De Maizière: Ankunftsausweis für Flüchtlinge

Der Datenaustausch zwischen BAMF und anderen Behörden soll verbessert werden. Datensätze der Flüchtlinge sollen auch Gesundheitsangaben enthalten

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Die Zahlen sind nicht verlässlich, die Übersicht fehlt. Wie viele Neuankömmlinge sind registriert, wie viele nicht, wie viele mehrfach? Innenminister de Maizière weiß es nicht. Das Erstaufnahmesystems Easy meldet eine Million Flüchtlinge in diesem Jahr, die Angaben der Bundesregierung liegen laut BR etwas darunter.

Neben dem Bamf, das sich überlastet zeigte, waren oder sind die Ausländerbehörde, die Erstaufnahmeeinrichtungen, die Bundes- und Landespolizei und dazu mobile Registrierungsteams vom Zoll und der Bundeswehr seit Anfang September mit der Registrierung befasst. Folge sind Mehrfachregistrierungen in unbekanntem Ausmaß und die Ermittlung eines Systemfehlers: Der Datenaustausch funktioniert nicht.

Der Innenminister reagiert darauf mit einem Entwurf zu einem "Datenaustauschverbesserungsgesetz", das heute im Kabinett beschlossen werden soll. Es sieht für jede Registrierung einen Datensatz vor, auf den von mehreren Behörden zugegriffen werden kann.

Laut Informationen der Passauer Neuen Presse, welcher der Gesetzesentwurf vorliegt, soll im Ausländerzentralregister ein neues Kerndatensystem geschaffen werden. Von jedem Flüchtling sollen folgende Daten gespeichert werden: Name, Geburtsdatum, Geburtsort, Staatsangehörigkeit, dazu Fingerabdrücke, Herkunftsland, Anschrift, Telefonnummern, E-Mail-Adressen sowie Gesundheitstests und Impfungen.

In einer Testphase, die bereits im Januar beginnt, soll vom Bamf für jeden Flüchtling ein Ankunftsausweis ausgestellt werden. Das Dokument, das nach Angaben des Innenministeriums fälschungssichere Elemente enthält, soll im Sommer überall eingeführt sein.

Erste Reaktionen auf den Gesetzesentwurf heben hervor, dass Flüchtlinge "künftig noch mehr Daten von sich preisgeben (sollen) als bisher". Dass auch Gesundheitstests und Impfungen in den Kerndatensatz aufgenommen werden, ist nicht ganz geheuer, wie es die zitierte Überschrift eines Zeit-Artikels anklingen lässt, konkrete Kritikpunkte werden aber nicht erwähnt.

Die innenpolitische Sprecherin der Linken, Ulla Jelpke, schreibt von "gläsernen Flüchtlingen", die die Verwaltung damit schaffe. Sie ist nicht davon überzeugt, dass sich dadurch etwas an der schleppenden Registrierung und Einleitung der Asylverfahren ändern werde. "Angaben zur Identität, zu mitreisenden Familienangehörigen und aufenthaltsrechtlichem Status" würden genügen. Auch die Zugriffsmöglichkeiten auf die Daten müssten ihrer Ansicht nach beschränkt werden: Den Zugriff der Bundesagentur für Arbeit und der Jobcenter hält sie für "entbehrlich":

Wie gut Integrationsmaßnahmen auf die Fähigkeiten der Flüchtlinge abgestimmt werden, ist eine Frage guten Verwaltungshandelns in den Kommunen. Datenberge mit umfassenden Zugriffsbefugnissen sind der falsche Weg und bieten die Gefahr von Missbrauch.

Dass Geheimdienste nach dem Gesetzentwurf demnächst die Daten aller Asylsuchenden "frei Haus geliefert bekommen für eigene Zwecke verwenden", deutet Jelpke als "Pauschalverdacht in Gesetzesform gegossen".