Dating-Site für die schönen und fitten Singles

Eine Website setzt zeittypisch auf darwinistische Selektivität und erhofft sich damit erhöhte Attraktivität

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Ranking heißt auch immer: selektieren. Wer nicht gewinnt, fällt, gut darwinistisch oder kapitalistisch, heraus, ist ein Loser in der Aufmerksamkeitsökonomie, in der Prominenz der neue Adel ist. Gleichzeitig scheint Ranking, das mittlerweile in alle Bereiche von Medien über mediale Prominenz-Bildung, Suchmaschinen oder irgendwelche Best-of-Listen bis hin zu Wissenschaften und Universitäten eingedrungen ist, von Grund auf demokratisch und ein Produkt der Bottom-up-Selbstorganisation zu sein.

Eine neue Dating-Website will sich nun Aufmerksamkeit und Attraktivität verschaffen, indem es auf die herausragend Wenigen setzt, die unter sich sein wollen. Nur die Schönsten und Attraktivsten werden aufgenommen – und damit hat man natürlich auch das Prinzip geschaffen, dass sich viele Menschen vor den "Toren" der Website wie vor manchen Szene-Discos oder Karriere-Shows drängen werden, um auch dazu zu gehören.

Hot enough nennt sich die Webseite mit dem Slogan: "Not fort he average Single", die Ende 2006 an den Start gegangen ist. Nicht für jeden ist das Angebot, sondern nur für die "attraktiven und fitten Singles", die sich im exklusiven virtuellen Club unter Ausschluss der Durchschnittsausschusses treffen. Es sei einfach zu langwierig, sich bei den bislang vorhandenen Datin-Sites durch die Massen an Angeboten, Informationen und Fotos durchzuarbeiten, um Seinesgleichen zu finden.

Der Selektionsprozess für die Schönen und Fitten läuft so, dass erst einmal drei Fotos eingeschickt werden müssen. Intern wird dann geprüft, ob die Bewerber "gut erhalten und in guter Form" zu sein scheinen. Falls ja, wird er zu einem Anwärter. Die Fotos werden dann von aktiven Mitglieder, also von denen, die es schon geschafft haben, bewertet. Wenn er 25 Stimmen erhalten hat, muss seine Attraktivitätsrang mindestens bei 8 liegen (die Skala reicht bis 10), um Mitglied zu werden. Ein Mitglied darf dann für einen monatlichen Beitrag von 9,95 US-Dollar Emails an andere Mitglieder schicken.

Noch gibt es erst tausend Mitglieder, offenbar aber leidet die Elitenbildung im Hinblick auf Schönheit aber schon an sinkender Selektivität. Hatten am Anfang nur 8 Prozent der Bewerber den Eintritt geschafft, seien es jetzt schon 25 Prozent. Drückt nun die Masse auf die Exklusivität und führt doch wieder die Durchschnittlichkeit ein, die aber gut fürs Geschäft ist? Ist also die Halbwertszeit für die Attraktivität des Angebots schon eingebaut? Wird hier womöglich eine andere Art von schöner Körperlichkeit selektiert, als dies in den Medien und auf den Bühnen der Fall ist? Oder zeigt sich nur, dass bei aller Web 2.0- und Social Networking-Euphorie doch neue Abgrenzungen und Enklaven geschaffen werden und homogene Gruppen sich entwickeln, die sich möglichst verschließen und so eine Art neue Feudal- oder Klassengesellschaft mit neuen Kategorien der virtuellen Welt und einem virtuellen Lumpenproletariat bilden?