Das touristische Dschihad-Zentrum

Zur besseren Propaganda hat die Hisbollah im Südlibanon eine Art Kriegs-Disneyland für den "Islamischen Widerstand" gegen die israelische Besatzung eröffnet

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Die Hisbollah (Partei Gottes) im Libanon hat sich angeblich für eine erneute militärische Konfrontation mit Israel aufgerüstet. Die Vereinten Nationen versuchen nach dem Ende des Libanonkriegs 2006 mit der UNIFIL-Mission, den Waffenschmuggel zu verhindern.

Bild: Mleeta

Zwar handelt es sich um ein "robustes Mandat" zur Sicherung des Friedens und zur Durchsetzung der Ziele, die Hisbollah soll aber trotzdem nicht nur ihre Waffenarsenale wieder gefüllt und mit neuen Waffen und weiter reichenden Raketen ausgestattet, sondern im Südlibanon auch ihre Stützpunkte ausgebaut und neue errichtet haben. Eigentlich sollten die bis zu 15.000 Mann starken UN-Truppen auch dafür sorgen, dass es im Südlibanon keine Milizen mehr gibt (Mit heißer Nadel gestrickte UN-Mission). Aber die Stellung der Hisbollah ist im Libanon, wo sie auch an der Regierung beteiligt ist, so stark, dass an eine Entwaffnung gar nicht zu denken ist und die Mission, die pro Jahr immerhin mehr als 500 Millionen US-Dollar kostet, auch nur mit der Unterstützung oder Duldung der Hisbollah ausgeführt wird. Während die Hisbollah sich aufrüsten, fliegen israelische Kampfflugzeuge regelmäßig über dem Südlibanon.

Israel hat vor kurzem mit der Veröffentlichung von bislang geheimen Luftaufnahmen und von Landkarten darauf hingewiesen, dass die Hisbollah Waffenlager in Schulen, Kliniken oder Wohnhäusern angelegt und ganze Dörfer in der Nähe der Grenze zu Israel in Stützpunkte verwandelt habe. Damit rüste sich die schiitische Organisation zum Stadtkrieg. Sie baue die Kommunikationsinfrastruktur aus und sammle Informationen über die israelische Armee. Nach dem Libanon-Krieg und wegen der Anwesenheit der UNIFIL-Truppen haben sich die Hisbollah-Kämpfer offenbar in die Dörfer zurückgezogen, nachdem sie zuvor ihre Stützpunkte meist in Bunkern und Tunnels auf dem freien Land hatten.

Hisbollah reagierte darauf, indem die Organisation bekannt gab, sie habe ebenfalls eine Liste mit Angriffszielen in Israel für einen möglichen Kriegsfall erstellt. Man geht davon aus, dass Israel einen Angriff beabsichtigen könnte und deswegen schon einmal die Weltöffentlichkeit darauf vorbereite. Offenbar geht man bei der Hisbollah davon aus, dass ein solcher Angriff noch im Juli erfolgen könnte, also in dem Monat, in dem vor 4 Jahren der für Israel wenig erfolgreiche Libanon-Krieg begann ("Die Nerven liegen blank").

Hisbollah musealisiert bereits den noch nicht beendeten Krieg in einem Themenpark

Die vier Jahre seit dem Ende des Kriegs hat die Hisbollah auch genutzt, um den von ihr propagierten "islamischen Widerstand" zu einem touristischen Erlebnis werden zu lassen. Für das Hisbollah-Disneyland Mleeta wurde in den Hügeln Südlibanons, 44 km von Beirut entfernt, eine ehemalige Stellung für 4 Millionen US-Dollar zum "touristischen Wahrzeichen des Widerstands" in der ehemaligen israelischen Besatzungszone um- und ausgebaut. Israel war 1982 im Libanon einmarschiert, im Jahr 2000 waren die israelischen Truppen wieder abgezogen worden, das Gebiet der Shebaa Farms, ist allerdings noch immer besetzt. 1982 wurde auch Hisbollah gegründet. Mit dem martialischen Zentrum feiert sie ihren Jahrzehnte langen Kampf gegen die israelischen Invasoren und das zehnjährige Jubiläum des israelischen Abzugs.

Natürlich stellt das Hisbollah-Open-Air-Kriegsmuseum (Bilder) in dem "Land, das zum Himmel spricht", die paramilitärische Organisation als siegreich dar. Genüsslich wurde in der Mitte der Anlage der "Abgrund" gebaut, ein wildes "interaktives" Stillleben oder ein Skulpturenpark mit israelischen Soldatenstiefeln, Bomben, Artilleriegeschützen, umgedrehten Fahrzeugen und Panzern. Gebaut wurde es aus einem Krater, den eine israelische Bombe hinterlassen hat und in den nun alles hineingerissen zu werden scheint. Bei dem Merkava-4-Panzer im Zentrum wurde das Rohr symbolträchtig zu einem Knoten gebunden. Bei der Einweihung im Mai war Hisbollah-Chef wie üblich aus Sicherheitsgründen nur in Form einer Video-Zuschaltung anwesend und erklärte, dass dieses "Dschihad-Zentrum für Touristen" wichtig sei, die Geschichte des Widerstands unverfälscht zu dokumentieren.

Bild: Mleeta

Angeblich soll die Idee für den Themenpark soll vom Hisbollah-Topterroristen Imad Mugniyeh gekommen sein, der für die Organisation eine mythische Gestalt war und für zahlreiche Anschläge und Entführungen verantwortlich gemacht wird, u.a. für den Anschlag auf den US-Stützpunkt in Beirut 1983, bei dem 241 Soldaten starben. Nachdem er sich die letzten 20 Jahre lang im Untergrund versteckt hatte, wurde er Anfang 2008 selbst durch einen Anschlag mit einer Autobombe getötet. Die Hisbollah schwor Rache und zeigte nach Israel (Tod eines Superterroristen).

Ansonsten ist das "Museum" für den jederzeit wieder weitergehenden Krieg auf Unterhaltung angelegt. Es gibt eine Cafeteria, es werden Bilder und Filme von den "Siegen" gezeigt, auch einen Andenkenladen gibt es, natürlich auch einen Ort zum Gebet. Tunnels, Höhlen, Bunker, getarnte Abschussrampen für die Katjuscha-Raketen, Schützengräben, alles wird aufgeboten, um der Romantik des bewaffneten Widerstands zu dienen und wahrscheinlich auch damit bei den Kindern und Jugendlichen Interesse zu wecken, sich der Organisation anzuschließen. Zu allen Waffen gibt es genaue Informationen, auch über deren Anwendung. An einem Weg unter Eichenbäumen sind Ausstellungspuppen aufgereiht, gekleidet in Tarnanzügen. Gezeigt werden Kommandozentren, Küchen und Waffenlager, aber auch Katjuscha-Raketen, amerikanische TOW-Raketen, die man möglicherweise im Rahmen der Iran-Contra-Affäre erhalten hat, oder eine lenkbare Kornet-E-Antipanzerwaffe, mit der die Hisbollah im letzten Libanonkrieg in der Lage war, israelische Panzer ausschalten konnten.

Bild: Mleeta

An einer Wand der Ausstellungshalle werden die Namen aller israelischen Militärs aufgelistet, angefangen vom Präsidenten Peres bis zu einfachen Soldaten. Zu sehen sind auch Satellitenbilder der möglichen Angriffsziele in Israel: der Ben-Gurion-Flughafen etwa, der Bahnhof von Haifa oder Stromwerke. Während des Rundgangs kommt man auch auf eine Aussichtsplattform, auf der man weit über die Hügel und Dörfer blicken kann, die befreit wurden.

Aber weil es eben ein Disneyland für einen angeblich erfolgreichen und legitimen Krieg ist, ist – abgesehen von den Beutestücken - von den Schrecken eines Krieges und den Folgen von Terroranschlägen nichts zu sehen. Offenbar scheint auch die Hisbollah einen sauberen Krieg führen zu wollen, in dem Leid, Blut, Tod und Verwüstung nichts zu suchen hat. Hisbollah-Angehörige sagen, ihnen sei klar, dass die Touristenanlage im Falle eines Krieges mit Israel wohl zerstört werden würde. Man werde sie aber dann einfach wieder aufbauen. Und geplant sind bereits zwei weitere Touristenzentren des Widerstands und ein Hotel, an der Grenze zu Israel.