Der Mensch als Feind der Wale

Die "Internationale Walfang-Kommission" berät über die Aufhebung des Walfangmoratoriums

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Das Walfang-Verbot, das keins ist, soll aufgehoben werden, damit es den Walen besser geht. Mit diesem eigentümlichen Argument drängen nicht nur die notorischen Walfänger Japan, Island und Norwegen auf eine Aufhebung des Walfang-Moratoriums durch die „Internationale Walfang- Kommission“. Auch die Ikonen unter den Umwelt-und Tierschutzorganisationen Greenpeace, der World Wildlife Fund und die US Pew Environment Group sprechen sich für einen „Deal“ aus, der den begrenzten kommerziellen Walfang in der nördlichen Hemisphäre offiziell erlauben würde.

Die Diskussion über das seit 1986 wirksame Walfang-Moratorium ist so aufgeladen und umstritten, dass es die International Whaling Commission (IWC) bevorzugte, Gespräche im Vorfeld einer neuen Entscheidung im Geheimen zu führen. Die Türen zum derzeitigen IWC-Treffen in Marokko blieben für die Öffentlichkeit geschlossen. Man kann es pathetisch und übertrieben so darstellen: In Hinterzimmern entscheiden Homo sapiens, Vertreter aus 88 Nationen, darüber, wo, wann und wie viele der wundersamen Kreaturen künftig abgeschlachtet und zu Sushi und Sashimi verarbeitet werden dürfen.

Doch ist die moralische Position hinter solchen Aussagen puristisch und wirklichkeitsfern. Diese Überzeugung vertritt die Führung der Pew Environment Group und auch Greenpeace. Ihre unter Walfanggegnern umstrittene realpolitische Position: Ja zum kommerziellen Walfang mit festen, „nachhaltigen“ Quoten und dafür ein absolutes „Nein“ zum Fang der großen Säuger in den für sie so wichtigen Lebensräumen der Antarktis.

Ob wenigstens dieser Schutzraum durchgesetzt wird, steht allerdings nicht fest. Die Argumentation der „Realisten“, die das Moratorium aufheben wollen, sieht im Kern so aus. Man könnte Japan, Norwegen und Island damit dazu bringen, weniger Wale als bisher zu jagen und zu töten. Norwegen ignoriert das Moratorium, die isländischen Wahlfänger beriefen sich zunächst auf die Ausnahmeregelung „Fang zu wissenschaftlichen Zwecken“, um den Vorwand später fallen zu lassen und auch den kommerziellen Fang wieder zu erlauben; Japan beruft sich ebenfalls auf wissenschaftliche Zwecke und "Kultur" - mit ziemlich schmutzigen Nebenerscheinungen.

Wie wird sich eine Erlaubnis auf das Fangverhalten dieser Länder auswirken? Würden sie die Abtrünnigen dann an einen Beschluss der IWC halten? Senkt nicht ein grundsätzliches „Ja“ die Hemmschwelle zu weiteren Überschreitungen? Was hätten diese Länder, die seit Jahrzehnten in dieser Frage im Streit mit einer kritischen Öffentlichkeit liegen und daran gewöhnt sind, denn schon zu befürchten?

Auch wenn für die Erlaubnis zum beschränkten kommerziellen Walfang eine Dreiviertelmehrheit unter den Ländervertretern nötig ist, fürchten Walfanggegner, dass es dazu kommen könnte. Auf der Seite der Befürworter steht federführend immerhin die mächtigen USA. Länder, wie etwa Australien, Brasilien, Neuseeland und Großbritannien, die strikt dagegen sind, sind in der Minderzahl.

Sie haben die Stimme von Paul McCartney:

In the 21st century how can we even contemplate killing whales – or any animal – in such barbaric ways? Governments should act on their responsibilities and protect these beautiful creatures.

Sie haben ethische Argumente, die prinzipiell gegen das Töten der intelligenten Tiere sprechen:

Das ist Jemand, nicht ein Ding. Das ist kein Obkekt, das ist ein Wesen; dies ist eine Person, kein Besitz.

Tom White, Ethikprofessor an der Loyola Marymount University in Los Angeles

Aber sie haben vermutlich keine mehrheitsfähige Position, die für ein striktes Verbot argumentiert.

Laut dem franzöischen Umweltminister Jean-Louis Borloo zeigt sich die EU „wenig entschlossen“. Sie könnte mit 25 Mitgliedern im IWC das Zünglein an der Waage sein.