der Filmstudios bekommt sicherlich jeder Film, von dem eine Fortsetzung gedreht wird. Und davon erwarten uns dieses Jahr einige Exemplare wie "Rush Hour 2" und "Dr.Dolittle 2". Da mag es fast verwundern, dass 21 Jahre nach dem ersten Teil von "Indiana Jones" niemand dafür Zeit findet, diese Trilogie nach dem dritten und leider auch bisher letzten Kreuzzug (1988) weiter fortzusetzen. Inzwischen bedienen sich die Ahnen von Spielberg & Lucas am Erbe des Abenteuerfilms und im Falle von der "Rückkehr der Mumie" gar nicht mal schlecht.

Still aus "Die Rückkehr der Mumie"

Würden Zahlen allein schon etwas über einen guten Blockbuster-Film aussagen, hätte der auf dem Karl-Freund-Klassiker von 1932 (mit Boris Karloff) beruhende Streifen wahrlich gute Karten. Allein der zuerst eher unterschätzte erste Teil spielte weltweit bisher 413 Millionen Dollar ein und nun startete der zweite Teil mit 5500 Kopien in 3401 Kinos und einem unglaublichen Eröffnungswochenende mit Einnahmen von mehr als 70 Millionen Dollar, nur um am folgenden Wochenende schon bei 116 Millionen Dollar zu liegen. Regisseur Stephen Sommers, der als eigene Idole die illustre Gruppe aus Errol Flynn, Bing Crosby, Ray Harryhausen und Bob Hope angibt, setzt in Bezug auf Tempo und Eindrücken noch mal einen drauf. Wie schon im ersten Teil basiert dabei der fast trashige Charme der Figuren zum guten Teil auf ihrer englischen und eben nicht amerikanischen Aussprache, von der in der deutschen Synchronisation nicht sehr viel übrig bleibt.

Bei der Handlung macht es Hollywood seinen Zuschauern das Leben aber nicht unnötig schwer. Wer den ersten Teil bisher noch nicht gesehen hat, bekommt an Hand geschickt eingesetzter Rückblenden die wichtigsten Zusammenhänge um Intrigen und Liebe noch mal erklärt. Die 129 Minuten Handlung setzen acht Jahre nach den letzten Ereignissen ein und bringen neben Rick OŽConnel (Brendan Fraser, demnächst auch in "Monkey Bone" zu sehen) und Evelyn (Rachel Weisz) auch die Charaktere von Jonathan (John Hannah) und Medjai-Anführer Ardeth Bay (Oded Fehr) wieder an die alten Drehorte Marokkko und Jordanien als Ägyptenersatz zurück. Auffallend unnervig und sehr passend spielt Freddie Boath den neunjährigen Sohn Alex, der durch das Anlegen des Anubis-Amuletts die Handlung erst Richtig in Fahrt bringt. Denn was danach folgt ist eine Kette aus Showdowns, die sich gegenseitig im Tempo und in den Darstellungsmitteln überbieten. Mit Hilfe der ehemaligen Geliebten Anck-Su-Namun (Patricia Velasquez) verwandelt sich auch in der Fortsetzung Imhotep (gespielt vom Südafrikaner Arnold Vosloo) wieder vom staubigen Skelett zum stolzen Wiedersacher, der mit seiner Auferstehung neues Unheil lostritt. Denn er will den Scorpian King besiegen, der vor 6000 Jahren vom Anubis-Gott verdammt wurde. Genau für diese Rolle sollte sich Sommers eine ganz spezielle Person aussuchen: Dwayne Johnson alias The Rock, gefeierter Held World Wrestling Federation und nun mit dem Ritterschlag der Schauspielerwürden geschlagen.

Wrestling Stars erledigen die schmutzigen Aufgaben in The Mummy

Dabei sind die Stars aus der Wrestling-Szene in Hollywood gern gesehene Besetzungen, denn deren Popularität spült gleich weitere Summen in die Kinokassen. So spielte Daryl Karolat alias Tyler Mane aka Big Sky den Sabretooth-Chrakter in der ersten "X-Men"-Verfilmung. Adam Copeland alias Edge war der Lachlan in dem ungeheuren Qualitätswerk "Highlander:Endgame" und William Scott Goldberg alias Bill Goldberg spielte den Romeo in "Universal Soldiers: The Return". Und es gibt noch viel bekannteste Muskelstars. Terry Bollea alias Hulk Hogen ist wohl die Verkörperung des Wrestlers und Steve Williams alias Sone Cold Steve Austin sieht man auf Millionen von T-Shirts und regelmäßig beim Celebrety Deathmatch auf MTV. Im Range des Gouverneurs von Minnesota hat James Janos alias Jesse The Body Ventura eine ganz neue Karriere hingelegt, die vorher mit Gastauftritten in Schwarzenegger-Filmen wie "Predator" oder "Running-Man" sowie mit einer Akte-X-Folge gesegnet war. Dwayne Johnson alias The Rock ist besonders durch seine Augenbrauen-Bewegung berühmt geworden und vor seinem Auftritt als Scorpian King zeigte er seine altbekannten Talente in einer Folge der Sci-Fi-Serie "Star Trek Voyager", wo er ebenfalls im Ring kämpfen musste. Jetzt hat er allerdings schon die nächste Charakterrolle im Auftragsbuch stehen: Für die Verfilmung des Shootergame "Duke Nukem" fand man in Dwayne Johnson die ideale Besetzung. Für eine Art Prequel, das zu der Mumie unter dem Namen "Scorpian King" geplant ist, soll The Rock selbstverständlich seine im zweiten Teil etwas dürftigen Spracheinlagen in voller Länge ausbauen können. Und wer dann genau aufpasst, kann eine andere Randberufsgruppe in Schauspielerehren entdecken: Summer Altice, 21 Jahre alt und Playmate im August 2000, wird dort an der Seite von The Rock Queen Isis in der Armee der Kriegerfrauen kämpfen.

Als eines der Aushängeschilder des Films stammen sämtliche digitalen Effekte sowie die sonstigen Spezialeffekte aus dem Hause von Industrial, Light & Magic, die in den vergangenen Monaten durch kalifornische Stromknappheit und überhöhte Nachfrage einige Extraschichten einlegen mussten. Neben den Arbeiten an SommerŽs Film wurden die Effekte für das Kriegsdrama "Pearl Harbour" (deutscher Kinostart 07.06.01), den dritten Teil der Dinosaurierjagd "Jurassic Park" (02.08.01) und die Einstellungen für des extrem gut gehütete Prestigewerk von Steven Spielberg "AI - Artificial Intelligence" (13.9.2001) durchgeführt. Und als ob das nicht reichen würde, laufen schon die Arbeiten an "Harry Potter" (22.11.01), an Tim Burtons "Planet der Affen" (30.08.01) sowie parallele Vorarbeiten zur "Episode 2" und "Men in Black 2", die beide 2002 ins Kino kommen. Die Arbeit der Special-Effects-Supervisoren ist somit durch die steigende Komplexität und die anfallende Menge an Einstellungen (bei "Mummy 2" allein 450 Shots für rund 20 Millionen Dollar) immer wichtiger geworden. Im Falle der Mumienrückkehr kamen Neil Corbould für die Spezialeffekte und John Berton als Visual Effects Supervisor wieder mit an Bord, um beeindruckende Szenen wie die Schlacht der Anubis-Krieger, eine halsbrecherische Luftschifffahrt oder die Londoner Verfolgungsjagd mit Kriegermumien durchzuführen.

Während die Spezialeffekte bis zur Szene mit der goldenen Pyramide noch darauf ausgelegt sind, dem Film bei der Vermittlung seiner Erzählung gut unter die Arme zu greifen, gerät danach irgendwie alles aus dem Ruder. Die Pygmäenmumien im Urwald, die sich Regisseur Sommers wie eine Mischung aus Piranha und beweglichem Affe gewünscht hatte, erinnern verdächtig an die nervigen kleinen Ewoks aus dem sechsten Teil der Star-Wars-Reihe. Innerhalb der Pyramide kommt es dann zur Konfrontation mit dem Scorpian King, der halb Skorpion und halb Mensch wechselnd mit Imhotep oder Rick OŽConnel kämpft. Doch dieses Phantasiewesen hat keinerlei menschliche Züge im Gesicht und wirkt seltsam steril und damit auch kaum bedrohlich. Spätestens hier stößt ILM entwerde an die Grenzen der Kreativität oder das Budget in Verbindung mit Zeitknappheit ließen Besseres nicht mehr zu. Und das, obwohl ILM mit dem etwas unglücklichen Jar-Jar Binks in der "Episode 1" bewiesen hatte, einem künstlichen Wesen durchaus eine vollwertige Schauspielerrolle übereignen zu können.

Wer nach dem Kinobesuch noch weiter die ägyptischen Abenteuer von Rick und seiner Truppe erleben will, hat natürlich Dank der Entertainmentindustrie beste Chancen auf Geldverlust der legalen Art. Filmumsetzungen ins Videospielformat sind gerne gesehenes Promotiontool und auch beim PS1-Spiel "The Mummy" (Konami) verhält es sich nicht anders. Zusammen mit dem Trailer zur aktuellen Fortsetzung des Mumienspektakels darf mit allerlei Kinosequenzen zum Abenteuer auf der alten PlayStation geblasen werden. Noch basierend auf der Handlung des ersten Teils beginnt die Geschichte von in Hamanaptra, der Stadt der Toten. Was folgt, ist ein klassisches Spiel im Tomb-Raider-Stil, in dem die Filmhandlung verarbeitet wurde. Dabei macht das Schießen, Abfackeln und das sehr leichte Rätselraten in dunklen Gängen einigen Spaß, aber kantige Grafik und der peinlich berührende Windelhosengang des Hauptcharakters Rick sind eher ärgerlich. Die mitreißende Filmmusik sowie die ständig auftretenden Gegner in Form von Mumien und Anubis-Kriegern lassen dies jedoch über weite Strecken des Spiels vergessen.

Filmstart: 17. Mai 2001