"Der Heuhaufen ist das ganze Land"

Nach dem Terroranschlag in Texas warnt der FBI-Chef, dass es in den USA Tausende von "verwirrten Menschen" gebe, die vom Islamischen Staat rekrutiert werden

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Vergangenen Sonntag versuchten zwei Männer mit Sturmgewehren einen Mordanschlag auf eine Veranstaltung der islamophoben American Freedom Defense Initiative (AFDI), an der auch Geert Wilders teilnahm (Texas-Attentäter war dem FBI seit 2006 als Islamist bekannt). Ausgezeichnet werden sollten die besten Mohammedkarikaturen. Die beiden Männer, einer davon, Elton Simpson, ein schon seit Jahren bekannter Islamist, verletzten einen Polizisten und wurden daraufhin von einem anderen Polizisten erschossen. Die Veranstaltung wurde von 40 Polizisten und Wachleuten beschützt.

Wie FBI-Chef James Comey mitteilte, war Ermittlern offenbar bekannt, dass Simpson möglicherweise zu der Veranstaltung gehen wollte, aber sie hätten keine Informationen darüber gehabt, dass er eine Gewalttat begehen könnte. Die Information sei ein paar Stunden vor der Veranstaltung aufgetaucht, allerdings hätte das FBI diese sowieso als mögliches Ziel für einen Anschlag eingeschätzt, wozu man wirklich keine große Fantasie benötigt, da die Veranstaltung ja auch als Provokation gedacht war. Allerdings waren die Twitter-Accounts von Simpson in ein Netz von IS-Adepten eingewoben. Am letzten Sonntag bekannte sich Simpson zum Islamischen Staat.

Man habe der Polizei in Garland über Simpson Informationen und ein Bild geschickt, "obgleich wir keinen Grund besaßen, davon auszugehen, dass er die Veranstaltung angreifen will. Tatsächlich hatten wir keinen Grund, davon auszugehen, dass er Phoenix verlassen hat". Im März hatte das FBI nach Comey eine neue Ermittlung über ihn aufgrund des Verdachts eingeleitet, dass er erneut am Dschihad wegen des Islamischen Staats interessiert sein könnte. Die Ermittlung sei zur Tatzeit "offen, aber bei weitem nicht abgeschlossen" gewesen, so Comey, der bemüht ist, sich und seine Behörde zu entlasten. Die Not ist umso größer, da der Islamische Staat zumindest propagiert, für den vereitelten Anschlagsversuch verantwortlich zu sein.

Dazu scheint Comey nun die angebliche terroristische Gefahr in den USA aufblähen zu wollen. Er sprach von "Hunderten, vielleicht Tausenden" von Menschen, die der Islamische Staat zu rekrutieren oder zu Anschlägen auf die USA überreden wolle. Das erinnert an die von der damaligen Bush-Regierung nach 11/9 verbreiteten Annahmen, dass es in den USA Tausende von terroristischen Schläfern gebe, die jederzeit zuschlagen könnten, was sich jedoch als Panikmache herausstellte.

Der Islamische Staat, so der FBI-Chef, setze auf Soziale Netzwerke wie Twitter, um aus "Sicheren Häfen" meist in Syrien direkt Botschaften an "verwirrte Menschen" zu richten, um diese dazu zu kriegen, in den USA Anschläge auszuüben. Journalisten sagte er gestern: "Das ist so, als würde der Teufel auf ihren Schultern sitzen und sagen: 'Töte, töte. Töte'." Die Anhänger des Islamischen Staats würden nach Kontakten mit Rekruten diese dazu bringen, in verschlüsselte Kommunikation mit ihnen zu treten. Diese sei dem FBI dann nicht mehr zugänglich.

Der FBI-Chef macht indirekt klar, dass er für eine Massenüberwachung der US-Bürger eintritt und dass die Möglichkeit der Verschlüsselung ohne Hintertür für die Sicherheitsbehörden eine Gefahr darstelle. "Der Heuhaufen ist das ganze Land. Wir suchen nach den Nadeln, aber die Nadeln sind für uns zunehmend nicht mehr zugänglich. Das ist das 'Going Dark'-Problem in leuchtenden Farben. Es gibt da draußen Elton Simpsons, die ich nicht gefunden habe und die ich nicht sehen kann." Das FBI ermittle gegenwärtig in Hunderten von Fällen des islamistischen Terrorverdachts im ganzen Land: "ISIL ist sehr populär bei vielen verwirrten Menschen."