Der Internationale Gerichtshof wirft seine Schatten voraus

Die israelische Armee hat bereits Einschränkungen für Medienberichte über Soldaten beschlossen

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Wie jede Armee suchen auch die israelischen Streitkräfte möglichst zu kontrollieren, welche Bilder von ihren Einsätzen an dei Öffentlichkeit gelangen. Militärische Aktionen werden weitgehend unter Ausschluss der Medienöffentlichkeit vorgenommen, besetzte Gebiete zu militärischen Sperrzonen erklärt. Mit dem Internationalen Gerichtshof (ICC), der am 1. Juli ins Leben gerufen wurde, könnte noch eine weitere Kontrolle der Bilder folgen, wie sich ebenfalls bei der israelischen Armee andeutet.

Ebenso wie die USA lehnt auch Israel den ICC ab (USA und Israel boykottieren den Internationalen Gerichtshof). Zwar befürworte die israelische Regierung den Gerichtshof im Prinzip, da er ein wichtiger Schritt in Richtung auf das Internationale Recht sei und zudem am Ende des Zweiten Weltgerichts mit dem Prozess gegen die Nazi-Verbrecher seinen Ausgang nahm, doch befinde man sich in einem Dilemma. Wie die amerikanische Regierung fürchtet die israelische, dass der ICC nicht unparteiisch sein und unter politischen Druck geraten könnte. Das habe Israel, wie die Regierung erklärt, schon häufig bei internationalen Organisationen erleben können. Vor allem aber könne Israel das Statut von Rom nicht ratifizieren, weil unter dem Druck der arabischen Staaten die direkte oder indirekte Besiedlung besetzter Gebiete durch eigene Bevölkerung mit als Kriegsverbrechen aufgenommen wurde, während man den Terrorismus ausgeblendet habe.

Die israelische Regierung erwägt auch, ebenso wie die USA die bereits 2000 geleistete Unterschrift unter das Statut von Rom zurückzuziehen, um ganz sicher zu gehen, zu nichts verpflichtet zu sein. Allerdings ist kaum denkbar, dass der ICC sowohl gegen die USA als auch gegen Israel tätig werden könnte, da eine Klage nur dann verfolgt werden kann, wenn der Staat, aus dem der Beschuldigte stammt, keine Anstrengungen unternimmt, den Klagen nachzugehen.

Gleichwohl wird auch der nach der Besetzung von Dschenin erhobene Vorwurf, die israelische Armee habe dort ein Massaker begangen, eine Rolle gespielt haben, das Verhalten der Soldaten gegenüber den Medien zu regeln. Überdies steht Israel schon lange in der Kritik, die Arbeit der Journalisten nicht nur zu behindern, sondern auch deren Leben zu gefährden und auch ihren Tod in Kauf zu nehmen. So hat unlängst die Journalistenorganisation Reporter ohne Grenzen den israelischen Ministerpräsidenten Ariel Scharon unter die Verfolger der Pressefreiheit eingeordnet, zu denen sie etwa auch den iranischen Religionsführer Ali Khamenei, Libyens Muammar el Gaddafi oder Saddam Hussein zählen. Seit März 2002, als er die militärischen Aktionen gestartet hat, hätten die Verletzungen der Pressefreiheit zugenommen. Zwei Journalisten seien seitdem von der israelischen Armee getötet, 17 verwundet, 70 beschossen und 15 Büros von Medien besetzt worden. Wiederholten Bitten um eine Untersuchung im Falle der verletzten Journalisten sei man nicht nachgekommen: "Die israelische Armee", so Reporter ohne Grenzen, "agiert weiter unter vollständiger Straflosigkeit vor."

Nach monatelangen Gesprächen zwischen dem Verteidigungs- und Justizministerium sowie Generalstaatsanwalt sei beschlossen worden, berichtet die Zeitung Haaretz, dass die Veröffentlichung von Informationen, anhand derer Soldaten identifiziert werden könnten, die in den palästinensischen Gebieten kämpfen, eingeschränkt wird. Man habe auch ein Verbot überlegt, die Namen von höheren Offizieren zu nennen oder deren Auftritt in Medien überhaupt zu begrenzen, habe aber erst einmal nur entschieden, dass von den Soldaten mit niedrigerem Rang nur noch die Vornamen genannt werden dürfen, wenn sie im Rahmen militärischer Aktionen interviewt werden. Auch ihr Wohnort oder ihre genaue Funktion dürfen nicht mehr genannt werden, um die Soldaten vor einer möglichen Verfolgung durch den ICC zu schützen. Noch nicht verboten ist, die Gesichter der Soldaten zu fotografieren oder zu filmen.

Militärangehörige erklärten Haaretz, dass es sich dabei lediglich um Sicherheitsmaßnahmen handeln würde, da man die künftige Politik des ICC nicht kenne, man aber Sorge habe, dass die Palästinenser den Gerichtshof für Propagandazwecke einsetzen könnten.

Der ICC könnte so nicht nur zum Beginn einer globalen Justiz für schwere Verbrechen führen, sondern auch die künftige Kriegsführung beeinflussen, wie sich dies in der Reaktions Israels bereits andeutet. Der Ausschluss der Medien von Kriegsschauplätzen wird noch strikter erfolgen, Militäraktionen dürften noch stärker als eine Art verdeckte Aktionen ausgeführt werden, um keine Spuren zu hinterlassen, wobei es unerheblich ist, ob tatsächlich Kriegsverbrechen begangen wurden oder nur die Gefahr besteht, solcher beschuldigt werden zu können.