Der Krummschwert-Akrobat

Ubisofts "Prince of Persia: Die vergessene Zeit" für PS3, XBox 360 und Windows

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Der persische Prinz blickt auf eine inzwischen über zwanzigjährige Geschichte zurück. Besonders erfolgreich war die „Sands-of-Time“-Trilogie. Die vergessene Zeit knüpft an diese Titel an und ist inhaltlich zwischen den ersten beiden Teilen angesiedelt.

Das 2008 erschienene Prince of Persia enttäuschte viele Fans der Serie durch ein gänzlich verändertes, offenes Design und fehlende Gefahr: Der Prinz konnte schlicht nicht sterben, der Spieler nicht scheitern. Auch die Zeichentrickgrafik wurde wie schon bei Nintendos The Legend of Zelda: The Wind Waker gemischt aufgenommen.

Mit „Prince of Persia: Die vergessene Zeit“ kehrt das Spiel zur ursprünglichen Grafik und dem Spieldesign der "Sands-of-Time"-Trilogie zurück, was sich bereits im Originaltitel „The Forgotten Sands“ widerspiegeln. Die Wii-Version hat Ubisoft wie die Handheld-Spiele für DS und PSP separat entwickelt. Sie ist daher anders als die XBox360- und PC-Variante nicht mit der getesteten PS3-Version vergleichbar.

Der Spieler schlüpft wie gewohnt in die Rolle des namenlosen persischen Prinzen. Der besucht seinen Bruder Malik, dessen Schloss von Feinden angegriffen wird. Um diese abzuwehren, befreit Malik eine Armee von Untoten, womit er und die Hauptfigur vom Regen in die Traufe geraten. Die Brüder haben gänzlich unterschiedliche Meinungen über den Umgang mit der finsteren Armee. Die Hauptfigur will bestärkt von der Dschinn-Königin Razia die drohende Gefahr bannen. Dazu benötigt er Malik, der jedoch von einem Machtrausch besessen ist. Die Geschichte hat deutlich weniger Tiefgang als die ursprüngliche Trilogie. Vieles ist vorhersehbar, die Nebenfiguren haben wenig Charakter.

Atmosphärisch ist der zweite HD-Titel dennoch durchaus stimmig. Es ist geprägt im Stil von 1001 Nacht in Kombination mit Untoten, die nicht wirklich gruselig wirken, sondern eher an die „Pirates-of-the-Caribbean“-Filmtrilogie erinnern. Deren Produzent ist übrigens mit Jerry Bruckheimer derselbe wie beim parallel zum Spiel gestarteten Kinofilm Prince of Persia: The Sands of Time.

Die Videospiele um den Prinzen leben vor allem von den flüssigen Sprungkombinationen des Protagonisten. Die Animationen gehörten bereits zu den herausragenden Merkmalen des ersten „Prince-of-Persia“ (PoP), das mit den grafischen Möglichkeiten des Apple II auskommen musste. Lange bevor Motion Capturing für realistische Effekte sorgte, nutzte der PoP-Erfinder Jordan Mechner das aus dem Zeichentrickfilm bekannte Rotoscoping, das manuelle Nachzeichnen zuvor mit Menschen gefilmter Szenen.

Auch in „Forgotten Sands“ glänzt der Prinz besonders bei den Szenen, in denen er leichtfüßig an Wänden und Stangen durch einen Raum springt oder sich durch tödliche Fallen rollt. Anfangs sind die Sprungsequenzen noch sehr einfach. Das Spiel verlangt kein feines Timing und das Balancieren auch auf schmalen Balken geschieht automatisch. Dank komplexer werdender Passagen steigert sich die Schwierigkeit im Verlauf jedoch auf ein gut ausbalanciertes Niveau. Die Frage nach dem richtigen Weg stellt sich nie. Anders als im „Prince of Persia“ von 2008 ist die Welt nicht offen, sondern der Verlauf bleibt strikt linear. Die einzige Ausnahme bilden gelegentliche verborgene Schätze. Die Kamera ist stets so ausgerichtet, dass der weitere Weg deutlich erkennbar ist. Das erleichtert das Vorwärtskommen, erschwert allerdings den Rückweg auf der Suche nach einem verpassten Gegenstand.

Die überall reichlich vorhandenen Vasen geben dem Prinzen verlorene Lebensenergie und magische Kraft zurück. Besiegte Gegner und die verborgenen Schätze bringen zusätzlich Erfahrungspunkte. „Die vergessene Zeit“ hat wie viele neuere Action-Spiele einen einfachen Rollenspielanteil – ähnlich wie beispielsweise Sonys "God-of-War"-Trilogie. Der Spieler entscheidet selbst, ob der Held damit mehr Kampfkraft oder Lebensenergie erhält oder magische Kräfte lernt.

Der Prinz bekommt insgesamt deutlich mehr Fähigkeiten als in vorherigen Titeln. So kann er vier elementare Zauber – Feuer, Wind, Erde und Wasser – meistern. Wichtiger als diese kämpferischen Kräfte sind die Basisfähigkeiten, die ihm die Dschinn-Königin an vorgegebenen Stellen des Spiels verleiht.

Relativ früh bekommt er die in „Sands of Time“ eingeführte Macht über die Zeit: Der Protagonist kann einige Sekunden des Geschehens zurückspulen und damit beispielsweise einen tödlichen Fehlgriff beim Sprung rückgängig machen. Dafür benötigt er magische Energie. Ist diese verbraucht, kann er weder Elementarzauber in Kämpfen einsetzen noch die Zeit manipulieren.

Die spielerisch am interessantesten umgesetzte neue Fertigkeit ist das Einfrieren von Wasser. Fontänen werden damit zu Stangen, Wasserfälle zu Wänden. Besonders im späteren Spiel entstehen damit interessante Passagen, bei denen der Spieler zwischen Einfrieren und Tauen schnell wechseln muss, wenn beispielsweise ein Wasserfall zwischen zwei Fontänen ist. Neben den Sprungpassagen sind die Kämpfe ein wichtiger Bestandteil der Serie. Die Waffe des Prinzen ist wie gehabt das Krummschwert. Die Gegner sind die ebenfalls bewaffneten Untoten. Diese zeichnen sich aber eher durch Masse als Klasse aus. Die Kontrahenten sind auch auf normaler – und damit der höheren – Schwierigkeitsstufe keine Herausforderung. Standardattacken in Kombination mit gelegentlichen Sprüngen und Ausweichen reichen vollkommen aus. Blocks und Konter sieht das Spiel erst gar nicht vor.

Die Auswahl der unterschiedlichen Gegner ist gering. Ein paar Schildträger und Magier sorgen für Abwechslung, aber etwa nach der Hälfte des Spiels haben sich alle Kontrahenten vorgestellt. Selbst die Minibosse sind sehr einfach. Erst der letzte Boss stellt eine kämpferische Herausforderung dar. Und das vor allem, weil dem Prinzen im finalen Kampf die Macht über die Zeit genommen ist. Wie schon in „Sands of Time“ kann er diese Kraft auch in den normalen Kämpfen einsetzen und damit grobe Schnitzer korrigieren.

Durch die insgesamt sehr einfachen Gegner verliert auch der Rollenspielanteil an Bedeutung. Die Zauber machen die Kämpfe zwar einfacher, aber aufgrund der insgesamt niedrigen Herausforderung, sorgen sie vor allem dafür, dass das Gemetzel schneller vorüber ist. Die Steigerung der Lebens- und magischen Energie hilft dem Prinzen freilich auch bei den spannenderen Passagen, in denen er durch Gänge voller Fallen rennt oder schwierigere Hangelpassagen bewältigt. Auch kann er beispielsweise die maximale Einfrierzeit für Wasser erhöhen.

Der grafische Gesamteindruck des Spiels ist durchwachsen. Vielfach wirkt die Optik nicht auf der Höhe der Zeit, um dann plötzlich in einem detailliert gestalteten Palastraum oder einem orientalischen Garten zu glänzen. Der Soundtrack ist durchweg eine angenehme Untermalung und unterstreicht die Atmosphäre von 1001 Nacht.

„Prince of Persia: Die vergessene Zeit“ ist kein großartiges, aber insgesamt ein gutes Spiel, das jedoch auffällige Schwächen aufweist. In seinem Kernelement, den Jump-And-Run-Passagen macht es Spaß, den leichtfüßigen Prinzen zu steuern. Die anfangs sehr leichten Stellen werden im Lauf des Spiels zur angenehmen Herausforderung. Trotz der sich wiederholenden Elemente kommt dank der mit der Zeit vielfältigeren Fertigkeiten keine Langeweile auf. Gegen Ende ist exaktes Timing und Kombinationsgabe gefragt. Letztere benötigt der Spieler für die wenigen Schalterpuzzle im Spiel dagegen nicht. Sie sind zu offensichtlich sind, um wirklich als Rätsel zu gelten. Da hatten ältere PoP-Spiele deutlich mehr zu bieten.

Der größte Schwachpunkt sind die langweiligen Kämpfe. Hier kann „Forgotten Sands“ bei Weitem nicht mit dem Vorgänger „Sands of Time“ mithalten, in dem eine gelungene Mischung aus akrobatischen und kämpferischen Passagen den Spieler abwechslungsreich forderte. Zum Glück haben die müden Kämpfe einen deutlich geringeren Anteil an der Gesamtspielzeit als die interessanten Jump-And-Run-Passagen.