Der Krieg der Regenmacher

Auch in China streitet man übers Wetter: mit Raketen

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In China steht ein Streit übers Wetter an, dessen Gegenstand, so die britische Zeitung Guardian sich als eines der "bezeichnenden Verbrechen des 21.Jahrhunderts" erweisen könnte: Regendiebstahl.

Da das große Land immer wieder von Dürrekatastrophen heimgesucht wird - die Wasserreserven mit 2.200 Kubikmetern pro Person betragen nur ein Viertel weltweiten Durchschnitts -, hat man in China die Technologie zur Erzeugung von Regen sehr weit entwickelt.

Unter den Nationen, die chemisch auf das Wetter Einfluss nehmen, steht China seit dem Beginn der 90er Jahre ganz vorne:

Wir bekämpfen Dürre, wir löschen Waldbrände, wir vertreiben Wolken, und wir sorgen für gutes Wetter bei Großveranstaltungen

Wen Kang, staatlicher Meteorologe

Wenn die Wolken denn nur vertrieben werden würden...Stattdessen werden sie seit geraumer Zeit in bestimmten Gebieten vom Flugzeug oder Ballonen aus oder via Flugabwehrwaffen mit Trockeneis oder Silberjodid beschossen oder beworfen, damit der Regen aus der Wolke genau da niedergeht, wo er gebraucht wird. Andere, die ebenfalls mit ihrem Gerät auf die Wolke gewartet hatten, haben das Nachsehen.

Die Regenmachertechnik, die zunächst in Peking mit einigem Erfolg eingesetzt wurde, hat nun - dank der staatlichen Förderung von immerhin 30 Millionen Dollar - zu einer derartigen Verbreitung geführt, dass es zu Streitigkeiten zwischen Nachbarn gekommen ist.

Wie die Zeitung China Daily berichtet rivalisierten Meteorologen von benachbarten Städten in der Provinz Henan letztes Wochenende um ein paar sehnsüchtig erwartete Wolken.

Während die Regenmachertechnik in Pingdingshan erfolgreich dafür sorgte, dass dort 100mm Regen niederging, blieben den Wettertechniker in der anderen Provinzstadt Zhoukou nur mehr ein paar Wolkenreste; Ergebnis: ein Getröpfel von 30mm. Die ortsansässige Metereologenschaft klagt nun die Kollegen von Pingdingshan an, die natürlichen Ressourcen über Gebühr auszubeuten. Man habe die Wolken sogar dann noch mit Raketen beschossen, als es bereits regnete, so der Vorwurf eines Meteorologen in Zhoukou. Die Wolke sei somit ungerechterweise abgefangen worden.

Jetzt soll die Sache nach Ansicht eines Rechtsexperten für Wetterfragen, Sun Boyang, an höherer Stelle ausgefochten werden: Man verlangt klare Regeln und Gesetze für den Umgang und die Verwendung solcher Ressourcen.

Doch obwohl die Technologie für Wetterverbesserung schon eine 60jährige Entwicklungsgeschichte hinter sich habe, sei die Zeit für solche Regulierungsmaßnahmen noch nicht reif, ließ die Chinesische Gesellschaft für Meteorologie dazu verlauten. Das Problem sei, dass man noch immer nicht genau abschätzen könne, wie viel Regen durch den Einsatz von künstlichen Regenmachern verursacht werde.

Die Regenmachertechnik entstand aus der Militärforschung. Der Wetterforscher Vincent Schäfer hatte 1946 die Eisbildung an Flugzeugtragflächen studiert und dabei herausgefunden, dass regenschwere Wolken über weite Strecken ziehen können, ohne sich zu entleeren, solange es an so genannten Tropfenembryos oder Keimen fehlt, an denen sich Wasserteilchen sammeln können. Sobald man sie jedoch mit Silbersalzen "impft", kann ein Wolkenbruch eingeleitet werden.